Höchstgebot
die Hand, Micky begnügte sich mit einem kurzen Nicken. Sie postierten sich an beiden Seiten seines Bettes.
»Bei euch will ich mit offenen Karten spielen«, behauptete Sascha. »Fragt mich und ich werde euch alles sagen. Ihr habt mich aus dem Bullshit in Valkenburg gerettet.«
»Sogar zwei Mal«, stellte Micky fest.
Während ihrer Zeit bei der Polizei hatte Micky den Verhörspezialisten stets eingeschärft, einem Verdächtigen möglichst das Gefühl zu vermitteln, immer für ihn da zu sein, wenn er sein Herz ausschütten wollte. Außerdem sollten sie durchschimmern lassen, es als Ehre zu betrachten, dass sich der Verdächtige ausgerechnet ihnen öffnen wollte. Dieses Stadium konnten sie also überspringen – Sascha Heidfeld brannte darauf, ihnen seine ganze Lebensgeschichte zu erzählen.
»Hey, bist du von der niederländischen Polizei?«, fragte er. »Hast du gerade zwei Mal gesagt?«
»Sie! Herr Heidfeld«, verbesserte ihn Katja.
Sascha errötete.
»Entschuldigung. Ich dachte, weil wir in den Niederlanden sind …«
Micky grinste innerlich. Sie beschloss, dieses deutsche Siezen-Duzen-Problem für sich zu nutzen und den guten Bullen zu geben, der Sascha weiter vertraulich duzte.
»Tatsächlich arbeitet ein internationales Team an diesem Fall«, erklärte Katja. »Deswegen ist sie dabei.«
»Wann war denn das zweite Mal?«, fragte Sascha. »Ich weiß nur noch, dass ich unterwegs beinahe aus der Kurve geflogen wäre. Allerdings erinnere ich mich auch daran, dass Sie geschossen haben, als ich im Auto saß. Das war cool von Ihnen! Ich dachte ja, die beiden Typen wären von der niederländischen Polizei.«
»Danach hast du die Gäste von drei Außenterrassen umgenietet. Das war kein schöner Zug von dir, Sascha«, tadelte Micky.
Sascha zuckte mit den Schultern, als hätte er nichts damit zu tun gehabt.
»Darf ich zuerst um einen Gefallen bitten?«, fragte er. »Nein, eigentlich zwei.«
Katja nickte.
»Bitte nennen Sie mich Freddy und nicht Sascha, ich hasse diesen Weibernamen. Und könnten Sie bitte Heino abholen? Er wohnt in einem Häuschen auf dem Campingplatz De Gulper . Bestimmt macht er sich schon Sorgen, denn er weiß ja nicht, dass ich hier bin.«
Dass er ihnen als Willkommensgeschenk gleich den Unterschlupf seines Kameraden verraten würde, hatte Micky nicht erwartet. Das wiederum stellte sie vor die Frage, ob sie erzählen sollten, dass Freddys singender Freund schwer verletzt auf der Intensivstation lag.
»Für Patrick ist gesorgt«, sagte Micky ausweichend. »Fangen wir an? Wir haben eine Menge Fragen und wollen dich nicht zu sehr belasten.« Sie nickte Katja zu und griff nach ihrem Notizbuch.
Katja fragte: »Können Sie uns eine Beschreibung der beiden Männer geben, die versucht haben, Sie zu entführen?«
»Nein, tut mir leid, es ging zu schnell. Ich wurde in das Auto gezerrt und bekam sofort einen Sack über den Kopf gestülpt.«
»Haben Sie die Männer vorher schon einmal gesehen?«
»Nein. Heinos Mutter hatte uns gewarnt, dass wir von der Polizei gesucht wurden, gleichzeitig aber auch von einem privaten Detektivbüro. Sie hat geglaubt, die Männer wären von der Versicherung.«
»Warum wollten Sie Carsten Roeder sprechen?«
»Er sollte uns helfen. Wegen ihm saßen wir schließlich in der Scheiße. Heino und ich hatten keinen Cent mehr und das Gemälde waren wir auch los.«
»Wieso habt ihr wegen Carsten in Schwierigkeiten gesteckt?«, übernahm Micky.
»Er hat Sybille benutzt, bis er sie nicht mehr brauchte.«
»Benutzt?«
»Sie war schwanger von diesem Mistkerl! Aber er ließ sie sofort fallen, nachdem sie ihm davon erzählt hatte. Sie musste ganz allein damit klarkommen. Und von Frau Roeder hatte sie auch nichts zu erwarten.«
»Warum nicht?«
»Weil Sybille die ganze Zeit für Carsten gearbeitet hatte.«
»Aber sie war doch auch bei der Firma Roeder angestellt?«
»Na ja, aber sie hat alles an Carsten weitergegeben, was im Labor geschehen ist. Roeder hasst seine Schwester, und das beruht auf Gegenseitigkeit.«
»Willst du damit sagen, dass deine Pflegeschwester für Carsten spioniert hat?«
»Ja, so etwas in der Art.«
»Warum sollte sie so etwas tun? Das würde nur einen Sinn ergeben, wenn in dem Labor etwas gelaufen ist, was sie im Hauptquartier nicht wissen durften. Schließlich sind die beiden doch keine Konkurrenten?«
»Keine Ahnung, ich hab nur meinen Dienst geschoben.«
»Aber dein Chef Bayder hat dich ständig bei Roeder West eingesetzt, weil Carsten das
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