Hochzeitsnacht in Acapulco
verstand er gut, denn er wollte ja auch keine Ehefrau. Die Gründe waren allerdings sehr unterschiedlich: Er war von seiner untreuen Frau zu tief verletzt worden, Joelle wollte unbedingt Karriere machen – offensichtlich immer noch, auch wenn die unerwartete Schwangerschaft ihre Zukunftspläne bestimmt durcheinandergebracht hatte.
Joelle verschränkte die Arme vor der Brust. “Du stellst meine Geduld auf eine harte Probe, Lafleur.”
Das ist mir klar, gab Gabriel im Stillen zu. Aber es war einfach eine Schande, dass das Baby dem zukünftigen Vater, laut Joelle, völlig gleichgültig war! Es ging über seine Vorstellungskraft, wie ein Mann sich seiner Verantwortung einfach kalt lächelnd entziehen konnte. Kein Wunder, dass es in der Welt drunter und drüber ging, wenn jeder nur Spaß haben, aber nicht die Konsequenzen tragen wollte.
Ihn, Gabriel, hatte man anders erzogen. Wenn Joelle sein Baby erwarten würde, wäre er bereit, die Verantwortung zu tragen. Egal, wie viel es ihn kostete. Alles im Leben hatte seinen Preis! Aber da, wo er herkam, hatte ein Mann keine andere Wahl, als das einzig Richtige zu tun.
Joelle seufzte wieder und ging zur Tür. “Ich bin in weniger als einer Stunde verabredet und noch nicht mal angezogen. Tut mir leid, Gabriel, aber du musst jetzt wirklich gehen.”
Er bezweifelte, dass sie eine Verabredung hatte, aber ihm war bewusst, dass er seinen Besuch schon viel zu lange ausgedehnt hatte. Es war tatsächlich Zeit, Joelle zu verlassen. Fürs Erste jedenfalls.
“Darf ich dich denn für heute Abend zum Essen einladen?”, fragte er.
“Ich habe schon andere Pläne”, erwiderte sie kurz angebunden.
Das bezweifelte er ebenfalls. Er konnte sich jedoch, wenn es nötig war, in Geduld üben – eine Zeit lang.
“Und zum Mittagessen morgen?”
“Nein, ich kann nicht.”
“Verstehe. In dem Fall bleibe ich vielleicht länger in der Stadt, als ich ursprünglich geplant hatte. Am besten rufe ich dich demnächst an. Vielleicht hast du dann ein bisschen mehr Zeit für mich.”
“Das bezweifle ich”, erwiderte Joelle.
Gabriel lächelte vielsagend, um sie wissen zu lassen, dass er sie durchschaute.
“Was willst du von mir?”, fragte sie unvermittelt.
“Genau genommen eigentlich nichts. Ich möchte nur dieses Unbehagen loswerden, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich dachte, wenn ich dich besuche und mit dir rede, würde es mir das Gefühl austreiben, aber es hat nicht funktioniert.”
Wieder einmal strich sie sich mit der Zungenspitze über die verführerischen Lippen.
Ein erregendes Prickeln überlief Gabriel. Joelle war wirklich sehr begehrenswert.
“Ich wünschte, ich könnte dir helfen.” Sie zuckte die Schultern. “Leider kann ich es nicht.”
Vielleicht hat sie recht, sagte Gabriel sich. Es war ein Fehler gewesen, zu ihr zu kommen wegen eines Problems, das allein ihm zu schaffen machte.
Er atmete tief durch. “Tut mir leid, dass ich so ungebeten bei dir erschienen bin. Ich habe mich wie ein Idiot aufgeführt.”
“Mach dir nichts daraus!”, erwiderte sie beiläufig.
Er nickte und hielt ihr die Hand hin. “Na ja, dann heißt es jetzt wohl Auf Wiedersehen. Diesmal vermutlich für immer.”
Nach kurzem Zögern schüttelte Joelle ihm die Hand. “Vermutlich ja.”
Kurz darauf ging er in den Hausflur und wandte sich noch einmal um. Joelle schloss gerade die Wohnungstür. Seufzend betrat er den Lift.
Da habe ich noch mal Glück gehabt, sagte Gabriel sich. Wenn Joelle nicht so selbstständig wäre, hätte sie ihm einige Schwierigkeiten bereiten können. Es wäre so einfach gewesen, ihn hinters Licht zu führen. Wenn sie behauptet hätte, das Baby sei von ihm, hätte er es ihr unter den gegebenen Umständen wahrscheinlich geglaubt.
Nun war er noch einmal davongekommen. Ja, er hatte tatsächlich Glück gehabt.
Warum war er dann nicht glücklich? Wieso war das unbehagliche Gefühl nicht verschwunden?
Und warum habe ich nicht darauf geachtet, wann genau Joelle die Vitamine verschrieben worden sind? fragte Gabriel sich plötzlich. Das Datum hätte ihm Gewissheit verschafft, wie lang sie schon schwanger war. Das hätte ihn zur Ruhe kommen lassen.
Verdammt, nun musste er sich etwas anderes einfallen lassen. Und er würde so lang in San Diego bleiben, bis es ihm gelungen war.
Zutiefst erschüttert lehnte Joelle sich aufatmend gegen die Tür, dankbar dafür, dass Gabriel endlich gegangen war.
Das war knapp, sagte sie sich. Zu knapp. Beinah hätte er alles herausgefunden,
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