Hochzeit in St. George (German Edition)
er aus Leibeskräften. »Wer hat diesen französischen Kohlensack in meinem Salon abgeladen?«
Catharine verstand diese Anspielung auf ihre schwarze Kleidung sofort. Daß er sie einen Kohlensack nannte, wollte sie nicht unwidersprochen hinnehmen. Sie beschloß, aufzustehen und ihm in die Halle zu folgen. Zu ihrem Erstaunen wurde eben die Haustür ein zweites Mal geöffnet, und eine Stimme, die noch viel lauter brüllen konnte, war deutlich zu vernehmen: »Habe ich Sie also, Willowby! Denken Sie, ich lasse Sie so einfach entwischen? Sie kommen jetzt mit mir und werden sich in angemessener Form bei Constance entschuldigen. Und dann wird geheiratet. Ob Sie wollen oder nicht.«
»Ich sagte Ihnen bereits, daß ich Constance nicht heiraten kann«, erwiderte Richard störrisch und hoffte, es würde ihm endlich ein plausibler Grund einfallen. Da erschien Catharine im Türrahmen. Aberfield starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Wer ist das?« wollte er wissen. Catharine wirkte gespenstisch in ihrem schwarzen Kleid, mit den bleichen Wangen. Hinter ihr der kahle Hintergrund des Empfangszimmers. Da hatte Willowby die rettende Idee. Die Französin würde ihn ohnehin nicht verstehen. Also bestand keine Gefahr, daß sie seine Lügen aufdeckte. »Darf ich Ihnen meine Verlobte vorstellen, Sir«, sagte er, sichtlich erfreut, einen Ausweg aus seinem Dilemma gefunden zu haben. Mit diesen Worten trat er näher an die fremde schwarze Frau heran.
Aberfield war sichtlich aus der Fassung gebracht. »Ihre Verlobte, Wiliowby!« brüllte er. »Einen schönen Bräutigam haben Sie da, Miss. Eben habe ich ihn in flagranti erwischt. Mit meiner Tochter. Halb nackt!«
Catharine blickte von einem zum anderen. Dieser Abend schien voller Überraschungen zu sein. Zuerst dieses seltsame leere Haus, dann dieses ungewöhnliche Schauspiel. Der dicke Mann mit den ungehobelten Manieren war ihr vom ersten Augenblick an unsympathisch. Vielleicht war das eine Gelegenheit, sich Hettys Bruder gewogen zu machen, wenn sie sein Spiel mitspielte. Offensichtlich war er eben dabei, eine Verlobung mit ihr vorzutäuschen, um einer anderen Verbindung zu entgehen. »Meine Verlobte spricht nur französisch«, meldete sich nun Richard Wiliowby zu Wort. Insgeheim hoffte er, der Earl würde nicht bemerken, daß er selbst kein Wort französisch sprach. Sicher würde er sonst die Verlobung anzweifeln.
»Aber nein, laß nur, mon chérie«, meldete sich die Fremde zu seiner Überraschung mit deutlich französischem Akzent zu Wort. »Würdest du mir den Herrn vorstellen, der so wild in dein Haus eindrang. Ich bin so erschrocken, mon Dieu. «
Richard warf ihr einen überraschten Blick zu. Sie hatte ihn also verstanden und sich entschlossen, die Rolle, die er ihr zugedacht hatte, zu spielen. Wer sie wohl sein mochte? Doch wer immer sie war, sie schickte der Himmel. »Oh, entschuldige, mein Schatz«, sagte er betont liebevoll, »das ist Seine Lordschaft, der Earl of Aberfield. Und das, Sir, ist meine Verlobte Catharina …«, er stockte. Er hatte den Namen vergessen, den sie ihm genannt hatte. Catharine fiel ihm ins Wort. »Ich mag es nicht, wenn du mich Catharina nennst«, sagte sie scheinbar beleidigt, »Catharine de la Falaise. Catharine. Mit ›e‹ am Ende, nicht mit ›a‹.«
Richard lachte: »Natürlich, meine Liebe. Catharine de la Falaise.« Seine Lordschaft verbeugte sich notgedrungen.
»Sie haben meinen Verlobten mit Ihrer Tochter erwischt?« erkundigte sich Catharine interessiert. »Wer von beiden war halb nackt? Richard oder Ihre Tochter?«
»Meine Tochter!« rief der Earl empört.
»Oh, Sir, was für ein schlimmes Mädchen. Sie haben mein vollstes Mitgefühl.«
Richard ließ einen amüsierten Laut hören, doch der Earl war von dieser Bemerkung gar nicht angetan. »Ich glaube nicht an diese Verlobung!« brüllte er. »Irgend etwas ist faul. Ich habe Sie noch nie gesehen. Habe noch nie von einer Familie de la Falaise gehört Alles Schwindel.«
»Sie sehen doch, daß meine Verlobte in Trauer ist. Natürlich geht sie nicht in Gesellschaft …«, begann Richard zu erklären.
»Papperlapapp!« unterbrach ihn der Earl. »Aber wir werden ja sehen, wer hier die Wahrheit spricht. Wenn Sie in drei Tagen nicht mit dieser Französin verheiratet sind, dann werden Sie Constance heiraten. Oder ich mache Sie fertig, Willowby. Das können Sie mir glauben. Ich schaffe das. Und ich schaffe es, daß Ihr Vater Sie enterbt und daß Sie nicht einmal das wenige bekommen, das
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