Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
ähnlich.«
»J a, aber das bedeutet nichts.«
»W arum?«
»N a ja, weil du heute zurück zu meinen Feinden gehst.« Ich holte tief Luft und spürte wieder Tränen in mir aufsteigen. »W enn ich Glück habe, sehe ich dich nie wieder. Sonst hätten wir nämlich Krieg und ich müsste dich verletzen.«
»O h Wendy, so etwas Trauriges habe ich noch nie gehört«, sagte Loki und sah aus, als meine er es ernst. »A ber das Leben muss nicht immer düster bleiben. Siehst du nie den Silberstreif am Horizont?«
»H eute nicht.« Ich schüttelte den Kopf. Dann hörte ich Garrett auf dem Flur nach mir rufen, was bedeutete, dass die Mittagspause vorbei war und die nächste Sitzung anstand. »I ch muss los. Wir sehen uns ja, wenn die Vittra-Königin dich abholt.«
»V iel Glück.«
Ich drehte mich um, war aber noch nicht sehr weit gekommen, als Loki mich rief.
»W endy!« Er beugte sich so weit in den Flur heraus, dass sich sein Gesicht zu einer Grimasse des Schmerzes verzogen hatte. »W enn du recht hast und wir uns wirklich erst auf dem Schlachtfeld wiedersehen, werden wir beide trotzdem niemals Krieg gegeneinander führen. Ich werde niemals gegen dich kämpfen, das verspreche ich dir.«
Die Sitzungen gingen weiter, und sie schienen sich endlos hinzuziehen. Alle hatten das gleiche Thema: was zu tun war, falls die Vittra das Abkommen sabotierten. Was zu tun war, falls die Vittra angriffen. Was zu tun war, falls die Vittra versuchten, mich zu entführen.
Und auf all das gab es nur eine einzige Antwort: Wir würden kämpfen. Tove und ich würden unsere Fähigkeiten einsetzen, die Tracker ihre Stärke und Kampfkünste. Und der Kanzler würde sich in einer Ecke verstecken.
Kurz vor der offiziellen Ankunft der Vittra-Königin mussten wir noch den Vertrag unterzeichnen. Die Vittra hatten ihn bereits gebilligt und Orens Name stand in blutroter Tinte darunter. Garrett brachte den Vertrag in Eloras Zimmer, und sie fügte ihre Signatur hinzu. Als er mit dem Dokument zurückkam, mussten wir nur noch in der Einsatzzentrale auf Sara warten.
Um halb drei gab Elora Loki frei und er versprach, sich tadellos zu benehmen. Finn und Thomas behandelten ihn dennoch wie eine tickende Zeitbombe.
Da wir die Monarchin einer feindlichen Nation empfangen würden, hielt ich es für besser, wie eine richtige Prinzessin auszusehen, vor allem weil Elora nicht bei der Übergabe dabei sein konnte. Ich zog ein dunkelviolettes Kleid an und bat Willa, mir mit meinem Haar zu helfen.
»W enn ich gewusst hätte, dass du dich so schick machen würdest, hätte ich mich auch umgezogen«, witzelte Loki, als Finn und Thomas ihn in die Einsatzzentrale führten. Finn schubste ihn unnötig grob auf einen Stuhl, aber Loki nahm es klaglos hin.
»Z eig gefälligst Respekt vor der Prinzessin«, zischte Duncan ihm mit eiserner Miene zu.
»V erzeihung«, sagte Loki. »I ch habe natürlich vor allen hier enormen Respekt.«
Er sah sich um. Duncan, Finn, Thomas, Tove, der Kanzler und ich würden Sara empfangen. Alle anderen waren auf Stand-by, falls wir sie brauchten, aber es sollte nicht so wirken, als wollten wir Sara in einen Hinterhalt locken.
»H abt ihr eure Meinung geändert und beschlossen, mich doch hinzurichten?«, fragte Loki und musterte uns. »I hr seht nämlich alle aus, als würdet ihr auf eine Beerdigung gehen.«
»N icht jetzt bitte«, sagte ich, drehte an meinem Armreif und beobachtete die Uhr.
»W ann dann, Prinzessin?«, fragte Loki. »W ir haben noch knapp eine Viertelstunde, dann bin ich weg.«
Ich verdrehte die Augen und ignorierte ihn.
Als die Türglocke ertönte, tigerte ich gerade nervös durch den Raum. Ich fuhr zusammen. Die Übergabe sollte kurz und schmerzlos ablaufen, aber ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete. Mein Vater hatte die Tryll schon zu häufig belogen und betrogen.
»L os geht’s«, sagte ich und holte tief Luft.
Ich trug den Vertrag, eine Papierrolle, die mit einer roten Schleife zusammengebunden war, an der Spitze der Abordnung zur Eingangshalle. Duncan folgte zu meiner Linken, Tove zu meiner Rechten. Finn und Thomas flankierten Loki, sie hatten ihn an den Armen gepackt, für den Fall, dass er Ärger machte. Der Kanzler bildete das Schlusslicht der Prozession.
Zwei Wachen hatten die Königin hereingelassen und warteten bei ihr. Sie stand in der Mitte der runden Halle, und ihr scharlachroter Umhang war mit Schneeflocken bedeckt. Ihre Kapuze hatte sie zurückgeschoben, und ihre Wangen leuchteten rot vor Kälte.
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