Hochzeit ins Glück (Fürstentraum) (German Edition)
lachen, streckte die Hand nach dem Sekt aus und nahm ein Schlückchen.
Solange es bei diesem einen Glas bleibt, ist wohl nichts dagegen einzuwenden.
Eine Stunde später saßen Christine und Janine auf der Fensterbank und sahen hinunter auf den Potsdamer Platz. Zwischen den beiden Frauen stand die leere Sektflasche.
“Schau nur da unten, wie sie alle rennen, hin und her, für nichts und wieder nichts”, sagte Christine ehrlich bekümmert. “Und ich renne genau so. Ob es das wirklich wert ist? Ich reiße mir den ganzen Tag du weißt schon was auf, dann werde ich älter, dann krank, und schließlich werde ich irgendwann entlassen wie die arme Frau Meyerbeer. Und das natürlich in gegenseitigem Einvernehmen.” Sie malte imaginäre Gänsefüßchen in die Luft.
“Grübel nicht, Kind, bis zur Rente sind ja noch ein paar Jahre”, erwiderte Janine heiter. “Trink lieber noch ein Glas, bevor du endgültig einen moralischen kriegst.”
Christine sah ihre Freundin an. Janine war die Karriere vollkommen gleichgültig. Sie segelte förmlich durch den Tag, machte ihre Arbeit von neun bis fünf und nicht eine Minute länger. Wie wunderbar mußte es sein, so locker durchs Leben gehen zu können. Und ich mache mir Streß ohne Ende und was habe ich letztlich davon? Eine nicht besonders tolle Wohnung mit einem ungemachten Bett und kranken Pflanzen. Als Bonus ein verbeultes Auto und eine Katze, die nicht mit mir redet. Noch drei Jahre in der Art und ich kriege graue Haare und mein erstes Magengeschwür. Noch bevor ich dreißig bin. Bescheuert.
“Will nichts mehr trinken, außerdem ist die Flasche leer”, sagte sie dann.
“Auch wahr. Warte, ich mache noch eine auf.”
“Nee, laß mal, ich hab’ genug.”
Christine sah auf ihre Hände.
“Janine, ich fühle mich wirklich mies. Wenn ich tatsächlich die Abteilung übernehme, dann nur, weil Frau Meyerbeer rausgeschmissen wurde. Ich will ja vorankommen, aber doch nicht so.”
“Wenn, wenn, wenn - das sind doch ungelegte Eier, du machst dir ganz umsonst Gewissenbisse. Außerdem, wenn du die Stelle nicht nimmst, dann macht es eben jemand anders aus der Abteilung oder ein Externer. Und Frau Meyerbeer ist dann immer noch arbeitslos.”
“Tolles Argument.”
Janine zuckte die Schultern.
“Es liegt natürlich bei dir. Aber stell’ dir nur mal vor, der Chef kommt jetzt hier rein und bietet dir den Posten an, zusammen mit einer saftigen Gehaltserhöhung, Firmenauto, Bonus, goldene Uhr, Puderzucker, was weiß ich. Würdest du dann nein sagen?”
Christine schwieg.
“Siehst du. Würdest du natürlich nicht. Da wärst du ja auch schön blöd. Und Abteilungsleiterin bei Tacke Investments, überleg’ mal, wie sich das in deinem Lebenslauf machen würde. Da würden dir alle Türen offenstehen, nicht nur hier. Außerdem, aus der Position ist es auch gar nicht mehr so weit bis da oben hin.”
Janine zeigte zur Decke.
“Aber das weißt du ja selber.”
“In den Vorstand, in meinem Alter - das glaubst du doch selbst nicht.”
“Warum nicht, ist doch keine Behörde hier, wo es nur auf das Dienstalter ankommt. Wenn du gut bist, kann das hier mit der Kariere schneller gehen, als du denkst.”
Gelächter und Stimmengewirr drangen vom Flur in Christines Büro.
“Das sind bestimmt Fritz und Werner vom Vertrieb. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen uns abholen, wenn wir nicht um sechs in der Kantine sind. Wir wollen doch nicht, daß die ohne uns anfangen” sagte Janine und streckte sich. Dann nahm sie die Hand ihrer Freundin.
“Komm schon, es wird dir Spaß machen. Kommst du mal auf andere Gedanken.”
Christine ließ sich widerwillig mitziehen.
“Aber nur bis acht”, protestierte sie schwach mit einem letzten Aufflackern ihrer guten Vorsätze. Die kleine Stimme ganz hinten in ihrem Kopf, die beständig “Dumme Gans” sang, ignorierte sie.
Einige Stunden und viele Gläser später bildete Christine die Spitze einer menschlichen Pyramide. Der untere Teil der Pyramide bestand aus drei braungebrannten und eingeölten Muskelmännern, die praktischerweise nur mit einem Lendenschurz bekleidet waren. Um Christines Schultern war ein Tischtuch drapiert, während sie mit der linken Hand einen Pappteller gegen ihre Brust drückte. Mit der Rechten hielt sie eine umgedrehte Sektflasche nach oben, wodurch sie im Ganzen ein wenig wie die Freiheitsstatue aussah, nur die Krone fehlte.
Von hier oben hatte sie wirklich einen hervorragenden Blick über das
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