Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Treffen in der Bibliothek vorschlagen.
Es war wirklich abscheulich von Tante Wainwright, ihr die Besuche bei der Freundin zu verbieten, besonders jetzt, da Ellen wegen ihres Vaters in solchen Schwierigkeiten steckte. Jo beschloss, sich von den Drohungen ihrer Tante nicht einschüchtern zu lassen, selbst wenn das hieß, dass sie sie hintergehen musste.
Auf dem Weg zu der Abendgesellschaft wahrte Lady Wainwright eisiges Schweigen, taute jedoch dann in Gegenwart Mrs. Marshams ein wenig auf und erlaubte Jo, sich mit Chloe zu entfernen.
„Wie schön du heute Abend aussiehst“, sagte Jo und betrachtete bewundernd Chloes neue Robe aus hellblauer Seide, deren Miedereinsatz mit einer kostbaren Stickerei geziert war. Sie erkannte Ellens Arbeit darin, und sie spürte Unmut in sich aufsteigen, da Chloe solch exquisite Kleidung, an der Ellen sich für wenig Geld sehr abgemüht hatte, als eine Selbstverständlichkeit ansah. „Die Perlenstickerei ist ganz entzückend.“
„Ja, obwohl sie nicht ganz nach meinen Wünschen ausgefallen ist. Ich hatte mehr Perlen gewollt. Eigentlich wollte Mama deshalb gar nicht zahlen, doch am Ende zahlte sie den halben Preis … und eigentlich gefällt es mir nun doch recht gut. Vielleicht hätte es, so wie ich es wollte, sogar ein wenig überladen gewirkt.“ Sie schaute sehr selbstzufrieden drein, so, als ob sie sich freute, das Kleid unter seinem wahren Wert bekommen zu haben.
„Und trotzdem habt ihr nicht den vollen Preis gezahlt? Ist das nicht ungerecht der Näherin gegenüber, die so lange daran gearbeitet hat?“
„Manchmal bist du so drollig!“ Chloe lachte unterdrückt, doch das Lachen spiegelte sich nicht in ihren Augen. „Ehrlich, Jo, nicht jeder interessiert sich für das Schicksal armer Leute. Es war doch ihre Schuld! Hätte sie eben tun sollen, wie ihr geheißen!“
So verärgert Jo war, schwieg sie doch. Hier war nicht der richtige Ort, eine Diskussion über soziale Gerechtigkeit zu führen. Auch wurden sie beide in diesem Moment zum Tanz gebeten. Als sie später wieder zusammentrafen, verhielt Chloe sich immer noch recht kühl, sodass Jo sich fragte, ob dafür noch etwas anderes als jene kleine Unstimmigkeit verantwortlich wäre. Doch ehe sie fragen konnte, wurden sie beide schon wieder auf das Parkett gebeten, und da sie nach dem Tanz nahe der geöffneten Terrassentüren stand, schöpfte sie ein wenig frische Luft. Am liebsten wäre sie dem stickigen Ballsaal für einen Augenblick entkommen, denn ihr Kopf schmerzte; außerdem, fand sie, vergnügte sie sich nicht so wie sonst.
„Warum so ernst? Stimmt etwas nicht?“, fragte plötzlich jemand hinter ihr, und als sie sich umdrehte, stand Hal unmittelbar vor ihr.
„Haben Sie von Ellen gehört?“, fragte sie eifrig. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob er wirklich heute Abend kommen würde.
„Nein; ich bin erst vor kurzem in mein Quartier zurückgekehrt und konnte meine Korrespondenz noch nicht begutachten. Die Zeit reichte eben noch, um Abendkleidung anzulegen.“
„Ellens Vater weiß, dass sie in Bath ist“, erklärte Jo, während sie auf die Terrasse hinaustrat. Sie fröstelte in der Abendkühle und zog ihren Schal enger um die Schultern. „Ihre Mutter schrieb ihr, dass er sie umgehend nach Hause zurückbefiehlt.“
„Dem wird sie nicht folgen. Ich hatte mit ihrem Vater zu tun. Er ist ein Eisklotz – ein strenger Zuchtmeister. Er würde ihr das Leben zur Hölle machen. Sie darf sich von ihm nicht beeindrucken lassen. Er würde sie wie eine Gefangene halten, als Strafe dafür, dass sie damals mit Matt davonlief.“
„Ja, das denkt Ellen auch. Sie hat Ihnen eine Nachricht geschickt, in der sie Sie um Hilfe bittet, denn sie kann nicht mehr dort wohnen bleiben. Am Montag muss sie noch einige Arbeiten ausliefern, aber danach …“
„Man müsste sie unauffällig fortbringen“, sagte Hal nachdenklich. Es würde auch seinen eigenen Plänen zupasskommen, wenn Ellen Bath verließ. „Nur wohin?“
„Könnten Sie sie nicht zu Ihrem Vater bringen? Unter diesen Umständen sollte er ihr doch wohl helfen, oder?“
„Ich sagte ja bereits, ich wage ihm nicht davon zu sprechen.“
„Ist das nicht eine ziemlich zahme Haltung?“, sagte Jo scharf. „Ihr Vater muss doch wissen wollen, dass er mit einem Enkel rechnen kann.“
„Vielleicht – aber ich erwähnte ja schon, dass er sehr krank war. Erst heute Morgen bekam ich eine Nachricht von ihm. Er bittet mich, ihn zu besuchen. Möglicherweise hatte er einen
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