Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
sie sie so freundlich aufnahm, den Aufenthalt in Bath sehr verschönt. Sie fühlte sich schuldig und schämte sich für ihr Betragen, denn wenn sie Hals Kuss auch nicht herausgefordert hatte, so waren ihre unbedachten, harschen Worte doch die Ursache dafür.
Ehe sie weiter darüber grübeln konnte, trat Reverend Browne zu ihr und bat um einen Tanz. Sie hatte ihn in dieser Gesellschaft nicht erwartet, aber sie konnte kaum ablehnen, und so ließ sie sich aufs Parkett führen.
Später in jener Nacht stand Jo in ihrem Zimmer am Fenster. Auf dem feuchten Straßenpflaster glänzte das Licht des zunehmenden Mondes. Zuvor hatte es geregnet, doch nun war die Nacht klar und versprach einen trockenen Tag, was Jo nur recht war, wenn sie schon früh am nächsten Morgen und möglichst unbemerkt aus dem Haus wollte. Angesichts der neuen Lage musste sie sich über das Verbot ihrer Tante hinwegsetzen und Ellen aufsuchen, um ihr die Pläne ihres Schwagers mitzuteilen.
Mr. Beverley hatte von einer Gesellschafterin für Ellen gesprochen. Jo fragte sich, ob sie sich selbst dafür anbieten sollte, wenigstens vorübergehend. Es wäre ein Wagnis. Andererseits verließen sie Bath sowieso in wenigen Tagen, somit würde sie ihrer Tante nicht übermäßig fehlen. Angestrengt überlegte sie. Damit ihre Mutter sich keine Sorgen machte, würde sie ihr schreiben und ihr erklären, dass sie einer Freundin in Not beistehen musste. Mama vertraute ihr und würde ihr Glauben schenken.
Dennoch wäre es sehr kühn von ihr; die Leuten würden vielleicht annehmen, sie wäre mit einem Liebhaber auf und davon – obwohl, warum sollten sie? Jo wusste, sie musste den Plan gut bedenken, ehe sie eine Entscheidung traf. Sie ging ein großes Risiko ein und setzte ihren Ruf aufs Spiel, was hieß, dass man sie vielleicht in der besseren Gesellschaft nicht mehr empfangen würde. Diese Folgen durfte sie nicht außer Acht lassen, denn das konnte bedeuten, dass sie für immer bei ihrer Mutter und ihrer Großtante leben musste. Wenn die Aufregung in Bath sich in Grenzen hielt, würde sicherlich nichts davon bis nach Cornwall dringen, wo ihre Familie lebte, und wäre bald vergessen. Vorerst erstickte Jo ihre Zweifel, denn möglicherweise war es gar nicht notwendig, die Idee in die Tat umzusetzen …
Da sie im Augenblick nichts tun konnte, legte sie sich ruhig zu Bett. Bald war sie fest eingeschlafen und träumte von einem Kuss und dem Gesicht eines Mannes … doch als sie erwachte, war der Traum nur noch eine schemenhafte Erinnerung.
Ralph Carstairs saß in der Ecke einer schäbigen, nach schalem Bier und Schweiß stinkenden Kneipe und starrte mürrisch in sein Glas. Der Wein war genauso übel wie das Lokal, doch zu Besserem reichten seine Finanzen nicht.
Auch er hatte diese Tanzgesellschaft besucht. Als er hinaus in den Garten gegangen war, um eine Zigarre zu rauchen, was hatte er da sehen müssen? Diese kleine Hexe lag in Beverleys Armen und ließ sich küssen! Und die sollte prüde sein! Die beiden hatten ihn nicht bemerkt, und danach hatte er sich schleunigst davongemacht.
Leider hatte er nicht hören können, was gesprochen wurde, doch offensichtlich war da mehr zwischen den beiden. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich bei der Kleinen sein Vergnügen zu holen und sonst nichts, doch nun taten sich andere Möglichkeiten auf. Das Mädchen zu entführen und zu missbrauchen, einfach aus Spaß an der Sache, war schon etwas, doch umso besser, wenn er diesem selbstgerechten, selbstsicheren Beverley dabei auch noch eins auswischen konnte.
Damals in Spanien war er mit Captain Matthew Beverley in Streit geraten, weil der ihn des Falschspiels beschuldigt hatte, ein Vergehen, das ihn vor das Militärgericht hätte bringen können – wenn der Bursche denn lange genug gelebt hätte, um ihn anzuzeigen. Dem hatte er einen Riegel vorgeschoben, indem er den Sattel des Captains manipulierte. Das Ganze endete mit Matt Beverleys Tod. Allerdings gab ihm ein höherer Offizier den Tipp, doch besser seinen Abschied zu nehmen, was er dann auch tat.
Seitdem hatte das Glück ihn endgültig verlassen, und die Gläubiger waren ihm ständig auf den Fersen. Vielleicht gelang es ihm nun, sich auch an Hal zu rächen und gleichzeitig finanziell davon zu profitieren. Nun, er würde warten und beobachten und sehen, ob für ihn etwas dabei heraussprang …
Als Jo sich am nächsten Morgen zu ihrer Freundin aufmachte, kam ihr in gewagtem Tempo eine schicke Karriole entgegen. Beim Näherkommen
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