Höchstgebot
Katja.
Auf der anderen Seite der Leitung blieb es still. Micky beugte sich zum Handy, das Katja hochhielt.
»Wie wär’s mit den beiden Herren, die so gut über die Verabredung zwischen Sascha Heidfeld und Carsten informiert waren?«, fragte Micky. »Und die wie durch ein Wunder schon vor uns auf dem Campingplatz waren und Patrick Schmidt zusammengeschlagen haben? Und danach trotz der Verfolgung durch ein angeblich topqualifiziertes Team entkommen konnten?«
»Wer plärrt denn da ständig dazwischen?«, fragte Molendorp.
Micky nahm Katja das Handy ab. »Micky Spijker«, sagte sie. »Du weißt schon, die Frau, die Patrick aus seiner Campinghütte gerettet hat.«
»He, Micky, du arbeitest doch für Roeder? «
»Mehr denn je, Commissaris«, antwortete sie.
»Katja bringt dich auf den neuesten Stand, so weit es ihre Schweigepflicht erlaubt. Ich hab jetzt keine Zeit mehr, es gibt nämlich gute Nachrichten. Seid ihr in der Nähe?«
»Nein, warum?«, fragte Micky
»Ich sitze jetzt gleich in einer Fernsehsendung über das Zugunglück«, antwortete Molendorp triumphierend. »Die Verhaftung der beiden Jungs hat viel Staub aufgewirbelt und ich werde mit einigen der Opfer reden. Ich sags nur, damit ihr es nicht verpasst, aber ihr könnt es euch natürlich auch später im Internet anschauen.«
»Was du verpasst hast, Henk Molendorp«, fauchte Micky, »ist das Leck in deiner eigenen Organisation zu finden. Kümmere dich mal darum. Wer hat das Versteck von Sascha und Patrick verraten? Wer wusste, dass Carsten auf dem Weg nach Hause war? Unglücklicherweise kannst du dich nicht bei den Opfern erkundigen, denn einer liegt im Koma und der andere ist tot.«
»Weißt du, was mich immer schon an diesen Exkollegen genervt hat, Katja? Dass sie, genau wie jetzt deine Psychologin, plötzlich glauben, alles besser zu wissen. Schlimmer als jeder Zivilist.«
Katja übernahm das Telefon von Micky. »Okay, Henk. Wenn du neben deinen Fernsehauftritten noch ein bisschen Zeit haben solltest, könntest du mir einen großen Gefallen tun und bei deinen Blutsbrüdern in den niederländischen Diensten nachfragen, was sie in ihren Archiven so über Limbs und Debriek haben.«
Kurz blieb es still in der Leitung. Katja hielt das Telefon wieder so, dass Micky mithören konnte.
»Das habe ich gleich zuallererst getan«, antwortete Molendorp knapp.
»Und?«
Molendorp räusperte sich nur.
»Soll ich besser via EPICC einen offiziellen Termin mit dir vereinbaren?«
Molendorp zögerte. »Es werden weder über Debriek noch über Limbs Auskünfte erteilt«, gab er schließlich zu. »Sie fallen unter einen Sicherheitscode.«
»Und warum erfahre ich das erst jetzt?«, Katjas Stimme nahm einen scharfen Ton an. »Gilt jetzt plötzlich das Need-to-know-Prinzip?«
»Es gab einfach nichts zu wissen«, verteidigte sich Molendorp.
»Was war das für ein Code?«
»Keine Ahnung«, sagte Molendorp lakonisch. »Du weißt doch, wie paranoid diese Möchtegernspione sind. Selbst der Code ist geheim. Wie auch immer, Debriek und Limbs sind perfekt abgeschirmt. Darum möchte ich jetzt gerne eine offizielle Anfrage bei dir einreichen. Würdest du bitte bei euren Diensten nachfragen, was sie über Debriek und Limbs wissen?« Er legte auf, ehe sie eine weitere Frage stellen konnten.
»Da haben sie diesen Hanswurst einfach so abgewimmelt …«, stellte Katja fest.
»Unser Henk ist wahrscheinlich am USI-Code abgeprallt«, sagte Micky. »Unternehmen von staatlichem Interesse. Für die gilt das Not-to-know-Prinzip.«
Anouks Schimpfen war bis auf den Flur zu hören.
Robert beschleunigte seine Schritte. Er hatte schon auf der Zugfahrt mit Sorge an sie gedacht und war vom Bahnhof sofort zur Stiftung gelaufen.
Vor der Tür zum Atelier der Gemälderestaurierung standen Kollegen der anderen Abteilungen und verfolgten mit beifälligem Gemurmel, was Anouk zwei mit der Situation sichtlich überforderten Herren verbal entgegenschleuderte. Robert drängte sich durch die schaulustige Restauratorentraube in den Raum hinein.
»Ah, da kommt ja der Herr, der uns diese Suppe eingebrockt hat«, giftete Anouk ihn an.
»Was ist denn los?«, fragte er.
»Während du mit deiner Katja in den Flitterwochen warst, sind die Hunnen über uns gekommen. Schau dir das an. Mit Pinsel und Rußpulver sind sie aufmarschiert!«
Einer der beiden stöhnte verzweifelt auf. »Wir haben Ihnen doch schon gesagt, dass wir das Pulver nur standardmäßig dabeihaben. Wir wollten es ja gar nicht auf Ihrem
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