Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
Vom Netzwerk:
drückte nur den großen grünen Knopf seitlich der Türen und stürmte hinaus auf den Parkplatz.
    Für eine Gruppe von Studioangestellten, die rauchend und tratschend am Straßenrand standen, hatte er nur einen abweisenden, finsteren Blick übrig. Wäre Tratsch in der Fernsehindustrie eine Währung, gäbe es hier nur Millionäre. Wer nicht irgendjemandem ein Messer in den Rücken stieß, hatte in diesem Betrieb nichts zu suchen. Moffett ging an ihnen vorbei weiter die Straße hinunter, holte sein Handy heraus und tippte mit der Eile des Frustrierten eine Nummer ein.
    »Alexander hier. Was ist los?«
    Er lauschte, während er mit den Zähnen leicht an einem halb abgerissenen Daumennagel zog, dann schüttelte er ungehalten den Kopf.
    »Das gefällt mir nicht.« Er seufzte, sein Unmut steigerte sich. »Scheiß doch auf dein dämliches Golfspiel. In fünfundvierzig Minuten nehme ich die verfluchten Kleinen Sonnenstrahlen Jesu auf! Ich sage dir, ich werde hier allmählich ganz schön nervös, deshalb tu was dagegen, sonst mach ich’s.«
    Mit hängenden Schultern hörte er noch ein oder zwei Minuten zu.
    »Bis später.«
    Er ließ sein Handy zuschnappen, ging jedoch nicht ins Studio zurück. Stattdessen blieb er, mit seinem Daumennagel beschäftigt, noch eine Weile stehen. Schließlich riss er das lose Stück ab und hielt vor Schmerz die Luft an, denn jetzt war der Nagel zu kurz, und es bildete sich ein glänzender roter Fleck. Moffett saugte das Blut auf, das nach Eisen und Kupfer schmeckte, und verzog das Gesicht. Vorzeichen waren ihm ein Gräuel.
     
Delaney fühlte sich an diesem Samstagvormittag auch nicht wohl. Fünf Tage war ihr Hochzeitstag jetzt her, und wieder war er bei seiner Schwägerin, hockte wie eine erschöpfte Seemöwe auf einer Kaimauer auf der Armlehne ihres Sofas. Er steckte einen Finger unter seinen Kragen und zog daran, um sich am Hals Kühlung zu verschaffen. Er hätte auch seine Krawatte gelockert, wusste aber, dass sich sofort eifrige Frauenhände ihrer bemächtigen und sie noch unbequemer als zuvor binden würden. Genaugenommen war Delaney nie ein Typ für Anzug und Krawatte gewesen.
    Sein Blick schnellte zur Wohnzimmertür hinüber, als diese in einem Ausbruch grenzenloser Energie aufgestoßen wurde. Als Kommunionkind gekleidet, schoss Siobhan wie eine menschliche Kanonenkugel in den Raum, die Augen strahlend vor Glück und Unschuld.
    »Wie findest du das Kleid?«
    Wendy kam hinter ihr her. »Siobhan. Sei vorsichtig. Gib acht auf dein Haar.«
    »Du bist bildschön, mein Schatz. Daddys Liebling.«
    Siobhan kletterte auf seinen Schoß, und er schlang die Arme um sie.
    »Alles in Ordnung, Jack?«
    Delaney brachte ein Lächeln zustande und nickte Wendy zu. Sie streckte Siobhan die Hand hin. »Also auf geht’s. Wir sollten uns auf den Weg machen. An deinem großen Tag dürfen wir doch nicht zu spät kommen, oder?«
    »Die werden dich noch bekehren, Wendy.«
    Wendy schüttelte den Kopf. »Ich mag ja eine Heuchlerin sein, Jack, aber eine so schlimme dann doch nicht.«
    Delaney stand auf und nahm seine Tochter an der anderen Hand.
    »Gehen wir, mein Schatz. Jetzt holen wir dir eine Mitgliedskarte für den größten Club der Welt.«
     
Die Kirche St. Joseph stammte aus der Zeit der normannischen Eroberung, und ihre Mauern waren von Geschichte durchdrungen. Hochgewölbte Bögen, die sich über dem Mittelschiff kreuzten. Buntglas in jedem Fenster. Kirchenbänke aus dunklem Holz, abgenutzt durch unzählige Menschen, die über die Jahrhunderte hier gesessen und gebetet hatten. Entlang der Wände Darstellungen der vierzehn Stationen des Kreuzwegs. Hinter dem Altar ein riesiges Kruzifix. Der Todeskampf Christi, wiedergegeben in brutalem Realismus: Blut, das von seinem mit Dornen gekrönten Haupt tropfte, eine klaffende Wunde in seiner Seite, mit der ein römischer Soldat ihm um der Sabbatruhe willen einen frühen Tod hatte verschaffen müssen. Getrocknetes Blut an Händen und Füßen, wo man ihm Eisennägel durch Fleisch und Knochen getrieben hatte.
    Delaney saß in einer der vorderen Bänke. Erneut fuhr er sich mit dem Finger unter den Hemdkragen und versuchte, auf der harten Holzbank einigermaßen bequem zu sitzen, indem er die Beine ausstreckte und übereinanderlegte. Wendy, die neben ihm saß, stieß ihn in die Rippen. Er nickte entschuldigend und setzte sich wieder aufrechter hin.
    Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Obwohl er die Worte nicht laut ausgesprochen hatte, hallten sie in seinem

Weitere Kostenlose Bücher