Höchstgebot
Nanochips zu übertragen, kombiniert mit einer Hochgeschwindigkeitstransmission auf der Basis von Graphenmodulatoren. In der Übergangsphase war nur das System aktiv, das die Daten auf die Disc-Arrays im Serverraum übertrug.«
Er schwieg einen Moment, als sich Micky ein Croissant mit Marmelade bestrich. »Diese technischen Einzelheiten spielen jetzt keine Rolle. Wichtig ist: Die Damen und Herren der Versicherung haben festgestellt, dass sämtliche Datenträger vollkommen unlesbar geworden sind. Ihrer Meinung nach können durch einen Brand zwar durchaus Daten verlorengehen, doch ein gewisser Prozentsatz kann immer rekonstruiert werden, selbst nach großer Hitzeeinwirkung wie bei dem Feuer in der Roeder – Niederlassung. Dennoch sind hundert Prozent der Daten vernichtet.«
»Und das bedeutet?«, fragte Micky kauend.
»Dass die Versicherung die Ursache des Datenverlustes nicht dem Brand zuschreibt.«
»Und wo soll sie stattdessen liegen?«
»Die RRV hat weder die Pflicht noch die Befugnis noch die Möglichkeit und schon gar keine Lust, das zu untersuchen«, sagte Michael. »Doch schon die Tatsache allein reicht, um die Schadensregulierung zu blockieren.«
»Kurzum, es muss jetzt umso intensiver nach der wirklichen Ursache der Vernichtung gesucht werden, weil sie das Überleben von Roeder gefährdet?«
»Korrekt«, bestätigte Michael. »Diese Frage hat absolute Priorität, auch vor dem Untersuchungsziel, das Carsten unter der Rubrik ›inoffiziell‹ laufen ließ. Vielleicht irrt sich die RRV oder es handelt sich um einen Versuch, sich vor finanziellen Verpflichtungen zu drücken. Von jetzt an berichten Sie mir.«
»Eine Frage«, sagte Micky. »Weiß Ingrid Roeder darüber Bescheid?«
Michael schüttelte den Kopf. »Frau Roeder besitzt zehn Prozent der Unternehmensaktien«, sagte er. »Carsten hat in seinem Testament seine Mutter als Alleinerbin eingesetzt. Leider erlaubt ihr ihre gesundheitliche Situation nur begrenzte Aktivitäten. Sie hat mich gebeten, alles zu tun, was für den Weiterbestand von Roeder nötig ist.« Delgado stand auf. »Entschuldigen Sie, aber es liegt sehr viel Arbeit vor uns. Haben Sie noch Fragen?«
Micky begleitete ihn ins Foyer. »Ja, könnten wir uns vielleicht duzen?«
Das Erstaunen auf Michaels Gesicht hätte nicht größer sein können, wenn sie ihm vorgeschlagen hätte, sie zu einer Runde wildem Sex auf ihr Hotelzimmer zu begleiten.
»Das würde einige Verwirrung innerhalb des Unternehmens stiften«, antwortete er steif. »Und davon haben wir momentan wirklich genug.«
Micky sah ihm nach, während er durch die Glastür verschwand. Selbst wenn es direkt hier im Foyer mit ihm zu wildem Sex gekommen wäre, hätte er sie dabei wohl immer noch gesiezt, dachte sie, während sie in den Frühstücksraum zurückkehrte. Sie ließ sich eine zweite Kanne Kaffee bringen und las sich den Bericht der Versicherung durch. Nach jeder Seite halbierte sie die Chance, dass die RRV jemals für den Schaden aufkommen würde.
Jens Hinrichs öffnete die Haustür und taxierte seine Besucher misstrauisch.
»Guten Tag, Herr Hinrichs«, sagte Katja freundlich. »Ich habe noch ein paar Fragen an Sie.«
»Fragen wozu?«, gab Hinrichs verwundert zurück.
»Ja, Sie haben natürlich recht«, meinte Katja in einem Ton, als schüttele sie über sich selbst den Kopf.
»Bei Roeder ist so viel passiert. Ein Raub, ein Brand, zwei Tote, das ungeborene Kind von Sybille Wenger nicht mitgerechnet. Und irgendwie hängt auch noch alles zusammen. Dürfen wir vielleicht hereinkommen?«
Hinrichs befreite sich aus seiner Starre und trat zur Seite.
»Ich male gerade, da bin ich immer etwas in mich gekehrt.«
»Oh, Sie malen? Was denn?«, fragte Robert.
»Nichts Besonderes. Ich bin kein Künstler. Ich mache das eher aus … anderen Gründen.«
»Sind die alle von Ihnen?« Robert wies, während sie Hin richs folgten, auf die Wände des Flurs und des Wohnzimmers.
Der Ingenieur nickte.
Eng über- und nebeneinander hingen mit Bleistift gezeichnete Rasterbilder in großen Formaten: aus haarfeinen horizontalen und vertikalen Strichen gearbeitete kleinste Rechtecke, die sich wiederum zu größeren zusammenfügten. Es gab keine Abweichung, keine Variation. Hinrichs zeichnete seit Jahren immer wieder das gleiche Bild. Robert schaute zu Katja herüber, deren Blick ebenfalls ein Gefühl der Beklemmung verriet.
Hinrichs unterbrach die Stille mit einem nachdrücklichen Räuspern.
»Wusste Herr Roeder eigentlich, dass Sie
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