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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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-Netzwerke eingeklinkt, sie hatten herumgetwittert – alles ohne Erfolg. So schmorten sie wortlos dahin in der Pension Alpenrose. Nach einer Stunde besonders bedrückten Schweigens sagte Wong:
    »Eine letzte Möglichkeit wäre, sich an Padrone Spalanzani zu wenden.«
    Sie gingen die Risiken im Kopf durch. Die Mafia war ein mächtiges, in manchen Fällen hilfsbereites, aber auch äußerst neugieriges Unternehmen – Geheimnisse waren bei dieser Community nicht gut aufgehoben. Doch es blieb ihnen nichts anderes übrig. Sie wählten schließlich eine Nummer im südlichen Italien. Dort hob der Padrone sogar selbst ab. Im Hintergrund hörte man einen stählernen Tenor eine Opernarie von Giacomo Puccini schmettern,
»Recondita armonia!«
– »Wie sich die Bilder gleichen!« – sang Mario Cavaradossi, gleichzeitig lief im Fernsehen ein Fußballspiel aus der
Serie A
.
    »Meine Mutter konnte das noch«, knurrte Spalanzani.
    »Was konnte sie noch?«, fragte Shan höflich.
    »Ein Ragù alla siciliana, das diesen Namen auch verdient. Es dauert fünf oder sechs Stunden, in dieser Zeit muss das Ragù leise vor sich hinköcheln. Aber am Ende lohnt es sich.«
    Jetzt hörte man Schüsse und einen Schrei durchs Telefon. Shan hoffte, dass die Geräusche nur aus dem Fernsehapparat kamen.
    »Ich werde mal sehen, was ich für euch tun kann«, knurrte Spalanzani wieder. »Früher wäre ich selbst gekommen.«
    Der Tenor sang wieder,
»E lucevan le stelle«
– »Und es blitzten die Sterne«, alle drei hörten sich die Arie bis zum Ende an, Spalanzani mit Genuss, Shan und Wong wäre ein klares Wort lieber gewesen
.
    »Ich schicke euch einen, der das erledigen kann«, sagte Spalanzani schließlich, dann legte er auf.
    Es vergingen noch ein paar Tage, bis sie, nach all dem digitalen Gezwitscher, ganz altertümlich, einen Brief bekommen hatten, der an die Rezeption gelegt worden war, als Margarethe Schober gerade
Für kleine Kitschromanleserinnen
gegangen war. Von der baldigen Ankunft eines Helfers war da die Rede, eines Mitarbeiters, der versuchen würde, ihre Probleme zu lösen. Shan und Wong war nichts anderes übrig geblieben, als weiter zu warten.
     
    Nachdem der Mann mit dem Ziegenbart seine Beobachtungen im Kurort abgeschlossen hatte, nachdem er sich umgekleidet und die Maske des rüstigen Frührentners entfernt hatte, nachdem er die Kleidung entsorgt hatte und nachdem es auch noch Abend geworden war, ging er auf Umwegen in die Pension Alpenrose, ungesehen, ungehört, unbemerkt. Er klopfte an die Tür.
    »Parole?«, fragte Shan leise.
    »Vierschanzentournee«, sagte der späte Gast und wurde eingelassen.
    Da stand er nun vor ihnen: Karl Swoboda, der sich fast im ganzen mitteleuropäischen nicht-legalen Raum seinen guten Ruf als
risalvatore
, als Problemlöser, erworben hatte. Der Österreicher ließ sich jedoch ungern als Mafioso bezeichnen, er arbeitete selbständig, er arbeitete auch hie und da für legale Firmen und Administrationen. Er arbeitete für Regierungen und Dienststellen, er hatte auch noch einige globale Projekte am Laufen. Jetzt aber war der österreichische Problemlöser zu Shan und Wong geschickt worden. Denn er hatte sich gerade in der Nähe aufgehalten, er kannte sich in der Gegend aus, gerade erst letztes Jahr hatte er hier zu tun gehabt.
    »Also, zuerst einmal habt ihr da einen ziemlichen Schaas gebaut«,
sagte Swoboda und nahm seinen aufgeklebten Ziegenbart ab, den er sorgfältig säuberte und in seinem Schminkkoffer verstaute.
    »Schaas?«
    »Bockmist. Scheiß. Pfusch. Ich weiß nicht, wie ihr das nennt. Jedenfalls kostet das einiges, das kann ich euch sagen.«
    Shan und Wong hörten sich die ruppige Begrüßung des Österreichers mit unbewegtem Gesicht an.
    »Wenn der Herr Problemlöser seine Arbeit erledigt hat«, sagte Shan in ihrer Muttersprache zu Wong, »wird er für diese Frechheiten büßen!« Sie sagte es mit einer Gestik und in einem Tonfall, dass Swoboda den Eindruck haben musste, sie hätte Wong gerade etwas übersetzt. Swoboda lächelte. Shan lächelte. Wong lächelte.
     
    »Wollen der Herr Problemlöser etwas trinken?«
    »Ganz lieb, nein danke. Zuerst einmal will ich die vollständige Vorgeschichte wissen, dann werde ich entscheiden, wie es weitergehen soll. Soweit ich verstanden habe, wolltet ihr den Rogge bedrohen, um die Spiele Nullachtzehn zu kriegen?«
    »Genauso war es geplant«, sagte Shan. »Keine aufwendigen Bestechungen von Komiteemitgliedern, sondern der direkte Angriff auf den Kopf

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