Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
es ist wohl das Herz, obwohl er seine Erkrankung als leichten Anfall bezeichnet und sich dagegen wehrt, dass man Aufhebens davon macht.“
„Das muss Ihnen Kummer machen. Glauben Sie nicht, dass es ihm ein Trost sein müsste zu wissen, dass Ellen das Kind Ihres Bruders erwartet?“
„Möglicherweise“, gab Hal zu. „Wenn ich es ihm vorsichtig beibringen könnte, würde es seine Lebensgeister sicherlich heben … doch ich halte es für das Beste, ihm erst nach der Geburt Kenntnis davon zu geben.“
„Das sehe ich nicht ein“, rief Jo, eifrig bedacht, für das Recht der Freundin einzutreten. „Jeder rechtdenkende Mann würde doch der Witwe seines Sohnes unter solchen Umständen helfen wollen! Eigentlich wäre es seine Pflicht – seinem Sohn und dem ungeborenen Kind gegenüber! Finden Sie nicht?“
Ellen mischte sich ein. „Bitte nicht, Jo! Ich beabsichtige nicht, mich überhaupt an Lord Beverley zu wenden. Ich komme gut allein zurecht. Wenn er dann nach der Geburt sein Enkelkind zu sehen wünscht, wird er mir stets willkommen sein.“
„Ich glaube fast, er wird einlenken, wenn er das Kind sieht“, sagte Hal, schaute jedoch besorgt drein. „Dass Ellen in ihrem Zustand noch arbeitet, halte ich auch nicht für richtig, aber ich bin für sie da, wenn sie mich braucht.“
„Leider muss ich gehen“, sagte Jo, die sich nur schwer losreißen konnte. „Sie haben schließlich noch etwas zu besprechen. Nein, Ellen, Sie müssen mich nicht zur Tür begleiten. Ich finde schon hinaus.“
„Dann werde ich Sie begleiten, Miss Horne, ich kann später noch mit Ellen reden.“
Jo sah ihn unsicher an, da er jedoch entschlossen schien, machte sie keine weiteren Einwände. Eine Weile gingen sie schweigend.
„Ich wollte noch in die Bücherei, Sir. Die wollen Sie gewiss nicht aufsuchen?“
„Oh, halten Sie mich für ungebildet?“, fragte er spöttisch. „Sie tun mir unrecht, Miss Horne. Ich kann mich glatt eine Stunde lang mit einem guten Buch beschäftigen.“
„Tatsächlich? So lange? Sie setzen mich in Erstaunen, Sir.“
„Nun necken Sie mich, Miss Horne.“
„Ja, in der Tat. Finden Sie das schlimm?“
„Schlimm? Nein.“ Er schenkte ihr einen merkwürdigen Blick. Vermutlich wäre sie schockiert, wenn er ihr sagte, woran er gerade dachte. „Es entzückt mich, Miss Horne. Sie sind offensichtlich immer für eine Überraschung gut. Doch hier sind wir – ich will Sie den Freuden der Bibliothek überlassen.“
Jo reichte ihm zum Abschied die Hand, und er hob sie an seine Lippen. Errötend und mit Herzklopfen wandte sie sich ab und schritt durch den Eingang.
Nachdem sie einige Romane für ihre Tante ausgewählt hatte, eilte sie schnellen Schrittes heim; wieder war die Zeit zu rasch verflogen, und sie würde eben noch Zeit haben, sich zum Tee umzukleiden.
3. KAPITEL
Die folgenden Tage eilten nur so dahin, denn plötzlich war Jo sehr gefragt. Nachdem Chloe sich ihrer so freundlich angenommen hatte, waren einige andere Mütter zu dem Schluss gekommen, dass sie ein nettes, umgängliches Mädchen sei, das für die Chancen der eigenen Töchter keine Gefahr darstellte. Daher erhielt sie häufig Einladungen zu Spaziergängen und sonstigen kleinen Unternehmungen, und auch zum Tee. Besonderes Vergnügen bereitete ihr immer noch ihre Diskussionsrunde, und sie genoss es, wann immer ihr danach war, die Bücherei aufsuchen zu können. Ellen war natürlich immer noch ihre beste Freundin, doch da ihre Tage so ausgefüllt waren, gelang es ihr erst am Donnerstag der Woche, sich zu ihr zu stehlen, nachdem sie ein Briefchen von der jungen Witwe erhalten hatte.
„Ach, Jo, ich bin so froh, dass Sie kommen konnten“, rief Ellen schon an der Tür. „Ich habe einen Brief von meiner Mutter! Sie schreibt, dass mein Vater hier in Bath nach mir suchen lässt. Anscheinend konnte er herausfinden, wo mein Brief abgeschickt wurde. Er ist bereit, mich wieder aufzunehmen, sofern ich mich in Zukunft geziemend verhalte.“
Jo war wie vor den Kopf geschlagen; damit hatte sie nicht gerechnet. „Wie kann er das herausgebracht haben? Sie haben doch Ihre Adresse nicht angegeben?“
„Nein, natürlich nicht! Aber vielleicht wird ja ein offizieller Stempel von der Poststelle daraufgesetzt, in dem Bath angegeben ist? Und dann brauchte mein Vater nur noch seine Leute herzuschicken, um nachzuforschen.“ Verzweifelt schluchzte sie auf. „Was soll ich nur tun? Wenn ich ihm schreibe, dass ich nicht will, kommt er womöglich persönlich und
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