Hochzeit auf Raten
wir auf dem Zimmer.«
»Einverstanden! Das wird die Wirkung dieser Demonstration nur erhöhen.«
Alles in allem wurde es ein zauberhafter Abend. Als der kleine Tannenbaum, den wir mitgebracht hatten, in unserem Zimmer brannte, in einem Raum, der nicht einmal uns gehörte, bekamen wir feierliche Gesichter. Auf der Couch lagen die Geschenke, ihre wunderschön verpackt und verschnürt, mit kunstvoll geringelten Maschen, meine mehr als Ausdruck struppiger Genialität. Von der Heizung kam der Geruch schmorender Äpfel.
»Weißt du«, sagte sie in einem Anfall philosophischer Nachdenklichkeit, »gerade weil wir noch kein eigenes Heim haben, spüre ich dich doppelt. Es steckt noch kein Gefühl in Teppichen, Möbeln und Vorhängen. Es gehört noch alles dir.«
»Soll das heißen, daß ich mein Leben lang auf Teppiche und Möbel verzichten muß, wenn ich dich so behalten will, wie du jetzt bist?«
»Gewiß nicht. Es wird nur wieder anders sein als heute.«
Nun verlor auch ich mich in tiefsinnige Betrachtungen.
»Ja, dieses anders«, seufzte ich betreten. »Weiß Gott, wie dieses anders aussehen wird.«
»Du fürchtest, daß wir uns eines Tages nicht mehr so lieb haben könnten?«
Ich nickte trübe.
»Du glaubst, daß wir genauso gleichgültig werden könnten wie die anderen, die auch am Anfang darauf geschworen haben, daß ihre Liebe ewig sei?«
»Was veranlaßt dich eigentlich zu der Annahme, daß ausgerechnet wir eine Ausnahme bilden sollten?«
»Du!« sagte sie.
»Ich?«
»Jawohl du, weil du ein Scheusal bist.«
Ich sah sie verdutzt an.
»Es ist unser Schicksal, daß wir Männer, die unausstehlich sind, bis zum letzten Atemzug lieben müssen. Gefährdet sind nur die Einfachen, Gutmütigen und Stillen.«
»Und ich? An meiner Beständigkeit zweifelst du nicht?«
»Natürlich! Grade an deiner!«
»Dann verstehe ich deinen Optimismus nicht«, sagte ich kopfschüttelnd.
»Hast du noch nie davon gehört, daß man Mäntel imprägniert, um sie wasserdicht zu machen?«
»Was hat das mit mir zu tun?«
»Nun, ich werde dich imprägnieren«, erklärte sie triumphierend.
»Hm, und wie willst du das anfangen?«
»Das ist Betriebsgeheimnis«, sagte sie und versetzte mir einen leichten Klaps auf das Hinterhaupt.
Hierauf begann die Bescherung. Umständlich und mit kaum verhaltener Neugier machte sie sich an die Pakete heran, während ich wie ein Gymnasiast danebenstand, der mit ansehen muß, wie der Professor seinen Aufsatz korrigiert.
»Großer Gott«, betete ich, »schlag sie mit Blindheit! Verwirre ihren Verstand! Laß sie Gefallen an Dingen finden, die keinem vernünftigen Menschen gefallen können!«
Und der liebe Gott half.
Angefangen vom Cocktailkleid über den Kater bis zum Reisewecker wurde alles ein Riesenerfolg. Sie lachte und strahlte, kniff mich in mein Hinterteil und zog mich an den Ohren. Ich geriet darüber so aus der Fassung, daß ich die einzelnen Dinge, die ich vor wenigen Tagen nicht einmal ansehen konnte, immer wieder gegen das Licht hielt und rief: »Ist das nicht süß? Ist das nicht wunderbar? Und so praktisch!«
Vor Glück und Stolz übersah ich beinahe, daß ich auch beschenkt worden war. Ich erhielt ein ledernes Reisenecessaire, einen Pyjama, der so piekfein war, daß man ihn nur im Kasten auf bewahren konnte, einen Stoffpudel als Talisman für Filippo, ein Rasierwasser und eine Garnitur Krawatten, die ebenfalls zu schade zum Tragen waren.
Während die Kerzen herunterbrannten, saßen wir inmitten einer Flut von Weihnachtspapieren, Tannenzweigen und Goldbändern eng umschlungen auf dem Boden und träumten von der Zukunft.
Nein, diese Liebe konnte nie rosten. Wir waren die Ausnahme, die die Regel bestätigte.
»Lind weißt du«, flüsterte ich, als der letzte Docht verglüht war, »was jetzt kommt?«
»Nun?«
Sie verschloß mir die Lippen und enthob mich so der Verpflichtung, auf ihre Frage eine Antwort zu geben.
9
Im dritten Monat unserer Ehe tauchte Mecki auf. Das war zwar nicht sein richtiger Name, aber wir nannten ihn später so.
Ich hatte von seiner Existenz bis zu der Stunde nichts gewußt, da er, ohne mein »Herein« abzuwarten, die Redaktion betrat und sich vor mir aufpflanzte, als wollte er mir meine Bestellung zum Minister überreichen.
»Sie wissen, wer ich bin?« posaunte er, indem sein Blick meine Krawatte versengte.
Ich verneinte.
Nachdem er seinen Namen genannt hatte, frage er neuerlich: »Im Bilde?«
Ich war es noch immer nicht.
Nun geriet seine Festigkeit
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