Höchstgebot
mich als Experten zu dieser Untersuchung herangezogen«, erklärte er kühl in Erwartung eines Protestes.
»Das ist sicher eine sehr gute Wahl«, antwortete Kampmann jedoch beinah unterwürfig, »zumal dem ja glücklicherweise nichts mehr entgegensteht.«
Robert starrte ihn überrascht an.
»Ich hoffe sehr auf Ihr Verständnis dafür, dass wir Sie nicht so schnell aus dem Kreis der Verdächtigen entlassen konnten«, fuhr Kampmann gewunden fort. »Aber nachdem die Polizei heute die Kuriere mit der Aussage einer Maastrichter Streifenwagenbesatzung konfrontiert hat und diese zugeben mussten, dass nicht Sie für die Aufhebung des Geleitschutzes verantwortlich waren, sondern der Fahrer selbst«, er sog schnell und heftig Luft ein wie der deutsche Fußballbundestrainer, »und nachdem wir die Amateurfilme von dem Zugunglück, die ja inzwischen vielfältigst im Internet kursieren, eingehend studiert haben und die Ernsthaftigkeit des Mordversuches gegen Sie unzweifelhaft zu erkennen ist«, wieder schnappte er theatralisch nach Luft, »haben wir keinerlei Grund, unser Misstrauen gegen Sie aufrechtzuerhalten.« Beim Reden hatte sein Gesicht nun doch wieder an Farbe gewonnen.
»Schwamm drüber«, erklärte Robert jovial und kämpfte gegen ein Grinsen an, weil er sofort einen großporigen gelben Schwamm vor Augen hatte, der über Kampmanns rote Stirn wischte wie über ein Autodach.
»Also, Abmarsch nach oben«, bestimmte Molendorp.
»Wir müssen noch warten«, bat Kampmann. »Es ist im Interesse der A.S.T.-Assekuranz , alle Schritte eng mit dem neuen Eigentümer des Gemäldes abzustimmen. Limbs bv hat einen Anwalt entsendet, der jetzt eigentlich auch schon hier sein sollte.« Kampmann sah sich suchend um, als hätte der Anwalt sich bisher vor ihm versteckt.
Molendorp seufzte. »Dann nutzen wir die Zeit und Sie erklären mir, warum ein so wertvolles Gemälde nicht per Hochsicherheitstransport durch die Weltgeschichte gekarrt wird.«
»Na ja, es war immer ein Bewacher dabei«, wand sich Kampmann. »Natürlich wäre es uns am liebsten, es würden immer mehrere Sicherheitsbeamte mitfahren. Aber wenn Sie überlegen, wie viele Museen, Galerien und Auktionshäuser es gibt und wie viele Kunsttransporte jeden Tag mit Millionenwerten auf unseren Straßen unterwegs sind – das wäre ein ungeheurer Kostenfaktor für unsere Kunden.«
»Der sich hier bezahlt gemacht hätte.«
»Das ist wahr«, sagte Kampmann tieftraurig. »Andererseits ist es der erste Überfall auf einen Kunsttransport, seit ich bei der A.S.T. arbeite. Unterwegs ist die Kunst sicherer als in vielen Museen. Ziel, Route und Termin sind immer nur wenigen absolut zuverlässigen Führungskräften bekannt. Das war diesmal nicht anders.«
»Wieso sind Sie sich da so sicher?«, hakte Katja nach.
Kampmann hob hilflos die Schultern. »Wir arbeiten seit Jahren für diese Unternehmen.«
»Manchmal trübt das den Blick. Meine Kollegen nehmen sich die Beteiligten jedenfalls intensiv vor.«
Das Gespräch verstummte. Robert ließ sich wieder auf die Bank zurücksinken und schloss die Augen.
Der Anwalt sah aus, wie ein Anwalt aussehen sollte, der eine Firma zur Produktion militärischer Kampfroboter vertritt. Ein smart gescheitelter Tom Cruise, nur dreißig Zentimeter größer. Er bietet dir die Hand, er lächelt dich herzlich an und in deinem Postfach landet in derselben Sekunde eine Klageschrift, die dich durch die Hölle gehen lassen wird.
Einstweilen stiegen sie jedoch erst einmal in den zweiten Stock. Die inzwischen eingetroffene Spurensicherung legte eine kleine Pause ein, um ihnen einen Blick auf den Magritte zu ermöglichen.
Kampmann holte umständlich einen Fotoapparat aus seiner Aktentasche und machte ein paar Bilder.
Robert wies ihn auf die wichtigsten Schadstellen hin und vergaß auch nicht, die im Albert-Kanal zwischengelagerten Randstücke zu erwähnen, die nun im Lütticher Polizeipräsidium vor sich hin gammelten. Als er dem Versicherungsmann erklärte, wie die nächsten Schritte der Restaurierung aussehen müssten, unterbrach ihn der Anwalt.
»Was Sie da erzählen, ist sicherlich interessant, aber rein theoretischer Natur. Limbs wird einen eigenen Restaurator engagieren.«
Kampmann wirkte von dieser Aussage angegriffener als Robert. Vielleicht witterte er eine finanzielle Gefahr für sein Unternehmen oder es gab unumstößliche Direktiven, jedenfalls trat er dem Anwalt erstaunlich selbstbewusst entgegen.
»Herr Patati ist wohl derzeit der Restaurator,
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