Hitzetod
wir?«
»Der Teufel ist wie ein Krebsgeschwür, wie eine Krankheit. Wir müssen dich von ihm reinigen, mein Sohn. Das ist unsere Christenpflicht.«
»Reinigen?«
Father O’Connell legte eine schwere Hand auf Jacks Kopf, und der Junge zuckte zusammen.
»Unsere Christenpflicht, mein Sohn. Komm mit mir in die Sakristei.«
Und als Jack den Blick hob und diesem Mann mittleren Alters in die Augen schaute, sah er dort keinen Zorn, sondern eine Art wilden Hunger, und er zitterte noch mehr, während er zur Sakristeitür geleitet wurde.
Der Choral ging zu Ende, und Delaney wischte sich mit dem Handrücken über die schweißnass gewordene Stirn. Wendy gab ihm ein Papiertaschentuch, das er dankbar annahm, während die beiden Flügel der Kirchentür sich öffneten und eine Prozession von Kindern, Jungen und Mädchen, hereinkam. Die Mädchen in weißen Kleidern, die Jungen mit roten Krawatten. Langsam gingen sie in einer Reihe den Gang zum Altar entlang. Delaney lächelte Siobhan zu, als sie vorbeikam, aber das Mädchen hielt den Blick geradeaus gerichtet, auf die kreuzförmige Christusfigur, die hinter dem Altar hing. Wendy legte eine Hand auf Delaneys Knie, und er drückte sie, wobei er sie etwas zu lange festhielt.
Wendy lächelte ihm beruhigend zu. »Sie sieht toll aus, Jack. Ganz toll.«
Am Altar angekommen, kniete Siobhan an dem niedrigen Geländer nieder. Der Priester machte vor ihr das Kreuzzeichen in die Luft, worauf Siobhan die Augen schloss, den Mund öffnete und die Zunge herausstreckte, damit er die Hostie darauflegen konnte.
Kate sah sich in dem leeren CID -Büro um. An Delaneys Schreibtisch blieb sie stehen. Er war sauber und aufgeräumt. Aktenmappen ordentlich gestapelt, Stifte in einem Becher, lose Blätter aufeinandergelegt, alles perfekt ausgerichtet. Der Schreibtisch eines Mannes, der die Dinge gerne unter Kontrolle hatte, mutmaßte Kate. Nicht zuletzt auch seine Gefühle. Einen zentralen Platz auf dem Schreibtisch nahm ein Foto ein. Silbern eingerahmt. Eine lächelnde Frau mit einem Baby im Arm. Delaneys Frau und Tochter, vermutete Kate. Sie nahm das Foto in die Hand; seine Frau war sehr schön. Kate konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, was er hatte durchmachen müssen, als sie starb.
Während Kate den Bericht, den sie Delaney hatte bringen wollen, oben auf seine Akten legte, beschlich sie plötzlich ein Schuldgefühl, und sie schreckte hoch, als Bob Wilkinson, kaum verhohlenen Zorn im Blick, zufällig vorbeikam.
»Hat Ihre Schadenfreude Sie hergeführt?«
»Wovon sprechen Sie?«
»Jetzt machen Sie aber mal halblang, Dr. Walker. Wir alle wissen, dass Sie keine Freundin von Jack Delaney sind.«
Verwirrt schüttelte Kate den Kopf. »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
»Was machen Sie denn sonst hier?«
»Ich habe Jack eine Kopie des Autopsieberichts über Billy Martin versprochen.«
Bob Wilkinson war leicht verblüfft. »Aha.«
»Und zu Ihrer Information, was immer es in der Vergangenheit für Differenzen zwischen Jack und mir gegeben haben mag, die sind genau das: Vergangenheit.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr.«
Bob Wilkinson wandte sich zum Gehen, doch Kate hielt ihn am Arm zurück. Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Trotzdem, wovon sprechen Sie? Was geht hier vor?«
»Es gehen Gerüchte um. Das ist alles.«
»Was für Gerüchte?«
»Über Jack.«
»Was ist mit ihm?«
Bob näherte sein Gesicht dem ihren und senkte ebenfalls die Stimme. »Es heißt, er hätte mit dem Mord an Jackie Malone zu tun.«
Empört schüttelte Kate den Kopf. »Das ist lächerlich!«
»Sie und ich wissen das«, erwiderte Bob Wilkinson und ließ die Schlussfolgerung unausgesprochen.
»Sie müssen etwas tun.«
Er zuckte die Achseln. »Ich bin nur ein einfacher Fußsoldat, was kann ich schon tun?«
Kates Blick ging quer durchs Büro, ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich, als Chief Superintendent Walker aus DCI Campbells Büro kam und mit Nachdruck die Tür hinter sich zuzog. Wütenden Schrittes strebte er den Korridor hinunter, ohne seine Nichte auch nur eines Blickes zu würdigen.
Wilkinson sah Kate scharf an. »Falls Jack Delaney irgendwelche Schwierigkeiten bekommt und Sie, wie Sie sagen, seine Freundin sind« – dabei deutete er mit dem Blick auf den sich entfernenden Superintendent –, »dann wird er Freunde mit Beziehungen nach ganz oben brauchen.«
»Ich bin mir nicht sicher, dass ich da überhaupt irgendwelchen Einfluss habe.«
»Dann ist es vielleicht an der Zeit, das
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