Hochzeit ins Glück (Fürstentraum) (German Edition)
Interesse nichts zu tun. Ich habe einen zwölf Stunden Tag, mit der Fahrerei eher dreizehn. Wann soll ich mir denn deiner Meinung nach über so etwas noch Gedanken machen?”
“Viel zu tun habe ich auch, aber ein bißchen kann man doch immer abknapsen.”
“Du vielleicht, aber bei mir ist nichts mehr drin. Mir sind eben andere Sachen wichtiger.”
“Was kann denn wichtiger sein, als Waisenkindern zu helfen? Ich verstehe das nicht, du bist ganz anders als früher. Was ist denn nur mit dir passiert?”
Christine zuckte die Schultern und antwortete nicht.
Marcus kam sich vor, als würde er gegen eine Wand anrennen.
“Und was ist mit uns?” versuchte er es erneut und wußte im selben Augenblick, daß es eine selten blöde Idee war, davon auch nur anzufangen. Jetzt ist es ja auch schon egal, dachte er.
“Mit uns? Was soll damit sein?”
“Aber, Christine, damals in der Rüstkammer. Das kannst du doch nicht vergessen haben. Bedeutet dir unser Schwur denn gar nichts mehr?”
“Unser Schwur? Marcus, das ist fast zehn Jahre her. Ich war vierzehn , Himmel noch mal!”
Sie deutete auf den Kaiser, der ihrer Unterhaltung zugehört hatte, ohne eine Miene zu verziehen.
“Vor fünfhundert Jahren hatten Treueschwüre vielleicht noch eine Bedeutung. In unserer Welt zählen heute andere Dinge. Du entschuldigst mich, ich muß mit Hedy noch etwas besprechen.”
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ließ ihn stehen.
Niedergeschlagen sah Marcus ihr nach, dann auf die beiden noch vollen Gläser in seiner Hand und schließlich auf das Bild, das nicht von Cranach war. Er blickte dem Habsburger direkt in die Augen.
“Hast du vielleicht noch einen guten Rat für mich, Majestät?”, fragte er.
Doch Karl antwortete nicht. Marcus erinnerte sich, daß der Kaiser in den Jahren vor seinem Tod im Kloster gelebt hatte und daher wohl ohnehin nicht der richtige Ansprechpartner für sein Problem war.
“Deine Ehe war doch sowieso arrangiert, stimmt’s? Und wie war das so? Bestimmt besser, als sich selbst drum zu kümmern, möchte ich wetten. Du hast dir bestimmt kein blaues Auge geholt. Kaiser müßte man sein.”
Er blickte hinüber zu seinen Eltern und den Gastgebern, die ihn verwundert ansahen.
“Dann würde mich auch keiner anstarren, wenn ich Selbstgespräche führe.”
Er sah die Reihe von Berühmtheiten entlang, die die Wand schmückten, doch alle schwiegen.
Das hast du schön vermasselt, dachte er. Gratuliere.
13
Nachdem die Gäste aufgebrochen waren, nahm Mathilde sich ihre Tochter zur Brust.
“Sag mal, Christine, was war denn da mit Marcus?”
“Mit Marcus? Gar nichts weiter, wir haben uns nur ein bißchen unterhalten. Gute Nacht, Mama.”
“Nicht so schnell, Schätzchen. Nur unterhalten? Du hast ihn ganz schön auflaufen lassen, das war nicht zu übersehen. Der arme Junge stand da die ganze Zeit mit den Gläsern in der Hand und kam sich dabei bestimmt ziemlich dämlich vor. Und dann läßt du ihn einfach stehen und in seiner Verzweiflung fängt er an, mit den Bildern zu reden.”
“Wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen. Vielleicht hatte er zuviel getrunken.”
“Red’ keinen Unfug. Marcus trinkt nicht, das weißt du genau. Also, was war los?”
“Ach, er sagte irgend etwas darüber, wie sehr ich mich verändert hätte. Totaler Blödsinn.”
“Nein, er hat schon recht damit, wir haben es alle so empfunden. Du hast dich verändert. Und nicht zum Guten.”
“Unsinn, das bildest du dir ein. Ich habe eben viel um die Ohren, das habe ich auch versucht, ihm klarzumachen.”
“Dein Vater und ich haben auch viel um die Ohren und Marcus mit seiner Verantwortung für Schönberg und seine Stiftung wahrscheinlich noch einiges mehr. Da muß noch etwas anderes sein. Raus damit, Kind.”
Christine dachte einen Moment nach und sah aus, als würde sie ihrer inneren Stimme lauschen.
“Alles, Mama?”, fragte sie dann mit kleiner Stimme.
Habe ich’s doch gewußt, dachte Mathilde und sagte bestimmt: “Ja, alles.”
“Na gut, wenn es sein muß. Also, wir hatten doch am Mittwoch die Betriebsfeier und...”
Fünf Minuten später sah Mathilde ihre Tochter schockiert an. Sie hatte ja mit so einigem gerechnet, aber das? Für einen Moment versuchte sie, sich die Vorgänge bildlich vorzustellen, doch ihre Phantasie reichte dafür nicht aus. Mathilde hielt sich nicht für übermäßig prüde und war bestimmt auch nicht weltfremd, doch für den Moment hatte es ihr die Sprache
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