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Höhenangst

Titel: Höhenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Wie denken Sie darüber, Joanna? Über das, was ich Ihnen erzählt habe.«
    »Wie meinen Sie das? Was wollen Sie jetzt hören?
    Irgendwie fühle ich mich für die ganze Sache verantwortlich. Ich war diejenige, die Ihnen von dem Vergewaltigungsfall erzählt und Sie in diesen Wahnsinn hineingetrieben hat. Ich habe das Gefühl, Sie damit unter Druck gesetzt zu haben, und nun wollen Sie etwas beweisen, irgend etwas, nur um wirklich sicher zu sein.
    Hören Sie …« Sie hob mit einer hilflosen Geste die Hände. »Menschen, die so etwas tun, sehen ganz anders aus.«
    »So einfach ist das nicht«, sagte ich. Ich war plötzlich überraschend ruhig. »Und das wissen Sie wohl besser als ich. Die Frage ist bloß, was ich jetzt tun soll.«
    »Selbst wenn es wahr wäre, was ich nicht glaube, gibt es keine Beweise und keine Möglichkeit, mehr darüber herauszufinden. Sie müssen sich mit dem begnügen, was Sie bereits wissen, und das ist so gut wie nichts. Das bedeutet, Sie haben zwei Möglichkeiten: Die eine ist, Adam zu verlassen.«
    »Unmöglich. Das wage ich nicht. Sie kennen ihn nicht.
    Wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie wissen, daß das unmöglich ist.«
    »Wenn Sie bei ihm bleiben, können Sie nicht den Rest Ihres Lebens wie eine Doppelagentin verbringen. Damit würden Sie sich alles verderben. Falls Sie es tatsächlich noch einmal versuchen wollen, dann sind Sie es ihm und sich schuldig, daß Sie ihm alles sagen. Erklären Sie ihm Ihre Ängste.«
    Ich mußte lachen. Das Ganze war überhaupt nicht lustig, aber ich konnte nicht anders.

    »Sie müssen es mit Eis kühlen.«
    »Wie soll ich das machen, Bill? Mir tut jeder einzelne Muskel weh.«
    Er lachte.
    »Denken Sie daran, was Sie Ihrem kardiovaskulären System damit Gutes getan haben.«
    Bill Levenson sah vielleicht aus wie ein pensionierter Rettungsschwimmer, aber in Wirklichkeit war er einer unserer Chefs aus Pittsburgh und für unsere Abteilung zuständig. Er war Anfang der Woche in London eingetroffen und seitdem damit beschäftigt, Besprechungen abzuhalten und den Stand des Projekts zu beurteilen. Ich hatte damit gerechnet, zu einem strengen Verhör in die Vorstandsetage gerufen zu werden, aber statt dessen hatte er mich eingeladen, in seinen Fitneßklub zu kommen und Rakettball mit ihm zu spielen. Ich hatte ihm geantwortet, daß ich von diesem Spiel noch nie etwas gehört hätte.
    »Haben Sie schon mal Squash gespielt?«
    »Nein.«
    »Haben Sie vielleicht mal Tennis gespielt?«
    »In der Schule.«
    »Das ist genau das gleiche.«
    Ich erschien mit einer ziemlich kessen karierten Shorts und traf mich mit Bill vor einem Court, der wie ein normaler Squashplatz aussah. Er reichte mir einen Schläger, der große Ähnlichkeit mit einem Schneeschuh hatte. Wie sich herausstellte, waren Rakettball und Tennis überhaupt nicht das gleiche. Ich erinnerte mich dunkel an das Tennisspielen in der Schule: Damals waren wir ein bißchen an der Grundlinie auf und ab gehüpft, hatten möglichst anmutig den Schläger geschwungen und ansonsten hauptsächlich gekichert und mit dem Trainer geflirtet. Beim Rakettball hingegen ging es darum, hektisch hinter dem Ball herzuhechten und zu -sprinten, was höchst schweißtreibend war und meine Atmung innerhalb kürzester Zeit auf ein tuberkulöses Röcheln reduzierte, während in meinen Oberschenkeln und Oberarmen die seltsamsten Muskeln zu flattern und zu zucken begannen. Ein paar Minuten lang tat es mir gut, mich einer Beschäftigung zu widmen, die all meine Sorgen aus meinem Kopf vertrieb. Wenn mein Körper bloß in der Lage gewesen wäre, mit dieser Belastung fertig zu werden!
    Obwohl wir den Court für eine halbe Stunde gemietet hatten, sank ich schon nach zwanzig Minuten auf die Knie, formte mit den Lippen das Wort »Genug« und ließ mich von Bill vom Platz führen. Wenigstens war ich nicht mehr in der Verfassung, auf die Reaktion der anderen Klubmitglieder zu achten, die alle genauso braungebrannt und durchtrainiert wirkten wie Bill. Er brachte mich bis zur Tür der Damenumkleidekabine. Als wir uns hinterher an der Bar trafen, sah ich wenigstens wieder etwas besser aus. Nur meine Beine versagten mir noch immer den Dienst. Ich mußte mich beim Gehen konzentrieren, als hätte ich es gerade erst gelernt.
    »Ich habe uns eine Flasche Wasser bestellt«, sagte Bill, der aufgestanden war, um mich in Empfang zu nehmen.
    »Das brauchen wir jetzt. Sie sind bestimmt völlig dehydriert.«
    In Wirklichkeit hätte ich einen doppelten Gin

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