Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Überlegungen.
»Bei deinem Boss ist immerzu besetzt«, meldete sich abermals Bredeney.
»Aha.«
Zunächst eine kurze, neugierige Pause. Dann die unverblümte Frage: »Ist vielleicht irgendwas mit dem Baby?«
Winnie Heller verdrehte die Augen. »Woher soll ich das wissen?«
Sie sah ihn vor sich, wie er abwehrend die Hände hob. »Hätte ja sein können, dass er bei dir ist.«
»Noch nicht, aber wir sind verabredet.« Sie sah auf die Uhr. »Und eigentlich müsste er seit fünf Minuten hier sein.«
»Na ja«, entgegnete Bredeney, der spürte, dass ihr nicht nach Plaudern war, »wie auch immer. Ich habe jedenfalls noch mehr Neuigkeiten für euch.«
»Über Jo Ternes?«
»Nein, da hat sich leider immer noch nichts getan. Aber ich habe gerade mit Jan Portners zweiter Frau telefoniert. Du weißt schon, die, die in Hamburg lebt.«
»Und?«
»Sie hat ein bisschen rumgedruckst, aber im Grunde bestätigt sie genau das, was Jo Ternes in ihrem Artikel geschrieben hat.«
»Dass Portner ein Schwein war?«
Bredeney lachte. »Ich liebe diese unverblümte Art.«
»Hat sie irgendwas Konkretes erzählt?«
»Oh, er hat sie nie verprügelt, falls du an so was denkst«,
antwortete Bredeney. »Auf eine so banale Weise hat sich der feine Herr Chefkoch die Hände nicht schmutzig gemacht. Aber sie sagte wörtlich, dass sie nach der Scheidung Jahre gebraucht habe, bis sie es gewagt hat, sich wieder um einen Job zu bewerben.«
»Du meinst, Portner hat seinen Frauen den Schneid abgekauft? «
»So könnte man das wohl nennen.«
»Und wusste die Frau auch irgendwas über ihre Vorgängerin zu sagen? Über diese Anna Laux?« Irgendwie ließen sie Jo Ternes’ Notizen, was das betraf, nicht los. Freundin von A. sagt, P. habe A. psych. misshandelt …
»Nur das, was Portner ihr erzählt hat.«
»Und das wäre?«
»Dass seine erste Frau eine labile, überdrehte und obendrein drogensüchtige Schnepfe war, die irgendwann vor lauter Paranoia die Nerven verloren und von einer Brücke gesprungen ist.«
Winnie Heller verscheuchte eine Fliege, die um ihren Kopf surrte, während vor ihrem inneren Auge wieder die Todesanzeige erschien, die die Kollegen auf Jo Ternes’ Laptop entdeckt hatten. »Stimmt das mit den Drogen?«, fragte sie.
»Jein«, entgegnete Bredeney. »Nach allem, was wir wissen, hat Anna Laux irgendwann nach ihrer Heirat damit begonnen, mehr oder weniger regelmäßig Beruhigungsmittel zu schlucken. Lorazepam hauptsächlich, das war damals gerade groß in Mode. Erstmals verschrieben wurde ihr das Zeug übrigens ganz offiziell von ihrem Hausarzt wegen angeblicher Depressionen. Und als diese Schiene ausgereizt war und er ihr das Zeug nicht mehr so ohne weiteres verordnen wollte, hat sie es sich wohl selbst besorgt. Was ihr unter den gegebenen Umständen nicht allzu schwergefallen sein dürfte.«
»Wieso?«
»Na ja, immerhin hat sie Medizin studiert.«
»Ach, wirklich?« Winnie Heller zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Hat sie das Studium abgeschlossen?«
»Nein, sie hat aufgehört, kurz …«
»… kurz nachdem sie Portner geheiratet hat«, ergänzte Winnie grimmig. »Warum wundert mich das jetzt nicht?«
»Weil der Kerl ein Kontrollfreak war«, beantwortete Bredeney ihre eigentlich rhetorisch gemeinte Frage. »Er scheint es schon immer gehasst zu haben, wenn die Frauen an seiner Seite ein eigenes Leben führten.«
Er achtete auf das, was seins war , stimmte eine imaginäre Irina Portner ihm zu. Es ging ihm darum, dass niemand unbemerkt sein Revier betreten kann …
Winnie Hellers Augen folgten einer Gruppe Kinder, vielleicht eine Schulklasse. Irgendetwas an diesen neuen Informationen gab ihr zu denken. Sie wusste genau, etwas daran war wichtig, aber es wollte ihr nicht gelingen, die Verknüpfung herzustellen.
»Hey, bist du noch dran?«, fragte Bredeney.
»Ja, ja, alles klar«, antwortete sie hastig.
»Bist du sicher?«
»Ich habe nur gerade an etwas gedacht.« Sie rieb sich die Stirn, während sich immer neue Stimmen in ihrem Kopf manifestierten.
Herr Portner hatte gern alles unter Kontrolle.
Mein verstorbener Mann legte großen Wert auf Diskretion …
Für mich klang es immer ein bisschen streng, wenn er über sie sprach. Fast so, als ob sie ihm irgendwie peinlich wäre.
Die Anruferin? Na ja, sie zögerte kurz und sagte dann: Portner, guten Abend. Ich hätte gern meinen Mann gesprochen …
Als sich unvermittelt eine
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