Hochzeit nach Plan B (German Edition)
mich, wie sie mich wohl bezeichnen würde, wenn sie die Wahrheit über mich herausfinden würde. Vermutlich würde sie eine Kreativität entwickeln, von der ich nur träumen konnte. Mit verlogenes Miststück oder verräterisches Luder , wie es mir spontan in den Sinn kam, würde sie sich sicher nicht zufriedengeben.
Ben unterbrach meine unschönen Gedanken. Er hatte sich hinter mich gestellt und die Arme von hinten um meine Taille geschlungen.
»Ganz in Ordnung ist aber ganz schön untertrieben«, belehrte er seine Schwester gut gelaunt. »Ich würde sagen, Hannah ist ein richtiger Glücksgriff.«
Dann musterte er Chrissie eingehend. »Du hast dich ziemlich verändert«, stellte er in sachlichem Ton fest. »Du bist schmaler geworden. Und dazu noch die neue Frisur. Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Erzähle ich alles nachher beim Essen«, gab Chrissie mit einem Augenzwinkern zurück und sprang wieder von der Arbeitsplatte, um Evelyn zu helfen. Sie hatte sich sichtlich um gute Laune bemüht, aber ich wurde den Eindruck nicht los, dass sie innerlich viel aufgewühlter war, als sie vor ihrem Bruder zugeben wollte.
Kurz darauf war das Essen fertig. Wir saßen alle schon um den großen Esstisch, als Eberhard hektisch in den Raum gestürzt kam. Er warf ein kurzes »Hallo an alle« in den Raum, schwang sich auf seinen Platz und häufte sich sofort einen Berg Rouladen auf seinen Teller.
Obwohl er kein weiteres Wort sagte, erkannte ich gleich am Funkeln in seinen Augen, dass ihm ein ungewöhnlicher Fang geglückt sein musste.
»eBay?«, fragte ich ihn kurz.
Er nickte begeistert, blickte dann verschwörerisch nach rechts und links. Als er weder einen Spion noch einen weiteren fanatischen Klobrillensammler in Hörweite entdecken konnte, raunte er mir »Madonna« zu.
Wow! , formte ich tonlos mit den Lippen, wobei es mir beinahe gelang, mein Grinsen zu verbergen.
Eberhard lächelte selig und begann, die Rouladen in sich hineinzuschaufeln.
Wir wurden von Chrissie unterbrochen, die in diesem Moment laut verkündete: »Ich werde übrigens nicht mehr nach Schweden zurückgehen.«
Alle Gesichter wandten sich ihr überrascht zu. Das heißt, alle bis auf das von Evelyn, die sich weiter über ihr Essen hermachte und überaus entspannt aussah. Sie wusste also schon genau über Chrissies Entscheidung Bescheid und war damit einverstanden, folgerte ich.
Ganz im Gegensatz zum Rest der Familie.
»Was ist denn los? Ist was mit Björn?«, fragte Ben verständnislos.
Hallo? Männer waren manchmal doch wirklich unglaublich naiv. Chrissie kam unvermittelt für ein paar Tage nach Deutschland zurück, und das ohne Begleitung ihres Freundes. Wenn das noch nicht gereicht hätte, dann sprachen doch zumindest ihre blasse Gesichtsfarbe und die radikal veränderte Frisur Bände. Ich musste das wissen, ich war auf diesem Gebiet schließlich Expertin.
»Der kann mich mal von hinten und von Weitem sehen«, knurrte Chrissie dann auch erwartungsgemäß.
Auf Erwins zerstreut eingeworfenes »der Frosch im Brunnen ahnt nichts von der Weite des Meeres« achtete niemand. Auch ich hatte mir inzwischen angewöhnt, mir über seine Sprichwörter keine Gedanken mehr zu machen.
»Aber was ist denn passiert?«, ließ Ben nicht locker. »Ich dachte, ihr wärt so glücklich zusammen.«
Chrissie machte ein Gesicht, als hätte sie eine behaarte Fünfzehn-Zentimeter-Spinne auf ihrem Teller entdeckt. »Das waren wir auch, bis Björn sich in den Kopf gesetzt hat, dass er sich unbedingt reproduzieren muss. Plötzlich wollte er Kinder, und zwar am liebsten gleich eine ganze Eishockey-Mannschaft. Er hat von nichts anderem mehr geredet und wollte mich unbedingt dazu bringen, sofort mit ihm eine Familie zu gründen.«
»Aber du wolltest nicht«, meldete Daniel sich in sachlichem Ton zu Wort.
»Natürlich nicht. Zu so etwas kann man sich doch nicht drängen lassen!«, brauste Chrissie auf. »Ich habe ihm gesagt, er soll in vier oder fünf Jahren noch mal nachfragen. Und da hat er mich einfach vor die Tür gesetzt.«
»Was?« Alle bis auf Evelyn starrten Chrissie entsetzt an.
»Ja. Er hat gesagt, wenn unsere Lebensentwürfe nicht konform sind, wäre es wohl besser, getrennte Wege zu gehen.« Chrissie verdrehte die Augen. »Könnt ihr euch vorstellen, wie bescheuert sich der Satz auf Schwedisch anhört?«
Ich konnte zwar kein Schwedisch, aber ich konnte mir durchaus vorstellen, wie sich Chrissie gefühlt haben musste, als Björn das zu ihr gesagt hatte.
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