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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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weiteren Umschlag ergriffen hatte. Er erschauerte wieder zweimal, dann: »Ihre Schwester schickt Ihnen ihre Liebe von der anderen Seite. Sie sagt, es gehe ihr gut, und Sie sollen weiterleben wie bisher.«
    Unwillkürlich fröstelte es Jack. Er kannte das Spiel, wusste, dass Ifasen jetzt improvisierte, doch dies war genau das, was Kate sagen würde.
    Ifasen faltete eine Karte auseinander und hielt sie wie üblich an der linken oberen Ecke. »Beantwortet das Ihre Frage, Jack?«
    »Voll und ganz«, erwiderte Jack leise.
    Gia starrte Jack mit großen Augen an und packte seinen Arm. »Jack! Wie konnte er …?«
    Er neigte den Kopf in ihre Richtung und flüsterte: »Das war mehr als eine bloße Vermutung. Er ist wirklich gut.«
    »Wie kannst du das als ›mehr als eine Vermutung‹ abtun?«
    »Ganz einfach. Natürlich, wenn er gesagt hätte, ›Kate schickt Ihnen ihre Liebe‹, wäre das was ganz anderes gewesen. Dies aber als Humbug abzutun, erscheint mir ziemlich problematisch.«
    Ein weiterer Umschlag wurde ins Licht des Scheinwerfers gehalten, und jetzt runzelte Ifasen abermals die Stirn.
    »Damit habe ich Schwierigkeiten. Ich spüre eine Zahl, aber die seismische Spannung hat zugenommen. Ich bin mir nicht sicher, doch ich glaube, die Zahl ist eine Zwei.« Er schlug die Augen auf. »Und das ist alles.«
    Ifasens Gesicht spiegelte Verwirrung wider, während er den Umschlag öffnete, doch als er den Text las, lächelte er. »Zwei.« Er blickte auf. »Reicht Ihnen das, Gia?«
    »Ich … ich glaube schon«, sagte Gia.
    Jack betrachtete sie von der Seite und fand, dass sie ein wenig blass geworden war. »Was hast du gefragt?«
    »Das verrate ich dir später«, sagte sie ausweichend.
    »Jetzt.«
    »Später. Ich will erst sehen, ob er weiß, wo Junies Armband geblieben ist.«
    »Der letzte Umschlag«, verkündete Ifasen und hielt ihn ins Licht. Er schloss die Augen, zog wieder seine Nummer mit dem zweimaligen Erschauern ab und sagte dann: »Es wurde nicht gestohlen. Sie finden es in der großen blauen Blumenvase.« Er sah Junie an, die aufgesprungen war. »Besitzen Sie eine große blaue Blumenvase?«
    »Ja! Ja!« Sie presste die Hände auf den Mund, so dass die Worte nur undeutlich herauskamen. »Gleich neben der Tür! Aber das kann nicht sein! Wie soll es dort hineingekommen sein?«
    »Die Geister sagen nicht, wie, Ms. Moon«, erklärte ihr Ifasen. »Sie haben nur gesagt, wo.«
    »Ich muss gehen! Ich muss schnellstens nach Hause und in der Vase nachschauen!« Sie rannte zum Podium und umarmte ihr Medium. »Ifasen, Sie sind der Beste, der Größte!« Sie wandte sich zu Jack, Gia, Karyn und Claude um. »Ist er nicht fantastisch! Ist er nicht unglaublich!«
    Jack stimmte in den Applaus ein. An Ifasen war nichts unglaublich, aber er war gut. Sehr gut sogar.
     
     

3
     
    »Heiliger Jesus!«, stöhnte Lyle Kenton, als ihre ungeladenen Gäste sich endlich verabschiedet hatten. Er hatte seine Ifasen-Rolle bereits abgelegt, ließ sich jetzt in den Sessel im Wohnzimmer in der oberen Etage fallen und rieb sich die Augen. »Was war denn hier los?«
    Sein Bruder Charlie, nicht länger in der Rolle des unterwürfigen Kehinde, sah ihn vorwurfsvoll an. Er lehnte an der Couch und nippte hektisch an einer Flasche Pepsi Light. Das war seine Art zu trinken: keine richtigen Schlucke, sondern nur ein schnelles, kurzes Nippen.
    »Ay, yo, Lyle. Ich dachte schon, du bringst uns in Teufels Küche, als du den Namen des Herrn in den Mund nahmst.«
    Lyle winkte mit einer Hand entschuldigend ab, während er mit der anderen an einer seiner Dreadlocks zog und in Gedanken die vergangene Stunde durchging. Das war nicht der gemütliche Freitagabend gewesen, den er geplant hatte. Er und Charlie hatten im Wohnzimmer gesessen und hatten auf der Suche nach etwas Interessantem durch die Fernsehkanäle gezappt, als Junie Moon geklingelt hatte.
    »Ich sage dir, Charlie, als ich unsere Moonie mit ihren Leuten vor der Tür stehen sah, dachte ich schon, wir wären geliefert. Ich hatte geglaubt, sie hätte etwas von deinem Besuch bemerkt und wäre mit den Bullen erschienen.«
    Natürlich war ihm bei eingehender Überlegung klar geworden, dass, wenn es tatsächlich die Polizei gewesen wäre, Junie Moon sie wohl kaum begleitet hätte.
    »Es hätte schlimmer kommen können«, sagte Charlie und ging vor der Couch – ein dunkelrotes Ungetüm, das zur Möblierung des Hauses gehörte – auf und ab. Alles in diesem Raum – die Möbel, das Klavier, die kitschigen

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