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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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war es noch lange nicht Frühlingsanfang, als sie beim Notar als strahlende, neue Besitzer der Klinik ihren Unterschriften beim Trocknen zusahen.
    Für mich waren die ersten Monate des Jahres weniger spektakulär, zeichneten sich aber durch eine entspannte »Business-as-usual«-Grundstimmung aus: wöchentlich eine Sendungsaufzeichnung und dazu ein paar Paarauftritte mit Ralf – der übliche Kram halt, Filmpremiere, Preisverleihung, Charityparty, ausgehen in Köln oder Dortmund, völlig egal. Hauptsache: Berichterstattung mit Foto und korrekt geschriebenen Namen. Highlight all dieser »Society News« war unsere erste Homestory für die Bunte , fast pünktlich zum Jahrestag der offiziellen Bekanntgabe unserer Beziehung.
    Ich hatte mich nämlich dazu entschlossen, mir in Köln eine größere Wohnung zu gönnen als die bisherige Studentenbude von 25 Quadratmetern, daher nahm ich mir ein neues Domizil mit der nunmehr dreifachen Grundfläche und ließ die Hausreporter, die wir im Laufe des letzten Jahres schon mit Storys angefüttert hatten, völlig schmerzfrei über »unser kleines, neues Liebesnest« berichten: mit Fotos von uns auf meinem Bett, am Küchentisch, auf dem Wohnzimmerteppich und allen anderen Plätzen mit sorgsam lanciertem, sexuellen Bezug. Auch der passende erlogene und gewohnt krude formulierte Romantikwahnsinn durfte nicht fehlen: »Ralf hatte mir am Tag vom Einzug die ganze Badewanne bis obenhin gefüllt gehabt, aber nicht mit Wasser, sondern nur mit Rosenblättern, weil da sollte jedes Blatt quasi für einen gemeinsamen Monat sein, also in der Zukunft, und dann haben wir darin mit Champagner angestoßen – das war so romantisch!«
    Die Wahrheit sah zwar so aus, dass ich am Tag meines Einzugs den Elektriker erwischte, wie er in meine neue Badewanne pinkelte, (»Ich wusste nicht, ob die Toilette schon angeschlossen ist, und ich wollte nicht das Waschbecken nehmen!«), aber so was gehörte definitiv nicht in die Bunte .
    Ich finde: Wenn man schon fast drei Mark ausgibt für ein Promimagazin, dann erwirbt man damit auch ein gewisses Anrecht auf Stimulation des Sozialneids – alles andere wäre Betrug am Leser. Also sollte man nicht solch irdische Dinge zeigen wie sich danebenbenehmende Handwerker; stattdessen lässt sich der Sozialneid nicht nur über Finanzen, sondern gerade auf emotionaler Ebene hervorragend stimulieren. Meiner Erfahrung nach suchen viele Frauen unter der Trockenhaube nämlich durch solche Lektüre nach neuer Inspiration, um über ihre eigenen Männer zu meckern: »Guck mal da, was ein Gentleman – mein Manfred hat mir noch nie die Badewanne mit Rosenblättern gefüllt, in den ganzen dreißig Jahren nicht!« Das Wohltuendste für viele Abonnenten ist aber die Katharsis, wenn sich der Sozialneid im Laufe der Zeit wandeln kann zu fast ungehemmter Schadenfreude, oder der miesesten Form derselben: geheucheltem Mitleid.
    Ich werde nie die Aussagen zu Christina Onassis vergessen, die ich über Jahre hinweg im Salon mitbekommen habe, vom hämischen »Na, so hässlich, wie die ist, braucht die das Geld auch, sonst würde die gar keinen abkriegen«, über neidisches »So ein unsteter Lebenswandel: Alkohol, Drogen, Männergeschichten und die ganze Rumreiserei im Jet-Set, das ist doch alles nicht normal, so was kommt nur davon, wenn man keine ordentliche Arbeit hat und keinen Mann halten kann«, bis hin zum finalen schadenfrohen Mitleid: »Tja, die arme Frau, glücklich war sie nie, und jetzt ist sie auch noch tot – da haben ihr ihre ganzen Millionen nix genützt!«
    Der Sozialneid, der mir bis zu diesem Zeitpunkt entgegenschlug, war hingegen überschaubar: Beim Adventsbasar im Feuerwehrheim hatte ich gemerkt, dass mir gegenüber im Ort eher Stolz vorherrschte, im Sinne von »Die hat’s geschafft, aus der Eifel in die große weite Welt, eine von uns bei der Prominenz!«
    Innerhalb der Branche sah das aber ganz anders aus, da hatte ich mir offensichtlich bereits deutlich mehr Neid erarbeitet. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt oder davon, ob ich die Sendung tatsächlich gut moderierte: Ich war »die Alte, die sich in die Sendung gefickt« hatte (obwohl mit dem Produzenten nie mehr gelaufen war als Gefummel). Das war mein Ruf, und mir war klar, dass ich dieses Etikett so schnell nicht wieder loswerden würde – rückblickend machten die Geschehnisse des Jahres 1995 das auch nicht einfacher …
    Die ersten Monate des Jahres waren noch sehr ruhig. Der Wahnsinn begann erst wirklich, als Ralf

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