Hitzetod
entschieden. »Sie bleibt bei mir.«
»Niemand sagt, dass wir sie Ihnen wegnehmen wollen, Howard. Wir müssen nur erst einmal alles in Ordnung bringen.«
»Sie lügen.«
Sally trat einen Schritt vor, und Morgan hob sofort wieder das Feuerzeug. Sie blieb stehen. »Sie sind ihr Vater. Natürlich wird sie bei Ihnen bleiben.«
»Candy hat sie mitgenommen. Sie werden ihr erlauben, sie bei sich zu behalten, stimmt’s?«
»Sie hätte sie nicht mitnehmen dürfen. Das war falsch.«
»Werden Sie sie wieder ins Gefängnis stecken?«
»Wir müssen uns alle hinsetzen und über die Dinge reden. Wir müssen alles auseinanderdröseln.«
»Sie hat es Ihnen erzählt, was? Candy hat Ihnen alles erzählt.«
Delaney bewahrte eine ausdruckslose, neutrale Miene, doch Sally konnte Morgans Blick nicht standhalten, worauf dieser sich bestätigt sah und nickte.
»Deswegen sind Sie hier.«
»Kommen Sie einfach von dem Boot runter, Howard.«
»Dad, bitte …«
Morgan schaute zu seiner verängstigten Tochter hinüber. »Mach dir keine Sorgen, Liebes. Es wird alles gut.«
Wieder streckte er die Hand mit dem Feuerzeug aus und schnippte es zweimal an. Funken sprangen heraus und leckten die Luft an.
Chief Inspector Campbell schlug die Autotür hinter sich zu und eilte wütenden Schrittes an die Stelle, wo Bonner stand und sich das Fernglas vor die Augen hielt. Neben ihm lagen zwei Beamte der Spezialeinheit SO ausgestreckt auf dem Boden, das Gewehr auf Morgan gerichtet, der am Fenster mal in, mal außer Schussweite war.
»Was zum Teufel macht er da drin, Bonner?«
Bonner senkte den Feldstecher und lächelte seine Vorgesetzte entschuldigend an. »Er ist reingegangen, um das Mädchen rauszuholen.«
»Er hat nicht auf bewaffnete Kräfte gewartet? Und nicht auf entsprechend ausgebildete Verhandlungsspezialisten?«
»Er hat eine Lagebeurteilung vorgenommen und ist zu der Einschätzung gelangt, dass keine Zeit zu verlieren war, Ma’am.«
Campbell starrte ihn zornig an, ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. »Ach, er hat eine Lagebeurteilung vorgenommen?«
»Genau, Ma’am. Und das war seine Einschätzung.«
Campbell nahm Bonner das Fernglas aus der Hand und richtete es auf das Hausboot. »Er hätte das Mädchen erst gar nicht gehen lassen dürfen.«
»Das war auch meine Einschätzung, Ma’am.«
Damit erntete er wieder einen zornigen Blick von Campbell. »Halten Sie den Mund, Bonner.«
»Morgan hat das ganze Boot mit Benzin übergossen. Droht damit, es anzuzünden. Deshalb ist er reingegangen. Um das Mädchen zu schützen.«
Campbell deutete mit dem Kopf auf die Scharfschützen der Sondereinheit. »Wie sieht’s mit denen aus?«
»Sie warten aufs Stichwort.«
Campbell wandte sich an einen der Schützen. »Wenn Sie einen Schuss abfeuern, geht das Benzin dann hoch?«
»Sollte nicht passieren, Ma’am.«
»Delaney hat gesagt, dass er ein Zeichen gibt, wenn es so aussieht, als ob Morgan etwas vorhätte und eine sichere Chance besteht, ihn niederzuschießen.«
Campbell fixierte den auf dem Bauch liegenden Polizisten, der sie seinerseits musterte. »Sie unternehmen nichts ohne meine Erlaubnis. Das sind meine Leute da draußen.«
Der Scharfschütze nickte. »Ja, Ma’am.«
Morgan drehte noch einmal am Zündrad des Feuerzeugs, und da die Sonne jetzt niedriger stand, waren die Funken besser zu sehen.
Delaney bemühte sich weiterhin um eine ruhige Stimme. »Lassen Sie uns von Bord gehen und reden, Howard. Sie wollen etwas, das wissen wir. Und wir wollen auch etwas. Und wissen Sie, was? Genau dasselbe. Wir wollen beide, dass Jenny in Sicherheit ist. Darin sind wir uns einig. Können Sie das erkennen?«
Morgan schob seine Zunge zwischen den Lippen hervor und leckte sich den Mundwinkel. Er versuchte, Spucke hinunterzuschlucken, musste seine Kehlkopfmuskulatur jedoch sehr anstrengen. Seine Augen brannten vom Salz des Schweißes, der ihm in die Augen rann, und vom Benzindampf, der wie ein feiner giftiger Nebel in der überhitzten Luft der Kajüte hing.
»Jenny bleibt bei mir.«
Drüben am Ufer lächelte Bonner, als er sah, dass Delaney die Hand hob. »Das ist das Signal, Ma’am.«
Campbell zögerte einen Moment, als Morgan sich rückwärtsbewegte, sodass er den Scharfschützen ein freies Schussfeld bot. Sie schluckte und nickte den wartenden Schützen zu.
»Erledigen sie ihn.«
Die Scharfschützen legten an, ließen die Atmung zur Ruhe kommen, und ihre Zeigefinger schmiegten sich in die stählernen Krümmungen der
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