Hochzeitsnacht in Acapulco
ja auch nichts von dem Baby.”
Gabriel vermied es, sie anzusehen. “Stimmt. Das weiß Sadie noch nicht.”
“Ich kann es einfach nicht fassen! Du wirst mich also in dein Haus führen und der Haushälterin als deine Ehefrau vorstellen, die dein Baby erwartet.”
Er zögerte kurz, bevor er antwortete: “Ja, genau das werde ich tun.” Als Joelle ihn ungläubig ansah, fügte er hinzu: “Und damit du weißt, was dich in den nächsten Tagen außerdem erwartet, noch Folgendes: Sobald du dich ein bisschen eingelebt hast, werden wir nach amerikanischem Recht heiraten. Ich möchte unbedingt vermeiden, dass es Schwierigkeiten mit der Legitimität meines Kindes gibt.”
“Natürlich möchtest du das”, erwiderte sie gereizt. “Darum geht es dir doch überhaupt nur.”
“Richtig. Ich wusste ja, dass du dich irgendwann zu meiner Sicht der Angelegenheit durchringst.”
“Ich kann mich nicht erinnern, dass man mir eine Wahl gelassen hätte”, bemerkte Joelle.
Gabriel neigte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: “Vergiss nicht, Ames, wir hatten die Wahl in Acapulco. Und wir haben uns dafür entschieden, miteinander ins Bett zu gehen.”
Sie errötete heftig. “Ach ja. Wie konnte ich das bloß vergessen.”
“Das sage ich ja.”
Sie wandte sich ihm zu und entdeckte, dass sein Mund ihrem ganz nahe war. Ihr stockte beinah der Atem, und rasch drehte sie den Kopf weg.
Meine Güte, wenn ich die kommenden Jahre überstehen will, muss das Thema Mexiko ein Tabu bleiben, dachte Joelle. Die geringste Anspielung darauf genügte, um in ihr gewisse Erinnerungen an das Zusammensein mit Gabriel zu wecken. Die wollte sie jedoch für immer aus dem Gedächtnis streichen. Was sollten wundervolle Erinnerungen, wenn ihr ein ödes Eheleben bevorstand?
6. KAPITEL
J oelle fühlte sich völlig fehl am Platz, während sie durchs Fenster von Gabriels rotem Pick-Up auf die vorüberziehende Landschaft blickte. Die Dämmerung senkte sich übers Land, und die flachen Marschen mit den moosbewachsenen Zypressen rechts und links des Highways wirkten beinah gespenstisch fremdartig. Diese flache Gegend mit den trüben Wasserflächen und einer unheimlichen Pflanzenwelt war so ganz anders als die Sandstrände Kaliforniens. Wenn sie nur den Funken einer Chance gehabt hätte, hätte Joelle auf der Stelle kehrtgemacht und wäre nach Hause zurückgeflogen.
Doch der Wagen fuhr mit gleichmäßig brummendem Motor die Straße entlang, und Joelle sah weiter schweigend durchs Fenster.
Schließlich bog Gabriel vom Highway in eine lange, schmale Zufahrt, die so weit das Auge reichte von riesigen, ausladenden Eichen gesäumt war. Die mit dichtem Moos bedeckten Äste streckten sich wie lange knorrige Finger dem Himmel entgegen und breiteten sich wie ein Schirm über den Boden. Die zeitlose Schönheit der Bäume beeindruckte Joelle zutiefst, und sie betrachtete Gabriels Heimat mit wachsender Hochschätzung.
Am Ende der Zufahrt kam schließlich das alte Farmhaus in Sicht, das – wie Gabriel ihr erzählt hatte – von seinem Ururgroßvater erbaut worden war. Es war ein großes weißes Gebäude im typischen Stil dieser Gegend Louisianas, die im achtzehnten Jahrhundert von den sogenannten Cajuns besiedelt worden war – Abkömmlingen französischer Siedler, die sich ihre angestammte Lebensweise und sogar einen eigenständigen, mit vielen französischen Wörtern durchsetzten Dialekt bewahrt hatten.
An dem Haus fielen besonders die Veranda und die bis zur Mansarde reichende Außentreppe auf. Unter dem Dach hatten traditionellerweise die Söhne des Hauses geschlafen, erklärte Gabriel nun Joelle. Die Töchter hingegen, deren Tugend gewahrt werden musste, hatten Zimmer nahe dem der Eltern.
Dass es den jungen Männern freisteht, zu kommen und zu gehen, wie sie wollen, ist heutzutage nicht anders, dachte Joelle. Söhne wurden immer noch bevorzugt. Wer das bezweifelte, brauchte ja nur ihren Vater zu fragen, wie enttäuscht er gewesen war, als er eine Tochter bekommen hatte.
Gabriel fuhr neben das Haus und stellte den Wagen nahe der separaten Doppelgarage ab, die natürlich, wie Joelle feststellte, jüngeren Datums als das Wohnhaus war.
“So, da sind wir.” Gabriel blickte so nachdenklich auf sein Anwesen, als würde er es nach langer Zeit zum ersten Mal wiedersehen. Schließlich stieß er die Wagentür auf und stieg aus.
Joelle atmete tief durch und verließ ebenfalls den Wagen, wobei ihr die Knie weich wurden.
“Ich nehme das Gepäck”, erklärte
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