Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
rief sie, erfreut die Schreiben in ihrem Retikül verstauend. „Und ja, sogar mehr als ursprünglich vorgesehen. Zwar gab ich auch mehr aus, doch ich glaube, ich habe eine Möglichkeit gefunden, wie Ellen und ich unseren Unterhalt zukünftig bestreiten können.“
Hal furchte die Stirn. „Sagte ich nicht schon, dass weder Sie noch Ellen arbeiten müssen? Eigentlich müsste ich sogar Ihnen als Ellens Gesellschafterin ein Entgelt aussetzen.“
„Ich würde es nicht annehmen“, sagte Jo, stolz den Kopf hebend. „Ich bin Ellens Freundin, das bedarf keiner Entlohnung. Außerdem macht es mir Freude, Hüte und Ähnliches zu fertigen. Zu Hause pflegte ich es zusammen mit Marianne zu machen. Ellen kann im Übrigen wahrscheinlich auch mit einem Auftrag rechnen.“
„Wollten Sie sich nicht als Autorin betätigen?“
„Ja, schon, doch ich bin nicht so naiv zu glauben, ich könnte damit in naher Zukunft meinen Unterhalt verdienen, deshalb begnüge ich mich vorerst mit den praktischen Künsten. Ich weiß, dass Sie mir jederzeit zur Verfügung stellen würden, was ich brauche, aber das wäre nicht korrekt. Außer eine Sache – Mrs. Stowe ließ mir eine Truhe vom Speicher bringen, die wohl Ihrer Großmutter gehörte. Darin fand ich vieles, das ich für die Näherei gebrauchen könnte. Würden Sie mir erlauben, davon zu nehmen?“
„Aber gewiss, was immer Sie auf dem Speicher finden, können Sie nutzen. Ich glaube sogar, oben im Herrenhaus lagert noch mehr. Meine Großmutter warf nie etwas fort. Meine Wirtschafterin soll Ihnen, was sich da findet, ins Cottage bringen lassen.“
„Wie wunderbar! Bestimmt wird auch Ellen etwas nutzen können. Sie glauben nicht, was eine geschickte Hand bewerkstelligen kann!“
Er lächelte, weil sie mit so schlichten Dingen zu erfreuen war. „Da das geklärt ist, wollen wir jetzt unseren Lunch genießen. Sind Sie hungrig?“
„Ja, sehr sogar. Ach, da fällt mir ein … wissen Sie, dass Mr. Carstairs hier im Ort weilt?“
„Carstairs?“ Hal runzelte die Stirn. „Mir hat er gesagt, er wollte nach London. War er es wirklich?“
„Ja, ich bin beinahe mit ihm zusammengestoßen, und er sah mich sehr merkwürdig an. Mir lief es kalt den Rücken hinunter.“
„Sagte er etwas, oder hat er Ihnen etwas getan?“
„Nein, das nicht. Warum sollte er auch? Vielleicht hatte seine finstere Miene auch gar nichts mit mir zu tun.“
„Hm, seltsam ist es schon. Mir fällt ein, dass mir einmal etwas über ihn zu Ohren kam. Damals gab ich nicht viel darauf … aber ich werde mich bei einem Freund erkundigen, der möglicherweise etwas Genaueres weiß.“ Er machte eine abwehrende Geste und lächelte sie an. „Vergessen wir das und essen erst einmal.“
„An genau solche Perlen hatte ich gedacht“, sagte Ellen erfreut, als Jo ihre Einkäufe vor ihr auf der Bettdecke ausbreitete, „und auch die Jettknöpfe sind von bester Qualität. Was hast du für dich gekauft?“
Jo zeigte ihr den grünen Wollstoff und erklärte: „Ich will mir ein Kleid für die kalten Abende daraus nähen. Und stell dir vor, Madame Susanne hat einige Hüte bei mir bestellt, nachdem sie hörte, dass ich den, den ich trug, selbst gemacht hatte. An deiner Arbeit war sie auch interessiert, möchte aber gern erst ein Muster sehen.“
„Das klingt vielversprechend“, rief Ellen hoffnungsvoll. „Noch heute beginne ich mit dem neuen Entwurf. Hast du übrigens Post bekommen?“
„Ja, Briefe von Mama und Lucy. Mama ist kein bisschen böse, sondern sehr verständnisvoll und bittet mich nur, möglichst oft zu schreiben.“
„Wie lieb von ihr, dass sie dich nicht schilt“, sagte Ellen wehmütig. „Hätte ich nur auch so liebevolle Eltern.“
„Sicherlich fühlt doch deine Mutter so“, tröstete Jo. „Zu schade, dass ihr wegen deines Vaters nicht korrespondieren könnt.“
„Ja.“ Ellen seufzte. „Aber ich darf nicht jammern und in Selbstmitleid versinken. Ich habe ja dich und Hal und natürlich meine süße Mattie, und außerdem werden wir in der nächsten Zeit sehr beschäftigt sein.“
Jo nickte zustimmend, denn auch wenn sie beide den einen oder anderen kleinen Kummer hegten, hatten sie doch Grund, der Zukunft heiter entgegenzusehen.
In den letzten vierzehn Tagen war Jo eifrig beschäftigt gewesen. Nicht nur hatte sie inzwischen ihr Kleid genäht, sondern auch an den Madame Susanne versprochenen Hüten gearbeitet, wozu sie viele Kleinigkeiten wie Federn, Bänder und künstliche Blumen aus der Truhe hatte
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