Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
Vom Netzwerk:
suchen.
    Den Blick starr geradeaus gerichtet, schnallte Delaney sich ab. »Elaine Simmons mag in ihrem Elfenbeinturm sitzen und politisch korrekte Entscheidungen treffen; sie braucht sich ja nicht mit den Konsequenzen herumzuschlagen. Sie und ich dagegen schon. Und wenn sie mit Candy Morgan falsch gelegen hat, dann ist es die kleine Jenny, die den Preis dafür zahlen wird.«
    Als Sally sich abschnallte, drehte Delaney sich zu ihr. »Nicht nötig, dass wir beide reingehen. Sie warten hier. Ich brauch nicht lang.«
    Er stieg aus dem Auto und machte die Beifahrertür zu. Sally ließ ihr Fenster herunter, froh über ein kleines Lüftchen, das die heiße, schwere Luft etwas umwälzte.
    Sie lehnte sich auf ihrem Sitz zurück und schaltete das Radio an. Radio Four. Irgendeine Comedyserie über eine Pflegerin und ihre unterschiedlich exzentrischen Kolleginnen, die es mit dem Leben im modernen London aufnehmen mussten. Sie kicherte ein wenig in sich hinein, doch dann ging die Sendung zu Ende und als Nächstes kamen die Nachrichten, die sie an diesem Tag schon ungefähr zehn Mal gehört hatte. Nachdem sie das Radio leise gestellt hatte, legte sie den Kopf zurück, schloss die Augen, genoss die Wärme und fiel in leichten Dämmerschlaf.
    Die Schmerzensschreie einer Frau ließen sie aufschrecken. Dann gellten die Schreie von neuem, aus einem der oberen Gefängnisfenster drüben. Entweder ist sie verrückt oder sie liegt in den Wehen, schätzte Sally. Vielleicht beides. Aber durften schwangere Frauen nicht draußen im Krankenhaus entbinden? Sie erinnerte sich vage an eine konservative Parlamentsabgeordnete, die gebärende Häftlinge gerne in Handschellen oder ähnlichem gesehen hätte.
    Sally warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und fragte sich, wohin Delaney wohl gegangen war. Vermutlich mit dem Gefängnisdirektor streiten. Delaney erinnerte sie ein bisschen an ihren Vater, der sich auch nicht gerne irrte. Und er war so alt wie ihr Vater, was sie ihm jedoch niemals sagen würde. Allerdings war ihr Vater, nach all den Frauen zu urteilen, die mit ihm flirteten, sobald ihre Mutter ihm den Rücken zukehrte, immer noch ein attraktiver Mann. Solche Gedanken kämen ihr nie und nimmer in Bezug auf Delaney: Er war ihr Chef, und im Übrigen trug er mehr Ballast mit sich herum, als Paris Hilton zu einem zweimonatigen Urlaub auf die Seychellen mitnehmen würde. Eine Affäre mit einem höherrangigen Kollegen war das Letzte, was sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt in ihrer Laufbahn brauchen konnte. Das stand für sie fest. Und er war deutlich älter und ranghöher als sie. Ausgeschlossen. Gar nicht dran zu denken.
    Und trotzdem, ein One-Night-Stand hätte was. Sally lachte laut auf und schüttelte den Gedanken schnell aus ihrem Kopf, während sie Delaney mit großen Schritten über den Parkplatz auf das Auto zukommen sah.
    »Amüsiert Sie etwas, Constable?«
    »Nur das Radio.«
    Delaney brummte etwas und rutschte auf den Beifahrersitz, während Sally rasch das Radio ausschaltete. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, und wechselte schnell das Thema, wobei sie mit dem Kopf auf die Handvoll Umschläge wies, die Delaney an sich drückte.
    »Was haben wir denn da?«
    »Die Post. Sie mag zwar langsam sein, aber am Ende kommt alles an.«
    »Die von Candy Morgan?«
    »Genau.«
    »Sie werden mir jetzt erzählen, dass ein Bewunderer ihr geschrieben und dafür gesorgt hat, dass sie nach ihrer Freilassung zu ihm zieht und freundlicherweise auch gleich seine Adresse auf dem Brief hinterlassen hat?«
    »Schön wär’s.«
    »Was dann?«
    »Hauptsächlich Schrott. Aber ein Auszug von einem anderen Bankkonto. Eins, von dem wir noch nichts wussten.«
    »Wenn sie also in einem Supermarkt mit Karte zahlt oder einen Geldautomaten benutzt …«
    »Genau. Bringen Sie uns hier weg.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Sally ließ den Motor an, wendete rasch und fuhr zurück in Richtung King’s Cross.
    Delaney ließ wieder das Fenster herunter und sah hinaus. In den Straßen wimmelte es von Menschen. Diese Gegend war immer belebt, doch die Sonne hatte sie zu hunderten herausgelockt. Was Touristen in King’s Cross sehen wollten, war ihm allerdings schleierhaft. Vielleicht war King’s Cross dabei, zum neuen Covent Garden zu werden. Der alte war ein Tummelplatz für Nutten und Blumenhändler; vielleicht entstand hier gerade ein neuer Trend.
    »Was meinen Sie, Sally?«
    »In Bezug worauf?«
    »Ob King’s Cross der neue Covent Garden wird.«
    Als sie nach links in eine

Weitere Kostenlose Bücher