Höchstgebot
können, aber bis zu dieser Woche hat er sich nichts zuschulden kommen lassen. Er hat seine Abschlüsse geschafft und hier bei ASSU angefangen. Mit Heino als zweitem Mann. Ach, der Heino, das ist auch so einer, den man ein bisschen mehr an die Hand nehmen muss. Ich habe, so gut ich konnte, das Meine dazu beigetragen.«
»Wie haben die beiden sich angefreundet?«, fragte Micky.
»Sie haben sich gut ergänzt. Heino suchte bei Freddy Halt und Freddy brauchte Heino, um den starken Mann herauszukehren.«
»Aber Sascha Heidfeld alias Freddy hatte Geldprobleme, oder?«, fragte Katja.
Bayder nickte, als hätte er diese Frage bereits erwartet. »Er hat angefangen zu spielen. Vor ungefähr einem Jahr. Erst hier in Aachen im West Spiel Casino , später in Valkenburg. Er wurde ein richtiger Großkotz, vor allem, wenn er gewonnen hatte. Dann gehörte ihm die ganze Welt und er dachte, er könnte sich alles erlauben. In Aachen ist er zu weit gegangen. Man hat ihn erwischt, wie er Chips seiner Mitspieler geklaut hat. Er hat sie genommen, kurz bevor die Kugel gefallen ist. Wenn die Spieler verloren, merkten sie nicht, dass ihr Einsatz bereits verschwunden war.« Bayder lächelte, als fände er den Trick im Grunde nicht schlecht, auch wenn er nicht an seine Durchführbarkeit glaubte. »Natürlich flog er auf, als Spieler gewannen und ihren Einsatz nicht mehr fanden. Ich konnte die Sache regeln, bevor jemand Anzeige erstattet hat. Aber er bekam lebenslanges Hausverbot.«
»Waren seine finanziellen Probleme damit gelöst?«
»Das letzte Mal hat er vergangenen Monat um Vorschuss gebeten.«
»Wahrscheinlich nicht zum ersten Mal?«, fragte Katja.
»Er steckte schlimmer in Schwierigkeiten, als er sich anmerken ließ. Tja, und dann plötzlich diese Verzweiflungstat und wir haben das Nachsehen.« Bayder seufzte schwer.
»Hat seine Arbeit unter seiner Spielsucht gelitten?«, fragte Katja.
»Nein, seltsamerweise überhaupt nicht«, antwortete Bayder. »Abgesehen davon, dass er sich ein paar Mal krankgemeldet hat. Dann war er für ein, zwei Tage unauffindbar. Aber er ist immer wieder aufgetaucht. Na ja, wir sind alle mal jung gewesen. Übrigens hat Carsten Roeder große Stücke auf ihn gehalten. Er hat mich persönlich gebeten, Freddy fest bei Roeder West einzusetzen. Das war praktisch, weil ihn dort seine Pflegeschwester ein bisschen im Auge behalten konnte. Das Labor ist zwar ein sensibles Objekt, aber wie ich schon sagte: Es gab nie Klagen über ihn.«
»Seine Pflegeschwester?«, fragte Katja. »Wer ist das?«
»Na ja, seine inoffizielle Pflegeschwester. Dr. Sybille Wenger. Die bei dem Brand umgekommen ist. Sie hat Freddy praktisch großgezogen. Ihr Tod muss ein schwerer Schlag für ihn gewesen sein. Deswegen habe ich es auch nicht an die große Glocke gehängt, als er nicht zur Arbeit kam. Ich dachte, er braucht ein bisschen Zeit, um den Verlust zu verarbeiten.«
»Und wenn Freddy nicht kam, dann …«, begann Micky.
»… ließ sich auch Heino nicht blicken, ja. Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen.«
»Haben dieser Jens Hinrichs und Ingrid Roeder etwas miteinander?«, fragte Micky, während sie die Adresse in der Weststraße ins Navi eingab.
»Unvorstellbar.«
»›Also sehr gut möglich‹, sagt man auf der Polizeischule immer.«
Das Team von Roeder West hatte inzwischen in zwei Containern Quartier bezogen, die rechts und links neben dem Eingang des beschädigten Gebäudes aufgestellt worden waren. Anstelle des Schlagbaums, der noch immer wie ein abgebrochener Ast aus der Verankerung ragte, hielt jetzt ein ASSU – Mitarbeiter Wache. Micky und Katja meldeten sich an und der Wachmann zeigte auf den rechten Container.
Ingrid Roeder saß an ihrem Schreibtisch, vertieft in eine Akte. Jens Hinrichs stand hinter ihr, und wenn hinter ihm in der Ecke keine Klimaanlage gerauscht hätte, hätte er seiner Chefin gewiss mit einem Riesenfächer Luft zugewedelt. Bei Mickys Anblick konnte Ingrid Roeder ihre Überraschung nicht verbergen. Sie setzte ihre Brille ab und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
»Als unabhängige pyrotechnische Beraterin haben Sie die Grenzen Ihres Auftrags jetzt wohl erreicht«, sagte sie steif. »Oder haben Sie eine andere Laufbahn eingeschlagen?«
»Die Untersuchung von Frau Hellriegel kreuzt die meine«, erklärte Micky. »Warum sollten wir Sie also zwei Mal stören, wenn ein Mal ausreicht?«
Ingrid Roeder beließ es bei einem gleichgültigen Nicken, um anzudeuten, dass ihr Mickys Auftragsdefinition
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