Höchstgebot
einen Nebenjob haben?«, fragte Katja so unmittelbar darauf, als habe sie nur auf eine Regung von Hinrichs gewartet.
»Wovon reden Sie?«
»Verzeihung, das war wirklich etwas zu salopp formuliert. Eine Geschäftsführerposition ist natürlich kein Nebenjob.«
»Ach so, die Stelle.«
»Oh, haben Sie noch weitere?«
Hinrichs gab keine Antwort.
»Ihr Unternehmen ist im Kunsthandel tätig«, setzte Katja aufs Neue an.
»Nein, eigentlich nicht.«
»Sondern?«
»Sie spielen sicher auf die Versteigerung an.«
»Schön, dass Sie sich erinnern. Und weiter?«
»Nichts weiter. Ich habe das Bild nicht bekommen, wie Sie wissen«, antwortete Hinrichs jetzt doch ein wenig verärgert.
»Sie hätten es aber gerne ersteigert?«
»Sonst hätte ich wohl nicht geboten.«
Katja blieb trotz dieser Schroffheit unverändert liebenswürdig. »Punkt für Sie! Woher hat Ihre Firma denn so viel Geld, um außerhalb des Kerngeschäfts ein 43-Millionen-Euro-Gemälde zu kaufen?«
»Das muss ich Ihnen nicht sagen, oder?«
»Nein, das müssen Sie nicht.«
Hinrichs versank scheinbar wieder in Gleichgültigkeit.
»Aber ich werde Herrn Debriek informieren müssen, dass der engste Mitarbeiter der Eigentümerin des Magritte-Gemäldes den Kaufpreis in schwindelerregende Höhen getrieben hat. Er wird bestimmt glauben, dass man ihn betrogen hat.«
»Mich interessiert nicht, was dieser Herr glauben könnte. Wir wollten beide das Bild, er hat gewonnen. Alles hat seine Ordnung.«
»Okay.« Katja zückte ein Notizheft und klickte umständlich die Mine ihres Kugelschreibers herunter. »Können Sie mir netterweise noch kurz sagen, wofür eigentlich das Kürzel von I.R.E. Investments steht? Ich möchte das gerne meinen Kollegen vom Wirtschaftsdezernat sagen, bevor sie Ihre Buchhaltung unter die Lupe nehmen.«
Dieser Themenwechsel war etwas zu schnell für Hinrichs. »Ich weiß nicht …«, antwortete er verstört.
Katja machte abrupt zwei Schritte auf ihn zu und herrschte ihn an: »Wollen Sie mich für dumm verkaufen? Sie sind der Geschäftsführer! I gleich Ingrid, R gleich Roeder und das E?« Sie pfiff ihm die Silben förmlich ins Gesicht. Robert staunte und ärgerte sich ein wenig, nicht selbst darauf gekommen zu sein.
»Enterprises. Ingrid Roeder Enterprises«, gab Hinrichs endlich wie ein beim Lügen ertappter Dreijähriger zu.
»Na, geht doch.« Sie steckte das Heft zurück in die hintere Hosentasche ihrer Jeans. »Sie haben als Geschäftsführer von Ingrid Roeders kleiner Extrafirma an einem Betrug mitgewirkt.«
»Wo kein Kläger, da kein Richter«, meinte Hinrichs bockig. So in die Ecke getrieben, wurde er unvorsichtig.
»Falsch, Herr Hinrichs, ganz falsch. Der Versteigerungsvertrag verbietet dem Einlieferer des Auktionsgutes das Mitsteigern. Sie haben die Interessenten getäuscht und dem Irrtum ausgesetzt, das Werk fände in dieser extremen Preislage Käufer. Der Vermögensschaden beträgt über dreißig Millionen Euro, denn auf dem normalen Kunstmarkt wird man für das Bild maximal zehn, zwölf Millionen erzielen können. Egal, ob Herr Debriek klagt oder nicht – und ich finde es übrigens sehr interessant, dass Sie davon ausgehen, er werde es nicht tun –, angesichts der Höhe des Schadens handelt es sich um ein Offizialdelikt und darum werden wir von Amts wegen Anzeige gegen Sie und Frau Roeder erstatten. Wenn ich Ihnen einen persönlichen Rat geben darf: Suchen Sie sich besser einen guten Anwalt. Sie sind so gut wie verurteilt.«
Robert musste sich beherrschen, Katja nicht mit Staunaugen anzuschauen. Was sie da erzählte, klang zwar schlüssig, war aber eine mehr als gewagte Hypothese. Sie pokerte – und gewann. Hinrichs sank auf einen altertümlichen Stuhl mit hoher Lehne und korbgeflochtener Sitzfläche nieder.
»Aber ich habe nur im Auftrag von Frau Roeder bei diesem Auktionshaus angerufen und mitgeboten. Ich wusste doch gar nicht, dass es um ihr eigenes Bild ging.«
Katja schluckte eine Erwiderung herunter.
Robert nutzte die Gelegenheit. »Herr Hinrichs? Sie sagten doch vorhin, Sie seien gerade beim Malen. Das sind ja alles Zeichnungen hier. Gibt es denn auch Gemälde?«
»Was?« Hinrichs und Katja sahen Robert gleichermaßen an, als hätte er den Verstand verloren.
»Darf ich mal einen Blick in Ihr Atelier werfen? Sie wissen ja, wie sehr mich die Kunst interessiert.«
»Diese Bilder sind eigentlich nur – ach, im Zimmer nebenan«, Hinrichs wies resigniert auf eine Tür an der Seite des Raums.
Katja schaute
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