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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Grillen im hohen Gras ihr Nachtkonzert anstimmten. Sie hatte die Beine hochgelegt und die Scheinwerfer der Trucks über die entfernte Autobahn gleiten sehen, während der Wind von Zeit zu Zeit den aufregenden Geruch nach Benzin und weiter Welt an ihre Nase getragen hatte.
    Sie verstand nichts vom Gärtnern, aber sie hatte Unkraut gezupft, die Gemüsebeete und Rabatten gegossen, und als ein paar von den Tomaten netzähnliche Braunverfärbungen aufgewiesen hatten, war sie in eine Buchhandlung gegangen und hatte einen Schädlingsratgeber gekauft. Das Ergebnis war, dass sämtliche Pflanzen Lübkes sechswöchige Abwesenheit überlebt hatten, ein Umstand, auf den Winnie Heller nicht ganz zu Unrecht ziemlich stolz war.
    Und selbst jetzt, nach einem Tag wie diesem, vermittelte ihr Lübkes krummes kleines Haus ein Gefühl von Idylle und Geborgenheit. Während sie Armaturen und Oberflächen in Küche und Bad reinigte und anschließend das gesamte Haus feucht durchwischte, ließ sie die Gespräche, die sie an diesem Tag geführt hatte, noch einmal Revue passieren. Sie dachte an Irina Portner, wie sie in ihrem schmucklosen Krankenhauskittel auf dem äußersten Rand ihres Bettes hockte, die Arme schützend um den fragilen Körper geschlungen. Und an den Vergewaltiger, der möglicherweise jetzt, in diesem Augenblick, irgendwo in einem anderen Teil dieser Stadt saß und herauszufinden versuchte, wer ihn zu dieser jüngsten Tat erpresst haben mochte …
    »Wo, glauben Sie, würde er mit seiner Suche ansetzen?«, hatte Verhoeven gefragt, nachdem sie die Besprechung beendet hatten.
    Und sie hatte nicht lange überlegen müssen: »Bei ihr.«
    »Sie meinen, bei Irina Portner?«
    »Genau. Wenn der Artist die Identität seines Erpressers tatsächlich nicht kennt, ist sie der einzige Hinweis, den er hat.«
    »Was würden Sie an seiner Stelle tun?«
    »Sie beobachten?«
    Verhoeven hatte überlegt. »Das wird ihm nach allem, was geschehen ist, vermutlich zu heiß sein.«
    »Stimmt«, hatte sie ihm recht geben müssen. »Er kann nicht riskieren, in der Nähe ihres Hauses gesehen zu werden. Zumindest nicht mehrfach.«
    »Und das Restaurant?«, hatte Verhoeven vorgeschlagen. »An einem öffentlichen Ort wie einer Gaststätte ist es sehr viel einfacher, sich unauffällig zu bewegen, als in einer reinen Wohngegend wie der Danziger Straße.«
    »Sie meinen, er geht dort essen und horcht die Kellner aus?«, hatte Hinnrichs gefragt, der hinter ihnen aus dem Besprechungsraum gekommen war und die letzten Sätze aufgeschnappt hatte.
    »Das nicht. Aber vielleicht sieht er sich dort um.«
    »Dann sollten wir jemanden dorthin abstellen«, hatte Hinnrichs geantwortet und dabei in seiner üblichen Art in die Hände geklatscht. »Irgendwen, der sich unter die Angestellten mischt und die Augen offen hält. Ich veranlasse das.«
    Winnie Heller richtete sich auf und wischte sich Staub und Schweiß von der Stirn. Noch immer merkte sie nicht, dass sie kaum geschlafen hatte, aber ihr war klar, dass der tote Punkt kommen würde. Irgendwann, später an diesem Abend.
    Hinnrichs hatte mit Nachdruck darauf bestanden, dass seine Beamten in allen Belangen auf den aktuellsten Stand gebracht wurden, und Wieczorek hatte versprochen, ihnen innerhalb der nächsten Stunden nicht nur die Protokolle der Befragungen aus Portners Umfeld zu schicken, sondern darüber hinaus auch das gesamte Material, das den Profilern von der Operativen Fallanalyse vorlag. Außerdem hatte Dr. Gutzkow
die Laborbefunde und den ausführlichen Obduktionsbericht angekündigt.
    Winnie seufzte, kippte ihr Putzwasser in den Ausguss und ging anschließend in den Garten hinaus, wo sie ein paar sonnenmüde Blumen zurechtschnitt und zu einem kleinen Strauß band (zweimal neu, weil ihr das Ergebnis zu gekünstelt vorkam). Als sie fertig war, stellte sie die Blumen in die rustikale Tonvase, die sie in Lübkes Vorratskammer entdeckt hatte, und trat einen Schritt zurück, um das Ergebnis zu begutachten.
    Durch das geöffnete Wohnzimmerfenster hörte sie das Geräusch eines sich nähernden Autos, das langsamer wurde und schließlich stoppte.
    Überrascht trat Winnie Heller an die Scheibe und entdeckte einen Wagen, der unmittelbar hinter ihrem Polo gehalten hatte. Er war hell, und erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es sich um ein Taxi handelte.
    Sie schob die Gardine zur Seite, und voller Schreck entdeckte sie Lübke auf dem Beifahrersitz. Er schien bereits bezahlt zu haben und war eben dabei, seine

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