Hochzeit auf Sizilianisch
sich, dass Renato nicht längst Einspruch erhoben hatte.
Schließlich wusste sie von Lorenzo, dass er fest damit gerechnet hatte, selbst Eigentümer von Bella Rosaria zu werden, und so erwartete sie beinahe täglich seinen Besuch.
Doch die Tage gingen ins Land, ohne dass Renato sich blicken ließ. Anstatt aber erleichtert darüber zu sein, begann sich Heather zunehmend über seine Gleichgültigkeit zu ärgern. Offensichtlich ging er davon aus, dass sich die Angelegenheit irgendwann von selbst regeln würde - und zwar in seinem Sinne.
Denn nicht anders hatte es sich mit der nächtlichen Begegnung im Garten verhalten. Mittlerweile war Heather zu der Überzeugung gelangt, dass er es seit der ersten Begegnung im Gossways darauf abgesehen hatte, sie zu küssen. Und nachdem er seinen Willen bekommen hatte, hielt er es nicht mehr für nötig, sich mit ihr, Heather, abzugeben.
Allerdings musste sie zugeben, dass sie seinen Kuss nicht weniger lange herbeigesehnt hatte. Und obwohl sie seinerzeit einen anderen Mann geliebt hatte, wäre es um ein Haar schon auf der Santa Maria dazu gekommen.
Nach dem Debakel in der Kathedrale hatte sie sich in ihr Schneckenhaus verkrochen und nichts und niemanden an sich herangelassen. Erst in jener Nacht am Brunnen hatte sie sich wieder geöffnet, und Renatos Zärtlichkeiten hatten ihre Gefühle mit einer Heftigkeit geweckt, die ihr beinahe Angst gemacht hatte.
So gesehen, war Baptistas Vorschlag, sich nach Bella Rosaria zurückzuziehen, genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen.
Doch nun fühlte sie sich wieder stark genug, Renato unter die Augen zu treten.
Bei ihrem nächsten Besuch sprach sie Baptista vorsichtig auf ihn an und erfuhr, dass er gemeinsam mit Lorenzo eine Geschäftsreise angetreten hatte. Ihre Mutter fühlte sich ohne die Söhne ziemlich einsam, aber sie freute sich auch, dass die beiden endlich Gelegenheit hatten, gemeinsam zu verreisen.
Widerwillig stimmte Heather ihr zu.
Der Einzige, dem sie häufiger begegnete, war Bernardo. Er war blass und wirkte unglücklich. Um ihn ein wenig aufzuheitern, lud Heather ihn zum Essen nach Bella Rosaria ein und berichtete ihm ausführlich von Angie, die ihr zwischenzeitlich schon zwei lange Briefe geschrieben hatte. Bernardo sprach kaum ein Wort, doch sein Gesichtsausdruck verriet, dass er alles, was Heather erzählte, gebannt verfolgte und in sich aufsog. Er schien Heathers Verständnis sehr zu genießen, denn er blieb länger, als er vorgehabt hatte, und als er sich spät am Abend verabschiedete, hatte Heather in ihm einen guten Freund gefunden.
Je mehr Zeit verging, desto wohler fühlte sie sich auf der Insel, die ihr längst zur Heimat geworden war. Trotzdem zwang sie sich eines Tages, im Gossways anzurufen. Zu ihrem großen Schrecken musste sie jedoch erfahren, dass der Platz im hauseigenen Fortbildungsprogramm inzwischen anderweitig vergeben worden war, und auch ihre Stelle in der Parfümerieabteilung war neu besetzt worden. Womit sich die Nachfrage erübrigt hatte, ob ein gewisser Renato Martelli sich für sie verwandt hatte.
Eine geschlagene Woche verging, bis sie eines Mittags vom Wintergarten aus Renatos Auto sah, das sich in hohem Tempo der Villa näherte.
Während Heather zur Haustür ging, strich sie sich schnell das Haar zurecht und nahm sich fest vor, Renato zwar freundlich, aber mit der gebotenen Zurückhaltung zu empfangen.
Doch nicht Renato stieg aus dem Auto und winkte ihr fröhlich zu. "Schön, dich zu sehen, Heather", begrüßte Lorenzo sie, als er die Treppe hinaufgestürmt war, und lächelte, als wäre zwischen ihnen alles in bester Ordnung. "Ich wollte mal sehen, wie es dir geht."
Es dauerte eine ganze Weile, bis Heather sich wieder gefangen hatte. Lorenzos Besuch kam mehr als überraschend, und dass er von der Geschäftsreise zurück war, legte die Vermutung nahe, dass auch Renato wieder auf Sizilien war.
Warum ließ er sich dann nicht endlich blicken?
"Danke der Nachfrage", erwiderte sie förmlich. "Wie du siehst, geht es mir gut."
"Ist es dir hier draußen nicht zu einsam?" erkundigte sich Lorenzo.
"Es gibt Schlimmeres, als allein zu sein", antwortete sie spitz. "Willst du nicht ins Haus kommen?"
Lorenzo reagierte auf ihre Bemerkung mit einem herzlichen Lächeln.
Überhaupt schien er bester Laune - was ihn mindestens so attraktiv machte wie sein Äußeres. Er trug eine schlichte Leinenhose und ein kurzärmeliges Hemd, das nur zur Hälfte zugeknöpft war.
"Empfindest du die Atmosphäre hier
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