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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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unterbrach ich daher seinen Redeschwall, mitten in einer Lobeshymne über die marktanalytischen Fähigkeiten meines Vaters.
    »Klar!«
    »Hast du einen festen Freund?« Er nickte, also fuhr ich fort. »Und was sagt der zu der ganzen Traumpaar-Nummer hier? Findet der das nicht blöd, versteckt zu werden, während du mich öffentlich als dein Schätzchen präsentierst? Habt ihr keinen Stress deswegen?«, fragte ich und dachte, ich träfe damit vielleicht einen wunden Punkt. Fehlanzeige: Er lachte nur.
    »Nein, gar nicht! Erstens mag er dich sehr gut leiden, zweitens war es sogar seine Idee, dich anzuheuern, weil er nämlich drittens genau wie ich ein großes Interesse daran hat, sein Privatleben auch privat zu halten.«
    Zeit, ans Eingemachte zu gehen – ich wollte endlich wissen, ob ich richtig lag mit meiner Vermutung. »Auch prominent?«, hakte ich also unauffällig nach.
    »Nein, aber aus einem Kulturkreis, in dem Homosexualität gerne mal mit Steinigung oder Hängen geheilt wird.«
    Während ich innerlich »BINGO! Ich hab’s doch gewusst!« jauchzte, kam Ralf richtig in Erzähllaune. Was so ein Wochenende bei meinen Eltern doch alles auslösen konnte …
    »Obwohl sein Vater lange Zeit Botschafter in der Schweiz war und die Familie eigentlich schon sehr westlich geprägt ist, wäre ein schwuler Sohn innerfamiliär trotzdem der totale Super-GAU. Das respektiert er, und daran hält er sich. Tradition halt. Mir ist das ohnehin recht, als schwuler Fußballer könnte ich nämlich auch direkt einpacken.«
    Bevor ich das Sahnehäubchen aus meinem Hinterkopf aufs Tapet bringen wollte, entschied ich mich für eine weitere Schleife: »Ralf, ich weiß, das ist nicht klug, dass ausgerechnet ich da so nachhake, ich will ja gerne noch lange deine Spielerfreundin bleiben, aber: Ist das wirklich noch so ein Riesending, schwul zu sein? Schließlich haben wir 1994.«
    »Im Fußball auf jeden Fall. Ich kann mir vorstellen, dass wir eines Tages bekennende Schwule nicht nur im Showbiz, sondern sogar in Politik und Wirtschaft haben – aber eher wird eine Ost-Frau Kanzlerin, als dass ein Fußballer sich outen und trotzdem problemlos weiterspielen kann!«, erklärte er mit tiefster Überzeugung. Ich lachte laut auf, denn das Bild, das ich von Ost-Frauen hatte, war klar von Doreen geprägt, und da fand ich schwule Fußballer doch weitaus realistischer.
    »’Ne Ossi-Kanzlerin, niemals! Zumindest nicht, bevor Beate Uhse Bundespräsidentin wird. Wir können ja wetten«, bot ich ihm an, und er schlug ein. Aber jetzt wurde es Zeit für meine Idee.
    »Ralf, pass auf, ich hab noch was anderes«, nahm ich Anlauf. »Meine Mutter hat mir was erzählt, das vielleicht interessant sein könnte. Also: Drei Orte weiter ist eine Kneipp-Kur-Klinik, ein knapp hundert Jahre alter Jugendstilbau mit ungefähr fünfzig Zimmern.«
    »Wer fährt denn heute noch zur Kneipp-Kur in die Eifel?«, fiel Ralf mir irritiert ins Wort.
    »Ganz genau. Ich sehe, du verstehst schon mal die Grundproblematik«, lobte ich ihn und erzählte weiter. »Die Inhaber hätten sich nicht nur auf diese ganze Wellness-Welle einschießen, sondern auch schon seit Jahren mal wieder ordentlich renovieren müssen. Naja, haben sie aber nicht, und daher siecht der ganze Kasten halt ein bisschen abgerockt dem Bankrott entgegen. Die kinderlosen Besitzerinnen sind aber schon um die siebzig und haben keinen Bock mehr auf das ganze Bohei – dafür aber immer mehr Probleme mit dem kalten Eifelklima. Und deswegen wollen die sich bald auf Mallorca zur Ruhe setzen!«, schloss ich.
    »Wieso weiß Renate das alles so detailliert, wenn die Klinik drei Orte weiter ist?«, fragte er, und jetzt musste ich lachen. »Ralf, wir reden über Renate! Die weiß immer alles, und zwar aus dem ganzen Landkreis ! Außerdem waren die beiden Besitzerinnen schon Kundinnen meiner Mutter, als die noch mit meinem Vater im Blitzmobil unterwegs war.«
    »Ah, verstehe … Aber warum könnte die Geschichte dieser Kneipp-Kur-Klinik für mich interessant sein?«
    »Na, weil die möglichst bald verkauft werden soll!«
    »Und warum um alles in der Welt sollte ich Geld investieren in eine marode Kneipp-Klinik am Arsch der Welt?« Ralf sah mich entgeistert von der Seite an. Wahrscheinlich hatten Günther und er sich gegenseitig dermaßen hypnotisiert mit Aktienempfehlungen für Zukunftsbranchen, dass er handfeste und naheliegende Möglichkeiten nicht mehr erkennen konnte.
    Ich seufzte und fing an, ihm meine Vision zu

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