Hochzeit im Herbst
ohrfeigen?”
„Bestimmt nicht.”
„Es war doch nur Schlamm.” Er zog ihre Hand an die Lippen. „Stand dir gut.”
Sie wollte ihre Hand wegziehen, aber er hinderte sie daran. „Ich versuche zu arbeiten.”
Er griff nach dem Strauß und hielt ihn ihr hin. „Ich bin verrückt nach dir.”
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. War es wirklich so wichtig, in jeder Situation Haltung zu bewahren, koste es, was es wolle? „Wenn man bei strömendem Regen Blumen pflückt, muss man tatsächlich ziemlich verrückt sein.”
„Bei meiner Mutter hat es auch immer funktioniert. Du hast mich heute sehr stark an sie erinnert, weißt du das eigentlich? Obwohl sie ein bisschen unsanfter mit uns umgesprungen ist. Wenn sie dazwischengegangen ist, fühlten wir uns hinterher jedes Mal ein paar Zentimeter kleiner.”
Rebecca konnte nicht widerstehen, steckte ihre Nase in den Strauß und atmete den Duft der Wildblumen tief ein. „Sie muss eine sehr außergewöhnliche Frau gewesen sein.”
„Sie war großartig”, gab Shane schlicht zurück. „Sie und mein Vater waren die besten Eltern, die man sich vorstellen kann. Sie waren immer für uns da.” Er streckte die Hand aus und fuhr Rebecca mit dem Zeigefinger über die Wange. „Deshalb fühle ich mich auch nie wirklich einsam.”
Sie stand auf und schob ihren Stuhl zurück. „Besser, ich stelle sie gleich ins Wasser”, sagte sie und deutete auf die Blumen. „Sonst verwelken sie noch.”
Ihm wurde klar, dass sie nicht die Absicht hatte, von sich zu erzählen, auch wenn er mit seiner letzten Bemerkung versucht hatte, das Gespräch in diese Richtung zu lenken. „Rebecca …”, begann er, aber sie unterbrach ihn sofort.
„Warum hast du dich denn mit deinen Brüdern geprügelt?” Sie lenkte ihn schnell ab, weil sie ahnte, worauf er hinauswollte.
„Ach, nur so.” Dann aber fasste er einen Entschluss. Offenheit gegen Offenheit. „Deinetwegen.”
Überrascht sah sie ihn an. „Meinetwegen? Du machst wohl Witze, was soll das denn heißen, meinetwegen?”
„Nein. Aber es war keine große Sache. Rafe hat irgendwas gesagt, das mich auf die Palme gebracht hat. So geht es immer bei uns.”
Er kam zu ihr herüber und nahm einen Glaskrug aus dem Schrank. „Sie denken, dass ich dich ausnutze.”
„Ich verstehe.” Aber sie verstand nicht. Sie nahm ihm die Vase aus der Hand und füllte sie mit Wasser. Dann begann sie mit ihrer üblichen Sorgfalt, die Blumen zu arrangieren. „Du hast ihnen erzählt, dass wir miteinander schlafen.”
„Das war nicht nötig.” Er wusste, was sie dachte. Schlafzimmergespräche unter Männern, Augenzwinkern und verständnisinnige Rippenstöße. „Rebecca, ich habe nie ein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen, das schwöre ich dir. Aber meine Brüder kennen mich einfach zu gut. Sie haben es alle sofort erraten.”
Vielleicht hätte er etwas erzählt, wenn es sich nicht um sie, sondern um eine andere Frau gehandelt hätte. Das lag durchaus im Bereich des Möglichen.
Er war kein Mann, der mit seinen Frauenbekanntschaften herumprahlte, aber zwischen ihm und seinen Brüdern hatte es in dieser Hinsicht nie Geheimnisse gegeben. Seltsamerweise hielt er jedoch seine Gefühle für Rebecca strengstens unter Verschluss. Er wusste selbst nicht, warum es bei ihr anders war.
Und wenn sich Rafe oder sonst wer unter anderen Umständen bemüßigt gefühlt hätte, ihm die Leviten zu lesen, wäre ihm das wahrscheinlich herzlich gleichgültig gewesen. Doch diesmal betraf es Rebecca, und das hatte ihn geschmerzt …
„Was, zum Teufel, ist das nur?”, fragte er.
„Ich würde sagen, Kaffee.”
„Was?” Er sah in den Becher, den er, ohne es zu merken, in die Hand genommen hatte. „Das meine ich nicht. Nein, ich war mit meinen Gedanken woanders. Hör zu, es war keine große Sache. Unser Kampf, meine ich. So regeln wir unsere Meinungsverschiedenheiten immer.” Er lächelte. „Es macht Spaß, ab und zu ein bisschen Dampf abzulassen.”
„Aha.” Sie stellte die Vase auf den Tisch.
„Ich empfinde etwas für dich.” Shane lauschte erschrocken seinen Worten nach, die ihm unbeabsichtigt über die Lippen gekommen waren.
Schockiert hob er den Becher und leerte ihn in einem Zug. „Ich glaube, ich wollte nur nicht, dass irgendjemand denkt, ich wäre nur scharf darauf, dich ins Bett zu zerren.”
Wärme durchflutete sie. Eine gefährliche Wärme. Liebe. Sie wartete einen Moment, dann sagte sie: „Wir wissen beide, dass es nicht so
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