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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Gründen ihrer selbst sehr sicher. Entweder weil ihnen noch nicht viel Schlimmes widerfahren ist. Oder, im Gegenteil, weil sie schon so viel durchgemacht haben, dass sie denken, viel schlimmer kann es gar nicht kommen. Aber worauf auch immer diese Selbstsicherheit gründet: Die Kehrseite ist, dass die betreffenden Frauen sich dem Trugschluss hingeben, übertriebene Vorsicht nicht nötig zu haben.«
    »Allmählich verstehe ich, worauf du hinauswillst«, sagte Werneuchen. »Die Kollegen von K 12 haben alle Opfer explizit nach Auffälligkeiten im Vorfeld der Tat gefragt, und trotzdem hat sich Merle Olsen selbst rückblickend nichts dabei gedacht, dass kurz vor der Vergewaltigung ein schwarzer Geländewagen vor ihrer Praxis gestanden hat, der dort nicht hingehört.«
    »Wohl aber ihre Freundin«, ergänzte Winnie. »Und vielleicht hat Kira sogar mehr gesehen, als sie zugibt.«
    »Angenommen, sie hätte diesen Hinweis aus eigenem Antrieb weiterverfolgt und wäre auf den Bezug zum Zoo beziehungsweise auf diesen Kender gestoßen«, spann Werneuchen den Faden weiter. »Und weiter angenommen, sie hätte tatsächlich einen Beweis dafür gefunden, dass er der gesuchte
Serienvergewaltiger ist … Warum, um alles in der Welt, hat sie den Mann dann nicht angezeigt?«
    »Ich fürchte, das ist alles hochkompliziert«, stöhnte Winnie. »Erstens wissen wir nicht, ob es tatsächlich so gewesen ist. Und falls ja, kennen wir Kira Schönenbergs Persönlichkeit nicht. Vielleicht denkt sie, die Vergewaltigung ist sowieso nicht rückgängig zu machen, ganz egal, ob der Täter nun in Haft sitzt oder nicht. Wieso ihn nicht dazu benutzen, sich ungestraft an einem Mann zu rächen, der eine andere Art von Dreck am Stecken hat?«
    »Das wäre aber eine höchst fragwürdige Form von Moral.«
    »Sicher«, gab Winnie ihm recht. »Immerhin musste Kira davon ausgehen, dass der Artist immer weiter macht, wenn sie ihr Wissen nicht nutzt und ihn anzeigt …«
    Der Gedanke ließ sie beide in nachdenkliches Schweigen verfallen.
    »Wir brauchen ihre Schuhgröße«, sagte Winnie nach einer Weile.
    »Und Einsicht in ihren Dienstplan«, ergänzte Werneuchen.
    »Angeblich hatte sie Nachtdienst, als Portner erschossen wurde«, erinnerte sich Winnie plötzlich.
    »Ich überprüfe das«, versprach Werneuchen. »Und auch, ob sie gegebenenfalls trotzdem weg konnte.«
    »Check bitte auch ihre Handyverbindungen. Wenn sie im Canard angerufen hat, hat sie das vermutlich nicht von einem der Krankenhausapparate aus getan.«
    Werneuchen gab einen zustimmenden Laut von sich.
    »Ich muss Schluss machen«, erklärte Winnie, als sie die eiligen Schritte ihres Vorgesetzten in ihrem Rücken hörte. »Gib mir Bescheid, sobald du mehr weißt.«
    Dann drehte sie sich zu Verhoeven um, doch die Frage, die sie stellen wollte, blieb ihr buchstäblich im Halse stecken. Seine Miene war todernst.
    »Ich glaube, er hat den Braten gerochen.«
    »Wie das?«
    »Keine Ahnung, aber ich habe ihn gar nicht erst zu Gesicht gekriegt.«
    Winnie wartete darauf, dass er mehr sagte, aber er zog erst mal sein Handy aus der Tasche und warf sein Jackett auf den freien Stuhl neben ihr.
    »Ich habe Verstärkung angefordert«, erklärte er, während seine Finger bereits eine neue Nummer tippten. »Wir müssen uns hier alles ganz genau ansehen. Außerdem habe ich auch veranlasst, dass ein Team zu seiner Wohnung geschickt wird.«
    »Aber …«
    »Augenblick!« Er hob die Hand, um ihr zu signalisieren, dass er einen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung hatte. Dann nannte er seinen Namen und seine Dienststelle und erklärte anschließend in einem Tonfall, der dazu angetan war, jedweden Widerspruch im Keim zu ersticken: »Wir brauchen so schnell wie möglich Einsicht in die Personalakte eines Ihrer Mitarbeiter. Es handelt sich um einen Tierpfleger mit Zuständigkeit für Exotarium und Nachttierhaus. Der Name ist Kender. Damian Kender.« Er hörte eine Weile schweigend zu, bevor sich seine Züge allmählich ein wenig entspannten. »Gut«, sagte er. »Wir kommen rüber.«

9
    War es nicht einfach unfassbar, wie das Leben so spielte? Damian Kender betrat das Zoo-Gesellschaftshaus durch einen selten benutzten und deshalb meist verschlossenen Seiteneingang und lenkte seine Schritte zielsicher auf eine kleine Treppe zu, die ihn auf einen Gang im Hochparterre führte. Er war im Schutz der ausbrechenden Panik noch einmal kurz zurückgehuscht, in die Aufzuchtstation, um ein paar Sachen zu retten.

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