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Höhenangst

Titel: Höhenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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in Form von riesigen, gebundenen Bänden aufbewahrt wurden. Ich zog den Jahrgang 1990 heraus und ließ ihn schwer auf einen Tisch fallen.
    Zunächst ging ich die ersten vier Seiten sämtlicher Januarausgaben durch. Ich fand Berichte über einen Streit wegen einer Umgehungsstraße, den Zusammenstoß zweier Lastwagen, eine Fabrikschließung und ein Problem, das mit dem Stadtrat und der Müllentsorgung zu tun hatte, aber nichts über Adele Blanchard. Also kehrte ich zum Monatsanfang zurück und überflog alle restlichen Seiten, bis ich den ganzen Januar durchforstet hatte. Nichts. Ich wußte nicht, wie ich weiter vorgehen sollte. Außerdem war meine Zeit beschränkt. Da ich keine Lust gehabt hatte, noch einmal mit dem Zug zu fahren, hatte ich mir den Wagen von Claudia, meiner Assistentin, ausgeliehen. Ich war um neun losgefahren und hatte um zwei eine Besprechung mit Mike. Wenn ich so tun wollte, als hätte ich den ganzen Tag normal gearbeitet, mußte ich spätestens zu diesem Termin zurück in London sein. Ich hatte es noch aus einem anderen Grund ziemlich eilig.
    Was, wenn ich Mrs. Blanchard in die Arme lief?
    Eine unangenehme Vorstellung, die ich schnell wieder verdrängte. Eigentlich spielte es sowieso keine Rolle. Ich würde einfach lügen, wie üblich.
    Ich hatte nicht damit gerechnet, daß es soviel Zeit in Anspruch nehmen würde, die Zeitungen durchzusehen.
    Was sollte ich bloß tun? Vielleicht hatte Adele anderswo gelebt, obwohl ihre Mutter gesagt hatte, Tara sei die erste in der Familie gewesen, die aus der Gegend weggezogen sei. Ich überflog die erste Februarausgabe. Wieder nichts.
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Fast schon halb elf.
    Wenn ich die Februar-Zeitungen durchhatte, würde ich aufbrechen, selbst wenn ich nichts gefunden hätte.
    In der letzten Freitagsausgabe des Monats wurde ich dann fündig, der Ausgabe vom 22. Februar. Es war ein kurzer Bericht unten auf Seite vier.

    ORTSANSÄSSIGE FRAU VERMISST

    Das Verschwinden einer jungen Frau aus Corrick gibt zunehmend Anlaß zur Sorge. Adele Funston, 23, wurde von ihren Angehörigen als vermißt gemeldet. Ihr Ehemann, Thomas Funston, der sich zur Zeit ihres Verschwindens aus beruflichen Gründen im Ausland aufhielt, berichtete dem Advertiser, Adele habe vorgehabt, während seiner Abwesenheit einen Wanderurlaub zu machen. »Erst als ich längere Zeit nichts von ihr hörte, wurde ich unruhig.« Zusammen mit seinem Schwiegervater Robert Blanchard, der ebenfalls in Corrick lebt, verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, Mrs. Funston habe lediglich ihren Urlaub verlängert. Detective-Superintendent Horner äußerte gegenüber dem Advertiser, er sei nicht »übermäßig beunruhigt. Falls Mrs. Funston wohlauf ist, möchte ich sie bitten, sich umgehend zu melden«, erklärte er. Den Einwohnern von Corrick ist Mrs. Funston vor allem in ihrer Funktion als Lehrerin an der St.-Eadmund-Grundschule in Whitham bekannt.

    Vermißt. Ich blickte mich um. Es war niemand in der Nähe. So leise ich konnte, riß ich den Artikel aus der Zeitung. Böswillige Beschädigung, dachte ich grimmig.

    31. KAPITEL
    Joanna Noble zündete sich eine Zigarette an.
    »Darf ich, bevor wir anfangen, etwas sagen, das vielleicht ein bißchen grob klingt?«
    »Bevor wir anfangen? Das klingt ja, als wären Sie eine Ärztin oder Anwältin.«
    »Das ist genau der Punkt. Was bin ich für Sie?
    Augenblick, warten Sie eine Sekunde.« Sie schenkte uns aus der Weißweinflasche ein, die ich an der Bar bestellt hatte. »Cheers!« sagte ich ironisch, und sie nahm einen Schluck von dem Wein. Dann gestikulierte sie mit ihrer Zigarette in meine Richtung. »Wissen Sie, Alice, ich habe schon eine Menge Leute interviewt. Manchmal konnte ich meine Gesprächspartner nicht ausstehen, und manchmal habe ich gedacht, wir könnten Freunde werden, auch wenn dann aus irgendeinem Grund nichts daraus geworden ist.
    Jetzt sieht es so aus, als würde ich mich mit der Frau eines meiner Gesprächspartner anfreunden, bloß …«
    »Bloß was?«
    Sie zog an ihrer Zigarette.
    »Ich weiß nicht, was Sie im Schilde führen. Treffen Sie sich mit mir, weil ich ein so netter, hilfsbereiter Mensch bin und Sie sich keine geeignetere Person vorstellen können, um Ihre Probleme loszuwerden? Oder hat es bloß damit zu tun, daß Sie von meiner beruflichen Sachkenntnis profitieren wollen? Was tun wir hier eigentlich? Sollten Sie das, was Sie mit mir besprechen wollen, nicht lieber mit einer guten Freundin oder jemandem aus Ihrer Familie

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