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Hochzeit im Herrenhaus

Hochzeit im Herrenhaus

Titel: Hochzeit im Herrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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gewöhnt, dass man ihre Ansichten infrage stellte. Statt zu antworten, presste sie die Lippen zusammen. Ihr Bruder blinzelte verwundert, und Sarah schien das Muster des Teppichs hochinteressant zu finden. Aber Louise strahlte über das ganze Gesicht.
    Und der Viscount konnte ein boshaftes Lächeln nicht unterdrücken. Schließlich brach er das drückende Schweigen. “Auch ich weiß die musikalische Begabung unserer jungen Cousine zu schätzen. Vielleicht möchtest du uns bei Grandmamas Geburtstagsfeier etwas vorspielen, Louise? Natürlich musst du dich nicht dazu verpflichtet fühlen”, fügte er hastig hinzu, als das Mädchen erschrocken nach Luft schnappte. “Wie wir alle wissen, hat die alte Dame an allem und jedem etwas auszusetzen. Aber wir anderen würden uns sehr über deine künstlerische Darbietung freuen.”
    “Unsere Mama ebenso, wenn du uns nächste Woche auf unserer Party mit einem kleinen Konzert unterhalten würdest, Louise”, sagte Caroline, nachdem sie ihren Unmut bezähmt hatte. “Wird uns Miss Milbank auch beehren – wenn sie dann noch hier ist?”
    “O ja”, versicherte Greythorpe, bevor Annis die Einladung höflich ablehnen konnte. “Allerdings bleibt abzuwarten, ob sie sich ebenfalls ans Pianoforte setzen und ihr bemerkenswertes Talent beweisen wird.”
    Annis wusste nicht, ob sie sich geschmeichelt fühlen oder ärgern sollte. Eines Abends hatte sie in seiner Gegenwart mit Louise vierhändig gespielt und sein Lob für aufrichtig gehalten. Aber mit ihren vierundzwanzig Jahren pflegte sie ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und selbst zu bestimmen, mit wem sie ihre Zeit verbringen wollte. Wieso erkundigte sich der Viscount nicht nach ihren Wünschen? Und warum sollte sie die Party seiner Nachbarn besuchen?
    “Nun, dann freuen wir uns darauf, Sie nächste Woche bei uns zu begrüßen, Miss Milbank”, betonte Charles Fanhope, da seine Schwester sich nicht zu einer solchen Lüge durchringen konnte. Wie Annis ihr anmerkte, wäre sie viel glücklicher, wenn sie ihr nie mehr begegnen müsste.
    Trotzdem gelang es der arroganten Miss Fanhope, sich genauso höflich von den Damen zu verabschieden wie ihr Bruder, und der Viscount begleitete die Besucher hinaus.
    Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, machte Louise ihrem Ärger Luft. In der Gegenwart ihres Cousins hätte sie es nicht gewagt, dachte Annis verständnisvoll.
    “Oh, diese unmögliche Person!”, stieß das Mädchen zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    “Offenbar sind Sie Miss Fanhope nicht sonderlich gewogen”, meinte Annis und beobachtete, wie sie die kleinen Hände ballte.
    “Allerdings nicht! Keine Gelegenheit lässt sie aus, um mich zu verunglimpfen! Nur weil ich nicht mehr reite!”
    “Das macht sie sicher nicht mit Absicht”, warf Sarah ein, was aber nicht allzu überzeugend klang. “Wahrscheinlich hängt es mit ihrer Erziehung zusammen. Lady Fanhope hat ihre Söhne sehr verwöhnt, vor allem Charles, den sie immer noch bevorzugt. Aber um ihre einzige Tochter kümmerte sie sich nur, um ihr sämtliche Fertigkeiten, die sich für eine vornehme Dame geziemen, und untadelige Manieren beizubringen.”
    Annis griff wieder nach ihrer Stickerei. “Wenn Miss Fanhope so tüchtig ist, wie du es sagst, Sarah – warum hat sie dann noch nicht geheiratet? Immerhin sieht sie wundervoll aus.”
    “Während ihrer Saison bekam sie mehrere Anträge, die sie alle ablehnte. Leider verlor Lord Fanhope vor ein paar Jahren wegen einiger ungünstiger Investitionen ein Vermögen und wurde gezwungen, seinen Besitz mit Hypotheken zu belasten. Da sich die Familie einschränken musste, kam für Caroline keine zweite Saison infrage. Aber ich glaube, mittlerweile geht es unseren Nachbarn nicht mehr so schlecht. Charles fährt einen fashionablen Phaeton mit einem edlen Gespann und besitzt eine eigene Reisekutsche.”
    Erstaunt schüttelte Annis den Kopf. “Wenn Caroline nur eine einzige Saison vergönnt war – wieso hat sie alle Bewerber abgewiesen?”
    Als sie keine Antwort bekam, blickte sie auf und sah Sarah den Teppich anstarren, der auch vorhin ihr ungeteiltes Interesse erregt hatte. Da erriet Annis die Zusammenhänge, doch sie wusste nicht, warum ihr die Erkenntnis ein so schmerzliches Unbehagen bereitete. “Also hofft sie, ein Gentleman, der in ihrer Nähe lebt, würde um ihre Hand bitten?”
    Sarah errötete. “Nun ja – Papa machte nie ein Geheimnis daraus, wie sehr ihn diese Verbindung beglückt hätte. Seit

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