Hochzeit in Hardingsholm
Lara. Sie kannte Torsten von ihren Besuchen bei Hellen in Stockholm, und die beiden mochten sich.
»Ich wollte ihm nur nicht die Möglichkeit nehmen, dich zu überraschen und erst einmal ganz allein zu begrüßen«, sagte Lara.
»Ich wollte Hellen zum Essen ausführen, aber sie will dich nicht allein lassen«, sagte Torsten zu Lara.
Hellen ärgerte sich darüber. Sie hätte es Lara gerne selbst gesagt, oder noch lieber wäre es ihr gewesen, wenn die Freundin mitgekommen wäre. Natürlich blieb Lara jetzt nichts anderes übrig, als ihr zu versichern, dass sie Torstens Einladung annehmen sollte.
»Du bist noch lange genug hier, um für mich zu kochen«, sagte sie lächelnd.
»Wir haben schließlich etwas zu feiern«, griff Torsten Hellen zuvor.
»So?« Laras fragender Blick pendelte zwischen Hellen und Torsten hin und her.
»Lies!« Hellen reichte ihr den Brief von ScanAm.
»Das ist ja fantastisch«, rief Lara aus, nachdem sie den Brief überflogen hatte. Sie umarmte Hellen. »Jetzt bist du endlich da, wo du immer sein wolltest: Du fliegst große Passagiermaschinen und bist bald auf der ganzen Welt zu Hause. Ich freue mich so für dich.«
Hellen betrachtete ihre Freundin dankbar. Lara hatte recht, sie war bald da, wo sie immer sein wollte, und flog mit Passagiermaschinen durch die große, weite Welt. Zuhause würde sie da aber nicht sein. Zuhause, wo Menschen lebten, die ihr wichtig waren. Die Menschen, die sie transportierte und für deren Wohl sie verantwortlich war, waren letztendlich nichts als eine anonyme Masse. Personen, die sie nicht kannte und die sie nicht kannten.
Nachts würde sie in Hotelzimmern schlafen, tagsüber war sie mit einer ständig wechselnden Crew unterwegs. Die einzigen Konstanten in ihrem Leben würden die Wohnung in Stockholm und Torsten sein …
Begann sie jetzt etwa doch, ihren größten Berufswunsch und ihr zukünftiges Leben in Frage zu stellen?
Hellen bekam nur am Rande mit, dass Lara einen Anruf auf ihrem Handy erhielt. Als Lara ihr das Handy mit den Worten »Erik Torberg will dich sprechen« überreichte, schlug ihr Herz bis zum Hals. Mit dem Bewusstsein, dass nicht nur Lara, sondern vor allem Torsten sie anschauten, bemühte sie sich, so normal wie möglich auszusehen und zu sprechen, und meldete sich.
»Hej, Hellen!«
»Hej, Herr Torberg!« Sie widerstand dem Bedürfnis, ihn mit dem Vornamen anzusprechen, das erschien ihr unverfänglicher.
Andererseits, was war schon verfänglich in ihrem Umgang mit Erik Torberg? Mal abgesehen von ihrem eigenen Gefühlschaos, das ihr immer dann besonders bewusst wurde, wenn sie Erik sah oder mit ihm sprach. So wie jetzt.
Erik schien ihre förmliche Anrede nicht einmal aufzufallen. Er wirkte ungewöhnlich nervös.
»Ich muss ganz dringend meinen Bruder von Drömsö abholen. Können Sie mich hinfliegen?«
»Also, eigentlich wollte ich …«, begann Hellen, aber Erik fiel ihr ins Wort.
»Bitte, es ist ein Notfall.«
»Vielleicht kann Lara ja …«
Diesmal war es Lara, die sie unterbrach, indem sie mit der Hand wedelte und Hellen zuflüsterte: »Ich muss gleich noch für Iburg fliegen.«
»Okay, ich mache es«, gab Hellen nach. Sie wollte einen von Laras besten Kunden nicht vergraulen, sie wollte Erik Torberg auch nicht im Stich lassen – und sie wollte ihn wiedersehen.
»Treffen wir uns in einer halben Stunde auf Hardingsholm?«, bat Erik.
»In einer halben Stunde«, bestätigte Hellen und ignorierte Torstens ärgerliche Miene.
»Und was ist mit unserer Feier?«, beschwerte sich Torsten, nachdem sie das Gespräch beendet hatte.
»Wir können doch morgen noch feiern«, sagte Hellen beschwichtigend.
»Morgen muss ich wieder weg.«
»Dann eben ein anderes Mal. Die Feier läuft uns doch nicht weg«, sagte Hellen ruhig.
Torsten wirkte immer noch verärgert.
»Es tut mir leid«, sagte Hellen.
»Mir auch«, fiel Lara ein. »Ich hätte den Flug gerne übernommen, aber Iburg ist auch ein sehr wichtiger Kunde, den kann ich jetzt nicht hängen lassen.«
»Und bei Erik Torberg scheint es sich um einen dringenden Notfall zu handeln«, erklärte Hellen. »Er muss seinen Bruder abholen, der sich gerade auf Drömsö befindet. Er kann ihn nicht erreichen, weil der sein Handy nicht mit auf diese Insel genommen hat.«
»Gut, wenn es nicht anders geht.« Seufzend bückte sich Torsten nach der Einkaufstüte, die Hellen neben sich abgestellt hatte. »Dann fliegt ihr mal zu euren Einsatzstellen, und ich koche das Abendessen für uns
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