Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
Vom Netzwerk:
genügt.«
    »Mir genügt es aber nicht. Ich will und werde meinen Hummer essen. Und er wird mir vortrefflich schmecken, schon allein deshalb, weil du ihn mir vermiesen wolltest.«
    Und so geschah es. Sie aß und aß, daß Gianluigi in Gefahr schwebte, ein zweites Exemplar herbeischaffen zu müssen.
    Ich betrachtete sie wortlos.
    »Ausgezeichnet«, sagte sie, mit vollen Backen kauend, »ganz ausgezeichnet. Ich habe noch nie etwas so Köstliches gegessen. Willst du nicht doch eine Kleinigkeit nehmen?«
    Ich lehnte schon aus prinzipiellen Gründen ab.
    »Es ist dein eigener Schaden. Ein so zartes Fleisch bekommst du nie wieder.«
    »Wenn ich dir raten darf«, mischte ich mich schließlich wieder ein.
    »Ja?«
    »Das Fleisch kann gar nicht so zart und köstlich sein, daß es dir in solcher Quantität nicht schadet.«
    Nun aß sie erst recht. Dabei trug sie ein Gehaben zur Schau, als reiche die Portion gerade aus, um den Appetit für die Hauptmahlzeit anzureizen. Selbst Gianluigi schnitt eine besorgte Miene, als er die leergewordene Platte abservierte.
    »Sie haben völlig leergegessen?«
    »Völlig«, sagte sie strahlend.
    »Oh.« Das war alles, was er hervorbrachte.
    Die weiteren Ereignisse liefen mit der Präzision eines gut gebauten Dramas ab. Zunächst verdüsterte sich ihr Gesicht, dann verlangte sie nach etlichen Fernet Brancas, und als auch das nichts half, trieb sie mich mit hektischer Beredsamkeit ins Zimmer. Dort warf sie sich schweigend aufs Bett und verbot
    mir, das Licht abzudrehen. Schließlich sprang sie, wie von einem Dämon besessen, auf beide Beine und eilte ungeachtet der Tatsache, daß sie halb nackt war, in einer Richtung davon, die keinen Zweifel über das Ziel zuließ.
    Als sie nach langer, sehr langer Zeit zurückkehrte, sah ihr Gesicht aus, als hätte sie einen aufreibenden Winter in einer düsteren Großstadt des Nordens hinter sich.
    »Nun?« fragte ich hinterhältig.
    »Alles in Ordnung«, murmelte sie.
    »Hm.«
    »Mach das Licht aus! Ich bin todmüde.«
    »Wenn du darauf bestehst«, ich konnte mir diese Bosheit nicht verkneifen, »lasse ich dir morgen einen noch größeren und noch schöneren Hummer kommen.«
    Sie schlug mit einem spitzen Gegenstand nach mir. Als ich heraus hatte, daß es eines ihrer süßen Pantöffelchen war, röchelte sie bereits den Schlaf des Gerechten.
    Als wir einige Tage später wieder an Bord des »traghetto« standen, der uns nach Pozzuoli zurückbringen sollte, war uns nicht wie Urlaubern zumute, die nach Hause zurückkehren. Ischia war für uns keine Insel gewesen, kein Urlaub Anno soundsoviel, sondern ein Zustand. Traurig sahen wir den Epomeo seine Gestalt am Horizont verändern und schließlich in jene Linien auseinanderfließen, wie wir sie von unserer Ankunft her noch in dunkler Erinnerung hatten.
    Vorbei! Selbst Filippo, der die ganze Zeit über an einer Felswand in der Sonne gebrütet hatte, blickte melancholisch aus seinen Scheinwerfern.
    »Ich wollte, wir könnten es uns leisten«, sagte ich zähneknirschend, »dem Verleger einen ordinären Brief zu schreiben und den Rest des Jahrhunderts hier zu verbringen.«
    »Bei Tintenfisch?«
    »Jawohl, bei Tintenfisch und Hummermayonnaise.«
    »Nichts gegen den ordinären Brief«, versetzte Isabell vorsichtig. »Auch nichts gegen das Hierbleiben. Nur was den Fisch anlangt — ich sehne mich schon sehr nach richtigen Tiroler Knödeln mit Sauerkraut.«

l6

    Neapel lag hinter uns. Auch Monte Cassino und Pescara. Wir näherten uns San Marino, der kleinsten und ältesten Republik der Welt, die zugleich die letzte Etappe unserer Reise war. Vor Jahren, in grauer Vorzeit unbekümmerten Junggesellendaseins, hatte ich dort einen Jusstudenten kennengelernt und mit ihm fröhliche Ferientage verbracht. Diese unschuldige Tatsache trübte unsere Stimmung.
    »Ich kann nichts Verbrecherisches darin erblicken«, sagte ich, »daß ich Stefano Wiedersehen möchte. Wer weiß, was aus meinem Freund geworden ist?«
    »Freund!« höhnte sie. »Es bedarf keiner besonderen Phantasie, um sich auszumalen, wie dieser Freund aussieht.«
    »Du wirst Gelegenheit haben, dich davon zu überzeugen.«
    »Ich denke nicht daran, deine verflossenen Liebschaften zu begutachten.«
    »Stefano ist ein Mann.«
    »Aber er hat eine Schwester?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Oder Kusinen?«
    »Auch nicht!«
    »Zumindest hatte er weibliche Bekannte, Studentinnen?«
    »Das ist wohl selbstverständlich.«
    »Du gibst es also zu?«
    »Was zu?«
    »Daß dieser

Weitere Kostenlose Bücher