Hochzeit im Herbst
blieb Rebecca stehen.
„Hühner züchten Sie also auch. Wegen der Eier?”
„Wegen der Eier, sicher. Und zum Schlachten.”
„Sie essen Ihre eigenen Hühner?”
„Da weiß man wenigstens, was man hat, Schätzchen. Warum sollte ich mir meine Hähnchen auf dem Markt kaufen? Möchten Sie zum Essen bleiben?”
„Oh, nein, danke”, gab sie matt zurück.
„Waren Sie schon mal bei einem Schlachtfest? Wir halten einmal im Jahr eins ab, das wir mit einer Spendenbeschaffungsaktion für die örtliche Feuerwehr verbinden. Morgens gibt’s immer ein Riesenfrühstück, und dann geht’s los.”
Sie presste sich eine Hand auf den Magen, der plötzlich zu rebellieren begann. „Sie machen sich bloß über mich lustig.”
„Nein, wirklich, Sie müssen mal von einer Wurst kosten, die …”
„Ich überlege gerade, ob ich nicht vielleicht Vegetarierin werden sollte”, erwiderte sie schnell.
Rebecca betrat den Stall und ließ den Blick über die Boxen und Verschläge schweifen. Der Zementboden fiel zur Mitte hin leicht ab. Aus dem Heu stiegen Staubpartikel auf, die ihr einen Juckreiz in der Nase verursachten. Es war dämmrig und roch streng nach Tieren.
Rebecca schlenderte an den Boxen entlang und stieß einen erstickten Schrei aus, als überraschend ein Rind seinen Kopf hob und sie anblökte.
„Sie hat eine Infektion”, erklärte Shane und unterdrückte ein Lächeln.
„Deshalb muss ich sie derzeit von dem anderen Vieh getrennt halten.”
Rebecca beruhigte sich wieder. „Oh. Sie ist ja riesengroß.”
„Ach, das kommt Ihnen nur so vor. Im Verhältnis zu den anderen ist sie sogar eher klein. Sie können sie anfassen. Hier oben.” Er nahm Rebeccas Hand und legte sie der Kuh auf die Stirn.
„Wird sie wieder gesund werden?”
„Aber ja. Sie befindet sich schon auf dem Weg der Besserung.”
„Sie behandeln Ihre Tiere selbst? Lassen Sie keinen Tierarzt kommen?”
„Nicht bei jeder Kleinigkeit.” Es gefiel ihm, ihre Hand unter seiner zu spüren, die Art, wie sie sich verkrampfte und dann langsam wieder entspannte. Die Art, wie sich jetzt ihre Finger spreizten, um der Kuh das Fell zu kraulen.
Merkwürdig, wie sie ihn ansah. Sie stellte für ihn eine Herausforderung dar, der er nur schwer widerstehen konnte. Mutwillig streifte sein Blick ihren Mund. „Was machen Sie denn mit all diesen akademischen Graden, von denen Regan mir erzählt hat?”
„Einfach nur sammeln.” Sie hatte Mühe, ihre Stimme ruhig zu halten.
„Warum?”
„Weil Wissen Macht bedeutet.” Er flirtete jetzt ganz unverhohlen mit ihr.
Dem musste sie ein Ende bereiten. Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück und holte tief Luft. „Hören Sie, ich bin wirklich sehr interessiert an der Farm, und ich hoffe, dass Sie mir demnächst alles noch ein bisschen ausführlicher zeigen. Aber jetzt würde ich mir gern noch das Farmhaus ansehen, insbesondere die Küche, wo der junge Soldat gestorben ist.”
„Die Blutlache haben wir aber schon lange aufgewischt.”
„Beruhigend zu hören.” Sie hob den Kopf. „Gibt es ein Problem?”
Ja, es gab ein Problem. „Regan hat mich gebeten, kooperativ zu sein, also tue ich mein Bestes. Ihr zuliebe. Allerdings muss ich gestehen, dass mir die Vorstellung, dass Sie auf der Suche nach Gespenstern in meinem Haus herumschnüffeln, nicht besonders behagt.”
„Sie haben doch sicher keine Angst vor dem, worauf ich unter Umständen stoßen könnte, oder?”
„Ich habe vor überhaupt nichts Angst.” Sie hatte einen wunden Punkt berührt. „Ich habe nur gesagt, dass es mir nicht gefällt.”
„Warum gehen wir nicht einfach hinein? Sie bieten mir einen kühlen Drink an, und dann sehen wir, ob wir nicht einen Kompromiss finden.”
Dagegen ließ sich schwerlich etwas einwenden. Er nahm wieder ihre Hand, diesmal allerdings ohne Hintergedanken. Doch als sie die Hintertür erreicht hatten, beschloss er, sich noch eine zweite Chance zu geben. Für eine Wissenschaftlerin duftete sie verdammt gut.
„Ich habe Eistee, wenn Sie möchten”, bot er an.
„Großartig.” Das war alles, was sie sagte, während sie in der Tür stand und sich erstaunt umsah.
Die Küche mit dem großen Holztisch, auf dem noch die aufgeschlagene Morgenzeitung lag, den robusten Holzstühlen und den Schränken mit den Glastüren, hinter denen man das Geschirr sehen konnte, erweckte einen gemütlichen Eindruck. Sie war genau das, was sie als eine Familienküche bezeichnet hätte.
Auf dem Fensterbrett standen kleine Töpfe mit
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