Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Blick aus dem Fenster zeigte ihr eine große Rasenfläche und in der Ferne das Dach des Herrenhauses, außerdem einen kleinen Gemüsegarten und einige hübsche Zierbeete.
Jo ging hinunter und sah sich im Haus genau um, das außer dem vorderen Salon ein großes Speisezimmer und einen kleineren, nach hinten gelegenen Salon aufwies. Im rückwärtigen Teil befand sich auch die Küche, in die sie nun eintrat. Mrs. Stowe schaute erstaunt von ihrer Arbeit auf, doch Jo erklärte: „Ich komme aus einem Pfarrhaus, und häufig pflegten wir, wenn wir unter uns waren, unser kleines Mahl in der Küche einzunehmen. Mrs. Stowe, ich möchte mich gern nützlich machen; ich erwarte nicht, dass Sie mir aufwarten. Sie können mir gern die eine oder andere Arbeit geben.“
„Nun, das nenne ich großzügig.“ Mrs. Stowe nickte anerkennend. „Wenn Sie nur Ihr eigenes Zimmer in Ordnung hielten, Miss Horne, das wäre schon hilfreich. Und dass Sie sich vielleicht um den Blumenschmuck kümmern?“
„Ja, natürlich, und ich werde selbstverständlich auch mit dem Baby zur Hand gehen, wenn es erst da ist. Jetzt gerade möchte ich ein paar Kleinigkeiten waschen. Wenn Sie mir erlauben, das hier zu tun?“
„Nicht nötig, meine Liebe. Bessie, das ist das Wäschermädchen, die macht die ganze Wäsche, auch für das Herrenhaus. Einmal die Woche holt sie alles.“
„Ja … nur reicht das im Moment nicht, weil ich vielleicht noch länger auf mein großes Gepäck warten muss …“
Die Haushälterin zögerte kurz, dann sagte sie: „Ich weiß nicht … wären Sie vielleicht an dem interessiert, was oben auf dem Dachboden lagert? Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Mr. Beverleys Großmutter hat zu ihren Lebzeiten eine riesige Truhe voller Kleidung dort einlagern lassen. Möglicherweise wären einige passende Teile für Sie darunter, Miss Horne, besonders wenn Sie mit der Nadel umgehen können, um etwas abzuändern.“
„Glauben Sie denn, die Familie würde das gestatten?“ Jo zweifelte, ob Mrs. Stowe einfach über diese Dinge verfügen könnte.
„Mir scheint, die Sachen sind längst vergessen. Wenn George morgen die wöchentlichen Vorräte bringt, werde ich ihn bitten, das schwere Ding nach unten zu schaffen, dann mögen Sie selbst sehen, ob Ihnen etwas zusagt.“
„Das ist sehr nett von Ihnen, danke. Es würde für den Anfang sehr hilfreich sein.“ Da ihr Aufenthaltsort vorerst geheim bleiben musste, fragte sie sich, ob sie überhaupt in naher Zukunft nach ihren Sachen würde schicken können. Wahrscheinlich war das erst nach der Geburt des Kindes möglich.
„Ich hoffe, Sie finden etwas Nützliches darin“, sagte Mrs. Stowe. „Und nun, Miss Horne, wollen Sie sich zu mir setzen? Der Tee ist gerade fertig, und bis Mrs. Beverley hinunterkommt, müssen Sie ja nicht warten.“
Als Jo sich am Küchentisch niederließ, kam es ihr vor, als sei sie heimgekommen.
Am nächsten Morgen ging Jo, nachdem sie sich angekleidet hatte, hinunter in die Küche, bot sich an, Ellen das Frühstück ans Bett zu bringen, und erklärte, sie selbst werde in der Küche zusammen mit Mrs. Stowe frühstücken.
Die Haushälterin stimmte dem gern zu. Jo war ihr im Übrigen ein Rätsel; die junge Dame schien knapp an Mitteln zu sein, dennoch war ihre Kleidung von guter Qualität und einer Dame würdig. „Wahrhaftig, Sie sind nicht wie die jungen Damen sonst, Miss“, sagte sie verwundert.
„Das ist Papas Erziehung. Er erwartete stets, dass wir nicht untätig sind und unseren Teil zur Arbeit beitragen. Wenn wir Mädchen mit ihm gingen, um seine ärmeren Pfarrkinder zu besuchen, erledigten wir häufig kleine Aufgaben für Kranke oder Wöchnerinnen.“
Als Jo später hinausging, um die gestern getragenen Kleider zu lüften, kam Hal den Weg vom Herrenhaus herunter. „Ah, Sie konnten natürlich Ihren großen Koffer nicht aufgeben! Wenn es Ihnen an etwas mangelt – ich glaube, im Dorf gibt es eine Näherin.“
„Danke, deren Dienste brauche ich nicht. Noch komme ich zurecht. Und die Nadel kann ich auch führen. Es machte mir schon immer Spaß, meine Kleider selbst zu entwerfen.“
„Nun, natürlich können Sie das ganz nach eigenem Gefallen halten. Nur denken Sie daran, Sie sind als Ellens Freundin hier, nicht als ihre Zofe. Sie sind eine Dame, Jo, und obwohl Sie mich mit Ihrem überraschenden Auftauchen überrumpelten, stehen Sie doch unter meinem Schutz. Sie müssen mir erlauben, dass ich mich auch um Sie kümmere.“
„Ich bin Ihnen sehr dankbar,
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