Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
mich jetzt besser für den Abend umkleiden.“
Nachdem Jo sich umgezogen hatte, setzte sie sich an ihren Frisiertisch und betrachtete sich im Spiegel. Ach, wenn sie doch nur so hübsches honigblondes Haar hätte wie Marianne! Und wenn es glatter wäre!
Sie nahm die Bürste und zerrte sie durch ihr Haar, bis sie die wirren Locken am Hinterkopf in einem strengen Knoten zusammengefasst hatte, den sie mit unzähligen Haarnadeln befestigte und mit einem Sträußchen künstlicher Blumen schmückte.
Seufzend sah sie, dass sich sofort wieder einzelne Strähnen aus der Frisur gelöst hatten. Nichts würde dieses Haar je in Zaum halten können! Wie entzückend es aussah, dass sich diese feuerroten Löckchen um ihr Gesicht schmiegten, bemerkte sie nicht.
Nun, besser geht es eben nicht, dachte sie, legte noch ihre Perlen um und ging dann hinunter in den Salon. Immerhin bot ihr die Wartezeit Gelegenheit, ein paar Minuten zu lesen, wozu sie nur selten kam, da ihre Tante sie nicht gern mit einem Buch in der Hand sah.
Wie erwartet folgte, als Lady Wainwright schließlich erschien, wegen des Buches eine tadelnde Bemerkung, die Jo jedoch mit geduldigem Lächeln hinnahm, und ebenso geduldig brachte sie ihr den vergessenen Fächer, ehe sie schließlich in die Kutsche stiegen, die sie zu den Marshams brachte.
Als sie dort eintrafen, quollen die Räume des großen Hauses, das Mrs. Marsham in Bath gemietet hatte, schon von Gästen über. Jo war überrascht, denn es war ja zu einer Kartengesellschaft geladen worden, doch das Spiel sollte, wie sie bald feststellte, nicht die einzige Unterhaltung des Abends sein. Im Hintergrund hörte man Musik, und Chloe erzählte gleich bei der Begrüßung, dass einer der hinteren Salons ausgeräumt worden sei, damit die jungen Leute tanzen könnten.
„Es wird gerade mal für zehn Paare reichen“, sagte sie mit glänzenden Augen, „aber die älteren Herrschaften tanzen ja nicht, die werden es zufrieden sein, Karten zu spielen oder nur der Musik zu lauschen.“
„Oh, ich glaube, zum Tanzen bin ich nicht korrekt gekleidet“, wandte Jo ein, denn sie trug nur ein sehr schlichtes Abendkleid.
„Ach, du schaust, wie immer, sehr nett aus“, sagte Chloe. „Nur finde ich, du solltest dein Haar nicht so straff zurücknehmen. Warum frisierst du es nicht einmal etwas weniger streng?“
„Auf keinen Fall! Ich sähe wie eine Barbarin aus!“, rief Jo.
Chloe brach in fröhliches Kichern aus. „Ach, du sagst immer so spaßige Sachen! Eine Barbarin! Mama bekäme Zustände, wenn ich etwas dergleichen sagte.“
„Aber du siehst auch immer elegant aus“, meinte Jo, was Chloe mit befriedigtem Nicken zur Kenntnis nahm.
Chloe hatte nur auf Jo gewartet und zog sie nun mit sich in den Tanzsalon. Einige junge Herren, die Jo schon aus den Gesellschaftsräumen des Kurhauses kannte, waren bereits eingetroffen, darunter auch Mr. Tanner, und bald tanzten beide junge Damen. Jo stellte fest, dass sie kaum weniger begehrt war als Chloe, und musste nicht einen Tanz auslassen, was, wie sie glaubte, daran lag, dass Mrs. Marsham klugerweise mehr Herren als junge Damen eingeladen hatte.
Die Gesellschaft war schon eine Stunde im Gange, als Jo sich umwandte und unversehens Mr. Hal Beverley gegenüberstand. Mit strahlender Miene dem Tanzvergnügen hingegeben, hatte sie sein Eintreten nicht bemerkt.
„Guten Abend, Mr. Beverley“, sagte sie. „Chloe hat nicht erwähnt, dass man Sie heute Abend erwartete.“
„Nein?“ Hal hob die Brauen. „Nun, Miss Horne, ich frage mich, warum nicht, da es doch gewiss ein Gegenstand öffentlichen Interesses ist, wenn ich eine Kartengesellschaft besuche, nicht wahr? In der Tat hatte ich erwartet, dass mich ein Herold mit Trompetenstößen ankündigt.“
„Sie sind ein Schelm, Sir! Sie wissen sehr wohl, was ich meine.“
„Ach?“ Seine Augen funkelten vergnügt. „Bitte schenken Sie mir den nächsten Tanz, Miss Horne, gönnen Sie mir die Freude – außer Sie sind schon vergeben.“
„Nein, ich bin noch frei.“ Jo hatte beabsichtigt, sich nach einem Glas kühler Limonade umzusehen, doch die Gelegenheit, mit Mr. Beverley zu tanzen, mochte sie nicht auslassen. „Ach, hören Sie nur – es ist ein Walzer!“, rief sie zweifelnd.
„Ja, offensichtlich“, entgegnete er, ihr die Hand reichend. „Ich hoffe, Sie werden nicht wortbrüchig, Miss Horne?“ Er sah sie neckend an. „Vielleicht sind Sie ja nur ein Trugbild und lösen sich – puff! – in Rauch auf, anstatt mit mir zu
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