Hochzeit auf Raten
ins Wanken. Doch er faßte sich schnell wieder.
»Sie lügen!« rief er.
Obwohl durch meinen Umgang mit Politikern an schlechte Manieren gewöhnt, das war zuviel.
»Mein Herr«, sagte ich kalt, »ich habe Ihren Kopf noch in keinem seriösen Journal abgebildet gefunden. Vielleicht, daß er im Kriminal eine Rolle spielt. Aber das gehört Gott sei Dank nicht in mein Ressort!«
Er war mehr verblüfft als beleidigt: »Sie sagen die Wahrheit?«
»Ich glaube, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt.«
»Tja, das kompliziert die Sache allerdings.« Und mit einer weltweiten Handbewegung: »Wir werden sie trotzdem gleich bereinigt haben.« Er ließ sich, wiederum ohne Aufforderung, in meinen einzigen Fauteuil fallen und bediente sich mit einer Zigarre aus seiner Brusttasche.
»Ich bin der Verlobte von Fräulein Isabell«, sagte er hinter einer mächtigen Tabakwolke.
»Wie bitte?«
»Ich bin mit jener jungen Dame verlobt, die hier bei Ihnen im Verlag beschäftigt war. Sie hören richtig: war! Denn ich nehme sie natürlich sofort heraus.«
Ich stand auf.
»Ich glaube«, sagte ich ruhig, »es wird am besten sein, wenn Sie sich jetzt wieder verabschieden. Wir brauchen keine Mitarbeiter für unsere Witzseite. Oder ist es Ihnen lieber, wenn ich Sie durch den Portier hinauswerfen lasse?«
»Wenn Sie unbedingt Wert auf einen Skandal legen«, sagte er schulterzuckend, »tun Sie das!«
Der Mann mußte verrückt sein. Ob ich die Rettung verständigen sollte?
»Ich bin Ingenieur«, fuhr er fort. »Elektroingenieur. Seit einem halben Jahr in Brasilien tätig. Selbstverständlich in glänzender Position. Ich bin herübergekommen, um meine Zelte in Europa endgültig abzubrechen. Wenn ich zurückfahre, wird mich Fräulein Isabell als meine Frau begleiten.«
Langsam wurde mir die Geschichte unheimlich. Er sprach zwar wie ein Verrückter, aber er schien es nicht zu sein. Je länger ich sein rosiges, wohlgenährtes Gesicht mit dem schütteren Blondhaar betrachtete, desto mehr festigte sich in mir die Überzeugung, daß dieser Mann sogar ganz genau wußte, was er tat. Ob am Ende bei mir ein Rädchen lose war? Ich zwickte mich in den Oberschenkel. Ich zwickte mich in den Arm. Die Reaktionen waren normal.
»Was sagen Sie nun?«
»Ich frage mich«, erwiderte ich vorsichtig, »was das alles mit meiner Person zu tun hat?«
»Dachte ich's mir doch. Feig wie alle Männer«, schnaubte er verächtlich, als ob er selbst kein Mann gewesen wäre. »Aber das Leugnen hilft Ihnen nichts. Ich habe einwandfreie Beweise.«
Mit überlegenem Lächeln breitete er vor mir ein Paket Papiere aus, die, wie ich flüchtig feststellen konnte, eine detaillierte Chronik unserer gemeinsamen Erlebnisse enthielten. Sogar die Nummern unserer Hotelzimmer waren angegeben. Auf jedem Blatt prangte in der oberen rechten Ecke der Stempel eines bekannten Detektivbüros.
»Saubere Arbeit«, sagte er wohlgefällig. »Von seiten des Büros natürlich!«
Ich saß noch immer da, als hätte ich den Verstand verloren.
»Dieses Material«, erklärte er, während er die Papiere sorgfältig wieder einsammelte, »läßt keinen Zweifel darüber, was geschehen ist. Es wird von Ihrer Haltung abhängen, inwieweit ich davon Gebrauch mache.«
Ich spürte, wie das Tier, das die ganze Zeit über in meiner Kehle gesessen war, Flügel bekam.
Ich beugte mich über den Tisch, riß ihm die Zigarre aus dem Mund und schrie: »Ich rate Ihnen, lassen Sie Ihre schmutzigen Hände von dieser Sache! Es geht Sie einen Schmarrn an, was passiert ist. Verstehen Sie mich?«
Er glotzte mich an, als hätte ich ein Ei gelegt.
Der Mund, in dem vor Sekunden noch die Zigarre gesteckt hatte, stand offen. Es bereitete mir keine Schwierigkeiten, ihm den Glimmstengel wieder hineinzustoßen.
»Ich dachte«, stotterte er schließlich, »wir würden die Sache erledigen, wie das unter zivilisierten Männern üblich ist.«
»Es gibt nichts zu erledigen«, schrie ich. »Treten Sie ab! Das ist alles!«
»Wie Sie wollen«, murmelte er, »wie Sie wollen.«
Bereits die Türklinke in der Hand, drehte er sich noch einmal um und sagte drohend: »Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich Fräulein Isabell heiraten werde, so wie das zwischen ihren Eltern, ihr selbst und mir vereinbart wurde. Sollten Sie es sich in Zukunft noch einmal einfallen lassen, sich ihr zu nähern, so werde ich das gerichtlich zu ahnden wissen.«
Als ich wieder allein war, begann ich, meinen Schreibtisch aufzuräumen. Ich gab dem Gummibaum
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