Hochzeitsnacht in Acapulco
ein Mauseloch verkrochen.
Sadie sah sie noch mal eindringlich an, dann wies sie auf einen Stuhl an dem langen, massiven Esstisch und sagte überraschend freundlich: “Setzen Sie sich, meine Liebe. Sie sind nach der langen Reise bestimmt müde. Die heiße Schokolade ist gleich fertig, dann bekommen Sie eine Tasse davon.”
Joelle dankte ihr und setzte sich widerspruchslos. Die heiße Schokolade würde sie wärmen, noch besser wäre wahrscheinlich ein steifer Whisky, aber da sie schwanger war, verbot sich auch der kleinste Schluck Alkohol von selbst.
Kurz darauf füllte Sadie das dampfend heiße Getränk in einen Becher und stellte ihn auf den Tisch.
Joelle legte die Hände um den Becher und blies auf die Schokolade, bevor sie den ersten Schluck trank.
“Und? Schmeckt’s?”, erkundigte Sadie sich.
“Ja, wunderbar. Der unerwartet gute Abschluss eines zermürbenden Tages.”
Die Haushälterin stellte den Topf auf den Herd zurück und schaltete das Gas ab. Dann stemmte sie die Hände in die Hüften und wandte sich Joelle wieder zu.
“Ich werd jetzt mal nicht um den heißen Brei reden, sondern direkt zur Sache kommen”, begann Sadie.
“Ja, bitte.” Joelle stellte den Becher auf den Tisch und faltete die Hände im Schoß, bereit für das Schlimmste. Sie wünschte, Gabriel würde sich beeilen und wieder nach unten kommen.
“Ich liebe Gabriel, als wäre er mein eigener Sohn, deshalb will ich nicht, dass man ihm wehtut. Diese Exfrau von ihm hätte ihn beinah ins Grab gebracht. Es war ein Segen, als sie sich schließlich davonmachte.” Sadies Blick aus dunkelbraunen Augen schien Joelle zu durchbohren. “Und das sag ich Ihnen gleich: Ich werde nicht untätig dasitzen und zusehen, wie ihm das noch mal passiert.”
“Dass Sie so empfinden, kann ich gut verstehen”, erwiderte Joelle. “Ich versichere Ihnen, dass es nicht in meiner Macht steht, Gabriel zu verletzen.”
“Und das heißt genau?” Bedeutungsvoll blickte Sadie sie an.
“Gabriel und ich haben uns nicht zu dieser Ehe entschlossen, weil wir sie wollen. Ich meine: Wir sind nicht ineinander verliebt oder so.”
Sadie runzelte die Stirn. “Na, das macht aber nicht viel Sinn.”
“Hören Sie, ich glaube, ich lasse lieber Gabriel alles erklären”, meinte Joelle ausweichend.
“Verstehe. Na gut, wenn Sie hier leben werden, muss ich gleich einiges wissen: Können Sie kochen?”
Joelle zuckte die Schultern. “Ein bisschen. Ich mache ausgezeichneten Thunfischsalat.”
“Thunfischsalat?”, wiederholte Sadie trocken. Sie nahm den Topf vom Herd und füllte den Becher auf.
Joelle wagte nicht zu protestieren. Sie war so zermürbt, dass sie sich allem widerspruchslos fügte. Wenn Gabriels Haushälterin wünscht, dass ich noch einen Becher heiße Schokolade trinke, dann tue ich das eben, sagte sie sich.
Sadie ging zum Herd und stellte den Topf ab, dann kam sie zu Joelle zurück und fuhr mit der Befragung fort. “Halten Sie Ihr Haus selbst sauber?” Zweifelnd betrachtete sie Joelles sorgfältig manikürte Fingernägel.
“Ja, also … in San Diego kam einmal pro Woche eine Putzhilfe zu mir, aber sonst habe ich Ordnung gemacht.”
“Ich wette, Sie waren noch nie bei einer Boucherie, wie wir Cajuns sagen, geschweige denn haben Sie dabei geholfen.”
“Wie bitte?” Joelle lehnte sich vor. “Was heißt denn ‘Boucherie’?”
“Hausschlachtung”, erklärte Sadie und stemmte wieder die Hände in die Hüften. “Das Schwein wird auf dem Hof getötet, und dann macht man Grieben, Blutwurst und Sülze.”
Joelle drehte sich förmlich der Magen um. Plötzlich war ihr sehr übel. “Um Himmels willen, bei so etwas könnte ich nie und nimmer helfen.”
Sadie schüttelte den Kopf. “Kindchen, Kindchen, Sie müssen noch viel über die Gepflogenheiten hier in Louisiana lernen.”
Ja, das scheint mir auch so, dachte Joelle beklommen. Offensichtlich versuchte Gabriels Haushälterin, sie einzuschüchtern – und war damit sehr erfolgreich. Nervös strich sie sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen.
“Hören Sie, Sadie, ich finde es sinnlos, Ihnen eine bestimmte Information noch länger vorzuenthalten. Es gibt da etwas, das Sie unbedingt wissen müssen.”
“Und das wäre?”
“Also, es ist so: Gabriel und ich bleiben zusammen, weil … ich ein Baby erwarte.”
Endlich hatte ich den Mut, es zu sagen, lobte Joelle sich im Stillen.
“Ein Baby.” Sadie verschlug es kurz den Atem. “Na, das hätte ich doch nie …” Sie atmete
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