Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
einen goldenen Ring zum Geburtstag, den habe ich immer noch. Wir alle liebten sie. Sie war wunderbar.“
„Das glaube ich“, sagte Jo lächelnd. „Ihr Tod hinterließ gewiss eine Lücke.“
„Ja, Miss.“ Sie musterte Jo forschend. „Wissen Sie, Miss, Sie erinnern mich ein wenig an sie – der Schnitt von Gesicht und Augen. Es gibt irgendwo im Haus ein Porträt von ihr, da muss sie in Ihrem Alter gewesen sein.“
„Meinen Sie, Sie könnten es mir zeigen?“
„Ich weiß im Augenblick nicht, wo es verwahrt ist. Vielleicht fällt es mir wieder ein.“
„Das würde mich freuen. Und nun wollen Sie mir bitte die Schlafzimmer zeigen?“
Nachdem Jo alles gesehen hatte, ging sie zurück zu Hal und erklärte, dass ihrer Ansicht nach nicht allzu viel zu ändern wäre. „Viele Vorhänge und Möbelbezüge sind verblichen und sollten erneuert werden, und ich stimme Ihnen zu, einige Räume sind zu vollgestellt. Ich sagte Mrs. Baker, welche Möbelstücke man entfernen könnte – vor allem auch manchen Raumschmuck, der veraltet ist. Doch Ihre Großmutter besaß Geschmack. Das Haus ist wunderschön, so hell und luftig.“
Erstaunt hob Hal die Brauen. „Was? Sonst haben Sie nichts zu bemängeln? Sagen Sie ehrlich, Jo, würden Sie nichts ändern, wenn Sie selbst hier wohnen sollten?“
„Nein, nur das, was ich schon nannte. Und das würde, glaube ich, Ihre Großmutter heute auch ändern wollen, wenn sie noch lebte.“
Erfreut sagte Hal: „Genau meine Meinung. Doch ich dachte, einer jungen Frau wäre hier alles zu unmodern – und war bereit, es ihr zuliebe aufzugeben.“
„Oh … natürlich kann ich nicht für Miss Marsham sprechen, doch mir gefällt es, wie es ist. Es hat einen ganz eigenen Charme, den zu zerstören ein Jammer wäre.“
„Was hat Chloe Marsham damit zu tun?“, fragte Hal.
„Verzeihen Sie. Ich weiß … ich dachte, dass …“ Jo errötete verlegen. „Ich hätte schweigen sollen …“
„Nun, ich habe nicht die Absicht, Chloe Marsham zu heiraten. Zugegeben, ich hatte es erwogen, denn mein Vater ist der Ansicht, sie wäre die passende Braut für mich. Doch ich glaube, sie sagt mir nicht zu.“
„Ah ja …“ Jos Herz hatte wild zu klopfen begonnen, und sie wandte sich zum Fenster, damit er nicht ihren sehnsüchtigen Ausdruck sah. Keines seiner Worte berechtigte sie zu hoffen. „Welch ein hübscher Ausblick!“
„Ja“, sagte er, nahm sie sanft beim Arm und drehte sie zu sich herum, sodass sie ihn ansehen musste. „Vielleicht haben Sie gespürt, dass ich etwas für Sie empfinde?“ Jo nickte wortlos, die Kehle war ihr wie zugeschnürt. „Ich fühle wirklich eine Neigung, Jo, doch im Augenblick darf ich meinem Herzen nicht nachgeben, verstehen Sie das? Und wie ich bezüglich dieses Umstandes empfinde, ist mir auch noch nicht klar. Ich hoffe sehr, Sie können das verstehen, denn ich möchte Ihnen nicht wehtun.“
„Sie glauben, Ihr Vater wäre nicht einverstanden?“ Ihr Blick war offen und irritierend ehrlich.
„Ja.“ Er hob die Hand und strich ihr sanft über die Wange, gegen seinen Willen und sein besseres Wissen. Sie erweckte etwas in ihm, das er noch bei keiner anderen Frau gefühlt hatte, doch er fürchtete sich davor, seine Gefühle näher zu untersuchen. „Matts Verhalten verletzte meinen Vater zutiefst. Ich kann ihm nicht schon wieder das Gleiche antun; sein Herz würde das nicht aushalten. Sein Tod würde ewig auf meinem Gewissen lasten.“
„Das verstehe ich. So schlecht könnten Sie nicht handeln, Hal – und wir wären beide unglücklich, wenn wir sein Ableben zu verantworten hätten.“
„Sie sagen es – also verstehen Sie …“
„Ja. Und jetzt sollte ich gehen. Man wird sich wundern … ich bin schon zu lange fort …“ Sie war den Tränen nahe und konnte sich kaum noch beherrschen.
Ehe sie den Satz beendet hatte, zog Hal sie in seine Arme, sah sie mit verzehrendem Blick an und drückte seine Lippen auf die ihren. Sein Kuss war tief und verlangend, doch auch zart und voller Süße, und als er sie losließ, fühlte Jo sich ganz schwach. Verwirrt sah sie zu ihm auf. Ihr war, als hätte er ihr mit diesem Kuss das Herz aus dem Leibe gerissen.
„Das hätte ich nicht tun dürfen“, sagte er. „Geh jetzt besser, denn sonst könnte ich vielleicht nie mehr von dir lassen.“
Jo entfuhr ein leiser, bestürzter Schrei, dann eilte sie aus dem Zimmer. Was bedeuteten seine Worte? Weil er fürchtete, sein Ungehorsam könnte seinen Vater töten, wagte er nicht, um
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