Höchstgebot
sehen.«
»Dann rufen Sie einen Krankenwagen«, befahl Micky.
Sie kniete sich hin und schnitt vorsichtig die Kabelbinder durch, mit denen Patricks Handgelenke verschnürt waren. Wieder verzog der Junge das Gesicht. Sie hielt ihn fest im Arm und beugte sich über ihn.
»Patrick Schmidt!«, sagte sie laut. »Kannst du mich verstehen?«
»Sascha …«, murmelte Patrick. »Sascha …« Er hustete und versuchte, sich aufzusetzen, aber Micky hielt ihn zurück. Sie streifte die Gummihandschuhe über, die sie in ihrem Eimer dabeihatte.
»Ich befreie jetzt deine Atemwege«, kündigte sie an. Sie steckte Patrick einen Finger in den Mund und holte mit einer Bewegung einige harte, blutige Stücke heraus, die auf den Asphalt fielen. Es waren seine Zähne.
Katja kam zurückgelaufen. »Weg«, rief sie. »Ich habe Molendorp schon angerufen.« Sie setzte sich neben Micky.
Patrick bewegte die Lippen. »Sascha, er muss …«
Katja legte ein Ohr an seinen Mund und fragte: »Was ist mit Sascha?«
Patrick hob seinen Arm leicht an und zeigte in Richtung Haupteingang. »Sie suchen ihn.«
Micky wischte mit einem Taschentuch seinen Mund ab.
»Wer sucht Sascha?«, fragte Katja.
»Zwei, es sind zwei.«
»Wo fahren die beiden jetzt hin?«, fragte Katja.
»Zu Sascha.« Patrick schnappte nach Luft, dann sank sein Kopf zur Seite. Micky kniete sich neben ihn und tätschelte ihm die Wange. Die Frau mit dem Schoßhündchen reichte ihr einen Becher Wasser.
»Hallo, Patrick, bleib bei uns!«
Patrick öffnete die Augen so weit wie möglich.
»Wo ist Sascha jetzt, Patrick?«, drängte Katja.
»Carsten. Treffen.«
»Wo sind sie verabredet?«
»Kasino.«
»In Valkenburg?«
Patrick nickte schwach.
»Warum trifft er Carsten?«
Micky setzte Patrick den Becher an die Lippen und gab ihm etwas zu trinken.
»Carsten muss uns helfen.« Patrick schluchzte. »Hab alles verraten.« Ihm fielen die Augen zu.
Micky stellte den Becher ab. »Heino!«, beschwor sie ihn. »Junge, komm bald wieder!«
Ein schwaches Lächeln erschien auf Patricks Gesicht, was angesichts seiner Verletzungen eine große Leistung war. In der Ferne ertönten verschiedene Sirenen. Wieder zuckten Patricks Beine und er schnappte nach Luft. Mutlos ließ er den Kopf zur Seite sinken.
Katja sah Micky fragend an und hob die Schultern. Hinter ihr erschienen zwei Rettungsassistenten. Die beiden Frauen traten zur Seite. Plötzlich stand auch Molendorp da. Hinter ihm bremsten mehrere Streifenwagen scharf ab.
Patrick schien nichts davon zu registrieren. Ein Rettungssanitäter breitete eine Decke über ihm aus. »Hat er etwas über seine Verletzungen gesagt?«, fragte der Mann.
»Nein, nichts Besonderes«, antwortete Micky. »Wir haben ihn bei Bewusstsein gehalten.«
»Kommt ihr mit?«, fragte Molendorp und dirigierte Micky und Katja zu einem Kleinbus der Polizei.
»Ist die Verhaftungseinheit schon hier?«, fragte Micky zurück.
In diesem Moment bremsten zwei Audi A4 direkt vor der Wanderhütte. Die Türen wurden gleichzeitig aufgestoßen und acht junge Männer sprangen heraus.
»Da«, antwortete Molendorp. »Einsatzbereit und wachsam wie immer, nur an der Anfahrtszeit müssten sie noch arbeiten.«
»Schick sie sofort zum Kasino«, sagte Katja. »Sascha hat dort eine Verabredung mit Carsten. Er wird von zwei Männern verfolgt, die ihn fertigmachen wollen.«
Micky und Katja rannten in Richtung Ausgang.
»Was macht ihr denn?«, rief Molendorp.
»Sascha Heidfeld retten«, rief Micky über die Schulter zurück. »Bevor aus ihm Hackfleisch gemacht wird.« Oder aus Carsten Roeder, dachte sie.
Auch Molendorp lief los. »Ich gebe den Kollegen vom Verhaftungsteam unterwegs Bescheid, wo sie hinmüssen«, keuchte er, während er sich auf die Rückbank hinter den Fahrersitz warf.
19
Micky und Katja stellten ihr Auto auf einem Frauenparkplatz in der Tiefgarage ab, unmittelbar neben dem Aufzug, der wie ein Zugcoupé aus dem neunzehnten Jahrhundert aussah und direkt zu den Spielsalons führte.
»In den Putzklamotten kommt ihr da nicht rein«, stellte Molendorp fest. »Die Kleiderordnung ist inzwischen wieder sehr strikt. Ihr könnt euch vom Videoraum aus alles ansehen. Ich regele das mit dem Salonmanager.«
Molendorp sprintete zur Anmeldung, vor der bereits eine Reihe von Gästen wartete. Micky und Katja beobachteten einige Schritte entfernt, wie Molendorp mit einem Mann mit grauen Schläfen redete, der die Streifen von den Eintrittskarten abriss. Ein zweiter Mann gesellte sich zu
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