Höchstgebot
der am besten mit diesem Gemälde vertraut ist. Darüber hinaus haben wir seinen Leumund geprüft und nur die besten Referenzen erhalten. Insofern besitzt Herr Patati unser Vertrauen und wir sind zu der Überzeugung gelangt, ihm den Auftrag über die Restaurierung des Werkes zu erteilen.«
»Eigentümer des Objektes ist meines Wissens Limbs bv . Sie allein hat darum zu bestimmen, wer Hand an das Bild legen darf«, antwortete der Anwalt lächelnd.
»Ich darf Sie auf Paragraf siebzehn unserer Versicherungsbedingungen aufmerksam machen«, gab Kampmann diensteifrig zurück. »Demnach obliegt die Entscheidung, von wem ein während des Transports entstandener Schaden am Kunstwerk zu beheben ist, dem Versicherer.«
»Wenn ich einen entscheidenden Passus ergänzen darf, der Ihnen abhanden gekommen zu sein scheint: in einvernehmlicher Abstimmung mit dem Schadensopfer.«
»Natürlich, natürlich. Deswegen schlage ich zur Vermeidung langwieriger juristischer Auseinandersetzungen vor, dass Sie Ihrerseits einen Restaurator Ihres Vertrauens als Gutachter benennen und Herr Patati nach Einvernehmen über das nötige Prozedere unter dessen Aufsicht die Restaurierung vornimmt.«
Im anwaltlichen Gesicht war keinerlei Gefühlsregung zu erkennen. »Wir verlangen, dass mit der Restaurierung erst in Gegenwart unseres Restaurators oder des Eigentümers …«
»… begonnen wird. Einverstanden«, beendete Kampmann den Satz seines Gegners mit schlecht verborgenem Triumph in der Stimme.
»Schön, dass Sie sich so schnell geeinigt haben, meine Herren«, schaltete sich Molendorp ironisch ein, »aber man soll das Fell des Magritte nicht verteilen, bevor er nicht erlegt ist.« Er horchte seinen Worten nach, als müsste er sich selbst erst vergewissern, dass sie von ihm stammten und was sie eigentlich bedeuteten. Er hüstelte. »Soll heißen, das Gemälde geht mit allen Teilen, wo immer sie auch gefunden wurden, in die Kriminaltechnik des Lütticher Präsidiums. Und danach will ich es weiter unter Kontrolle behalten. Es kommt weder zu der Firma Limbs «, er zeigte auf den Anwalt, »noch in Ihre Werkstatt«, er wies auf Robert.
»Genau«, schaltete sich Robert ein und alle sahen ihn überrascht an. »Ich hatte vorhin die Gelegenheit, mit dem Teamleiter der Spurensicherung zu sprechen. Mit dem Rahmen sind sie schon fertig, das Gemälde schaffen sie in maximal zwei Stunden. Und für die Restaurierung, bei der jeder Schritt ausführlich dokumentiert wird, weiß ich einen Ort, mit dem Sie, Sie und Sie absolut zufrieden sein werden.«
12
Jens Hinrichs verfügte über ein bemerkenswertes Regenerationsvermögen. Micky hatte ihn mit voller Wucht im Gesicht getroffen, aber er schien von dem Bluterguss, der sich allmählich von seiner linken Schläfe bis zur Augenhöhle hin ausbreitete, sowie von der Beule über seiner Nase kaum etwas zu bemerken. Oder er tat nur so.
Nachdem er seinen Anzug abgeklopft und zurechtgezupft hatte, hob er die zwei Hälften seiner Brille auf und steckte eine davon in seine Brusttasche. Die andere nahm er am Bügel und hielt sie wie ein Monokel ans rechte Auge. Schnell las er Carsten Roeders interne Mail durch.
Micky musterte ihn derweil. Mit seinem kurzen Bürstenhaarschnitt und dem unbewegten Gesichtsausdruck ähnelte ihr Angreifer eher einem preußischen Offizier, der nach einer verlorenen Schlacht noch einmal die Generalstabskarte studierte, als dem Abteilungsleiter eines Prothetiklabors.
»Sie sind also Frau Spijker, Ermittlungsbeamtin der Nationalen Untersuchungsbehörde für Pyrotechnik«, sagte er. »Wo befindet sich diese Behörde?«
»In Arnheim, in den Niederlanden«, antwortete sie. »Für die Dauer der Ermittlungen bin ich in Aachen stationiert.«
Als Polizistin hatte sich Micky daran gewöhnt, Außenstehenden gegenüber so wenig wie möglich über ihren Beruf preiszugeben. Dabei war es ihr zur zweiten Natur geworden, mit den Fakten so dicht wie möglich an der Wahrheit zu bleiben. Auf einer Geburtstagsparty hatte sie so einmal behauptet, bei der Schädlingsbekämpfung zu arbeiten.
Jens Hinrichs entschuldigte sich noch einmal für den rauen Empfang und schlug Micky vor, sich draußen weiterzuunterhalten. »Ich bin durch den Brand ein wenig durcheinander«, erklärte er. »Ich habe Sie für eine Einbrecherin gehalten, die die Situation ausnutzen wollte. Herr Roeder hätte gut daran getan, mich persönlich zu informieren, dann hätte ich die Mitteilung in Roeder West verbreitet, wie ich es sonst auch immer
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