Höchstgebot
eine Tochterfirma von Limbs auf.«
»Jean Debriek ist ein waschechter Doppelagent? Allmählich gewinnt der Kerl an Attraktivität.« Anouk strich mit einem Finger, versonnen in die Ferne schauend, an einem ihrer schön geschwungenen Schlüsselbeine entlang.
»Agent? Wohl eher ein ganz mieser Lobbyist in eigener Sache. Wenn es nicht um dieses schöne Bild hier ginge, würde ich möglichst schnell möglichst großen Abstand zwischen ihn und mich bringen.«
»Er macht eigentlich einen ganz netten Eindruck.«
»Ja, ja, er ist bestimmt auch sehr freundlich zu kleinen Kindern und Hunden. Aber als Geschäftsmann versteht er keinen Spaß.«
»Darf man als Geschäftsmann ja wohl auch nicht, oder?«
»Und wie weit darf das gehen? Zwei Beiratsmitglieder der Stiftung sollen zurückgetreten sein. Ihre Namen sind auch tatsächlich von der Stiftungsseite verschwunden. Aber die beiden haben sich selbst auf Nachfrage öffentlich nicht dazu geäußert. Das riecht mächtig nach Angst.«
»Oder nach Geldgeschenken, Partyorgien, Vergnügungsreisen«, entwickelte Anouk begeistert ihren Agententhriller fort.
Um den Urlaubern vorzugaukeln, Valkenburg böte mehr als Essen und Trinken, war jeder Steinhaufen zu einer Ruine oder alten Burg erklärt worden, und jedes Loch in der Erde durfte sich als prähistorische Höhle, ehemalige Steinkohlenmine, Kapelle oder sonst etwas bezeichnen, für das man jedenfalls Eintritt bezahlen musste.
Als Micky und Katja durch die Innenstadt fuhren, drängten sich auf den Bürgersteigen singend und lallend Scharen von Jugendlichen von Außenterrasse zu Außenterrasse, was Micky zu der Bemerkung verleitete, dass Sascha und Patrick mit ihrem Schlagerrepertoire hier überhaupt nicht auffallen würden.
Das Reisebüro befand sich am Stadtrand, im hinteren Teil eines Geschäfts für Karnevalsartikel. Der Besitzer stellte sich schläfrig als Roel Frottier vor und entpuppte sich als Prototyp des Limburger Genussmenschen. Seinem ausführlichen Gähnen entnahmen Micky und Katja, dass sie ihn aus seiner Siesta gerissen hatten. Er roch nach Alkohol und Zigarrenrauch und sah sie glasig an, als sie ihn fragten, ob er Sascha Heidfeld, eventuell zusammen mit Patrick Schmidt, gesehen habe.
»Heidfeld … ja, der Name kommt mir bekannt vor, er hat gelegentlich bei uns gebucht. Weshalb suchen Sie ihn denn?«, fragte er.
»Das hat Ihnen Commissaris Molendorp doch erklärt«, sagte Micky. »Gemälderaub, ein Zugunglück … na, klingelt’s?«
»Ach, Sie meinen Henk vom Elferrat? Ja, den hatte ich gerade noch am Telefon. Ist es denn dringend, Mevrouw?«
»Ja«, antwortete Micky. »Wo hat Sascha Heidfeld normalerweise gewohnt?«
»Er war nicht sehr anspruchsvoll«, antwortete Frottier, dem allmählich dämmerte, dass er eine kleine Rolle bei internationalen Kriminalermittlungen spielen durfte. Er bemühte sich redlich, professionell zu wirken. »Ob Bungalow oder fester Wohnwagen war ihm egal, einmal hat er sogar in einem Hauszelt gewohnt. Er hat mich oft freitags angerufen und dann habe ich nachgesehen, wo noch etwas frei war und nicht viel kostete.«
»Ich meine, in welchem Ferienpark er wohnte«, erklärte Micky.
»Unterschiedlich«, antwortete Frottier und zählte an den Fingern ab: »Einmal hat er in De Sjeune gewohnt, ein andermal in De Wel , dann wieder in De Sjapperal oder De Valk , ach, und ich habe ihn auch manchmal nach De Gulper geschickt.«
»Mehr nicht?«, fragte Katja.
»Na ja, Mevrouw, fünf Campingplätze in der Umgebung, finden Sie das zu wenig?«
»Kann man da auch ohne Reservierung am Empfang nachfragen, ob etwas frei ist?«, fragte Micky.
»Natürlich, wir Limburger legen großen Wert auf Gastfreundschaft.«
»Geben Sie mir die Adressen?«, bat Micky.
Frottier winkte sie nach hinten durch, schob ein Gestell mit Horrorcapes und Mönchskutten beiseite und öffnete eine Schublade in der dahinterstehenden Kommode.
»Heidfeld …«, murmelte er.
Mit schwungvoller Geste zog er eine Mappe aus einem Hängeregister heraus und überreichte sie Micky. »Hier, bitte, Mevrouw, alle Reservierungen und Rechnungen von Meneer Heidfeld. Sollten Sie noch weitere Informationen benötigen, hier ist meine Karte.«
Er fügte eine Verbeugung hinzu.
Im Auto sahen sich Micky und Katja die Reservierungen an.
»Das bedeutet eine Tour de Valkenburg«, stellte Micky fest. »Lass uns mit De Sjeune anfangen.« Ferienparks waren ihr ein Graus. Sie hatte mehrmals Familienwochenenden in einem solchen Park verbracht und
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