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Höhenangst

Titel: Höhenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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hatte er ausgesehen, als wir uns zum erstenmal begegnet waren.
    Später, im Bett, fragte mich Adam nach Sylvie. Rund um das Bett waren unsere Kleider verstreut, und zu unseren Füßen schnurrte Sherpa, die Katze, die zur Wohnung gehörte. Da sie noch namenlos war, hatte ich sie Sherpa getauft – das einzige Wort, das ich mit Himalajabesteigungen in Zusammenhang brachte.
    »Was hat sie gesagt?« fragte er.

    Das Telefon klingelte.
    »Diesmal gehst du ran«, sagte ich.
    Adam zog eine Grimasse und hob ab.
    »Hallo?«
    Er legte wieder auf.
    »Jeden Abend und jeden Morgen«, sagte ich mit einem grimmigen Lächeln. »Ein Anrufer mit geregelten Arbeitszeiten. Langsam macht mir die Sache angst, Adam.«
    »Wahrscheinlich ist es bloß ein technischer Defekt«, meinte er. »Oder jemand, der mit dem Vormieter sprechen möchte. Was hat sie gesagt?«
    »Sie hat mich über dich ausgefragt«, antwortete ich.
    Adam stöhnte. Ich gab ihm einen Kuß. Vorsichtig biß ich in seine Unterlippe, erst ganz sanft, dann ein wenig fester.
    »Und sie hat gesagt, ich soll es genießen, solange ich dabei keinen ernsthaften Schaden davontrage.«
    Die Hand, die gerade noch meinen Rücken gestreichelt hatte, drückte mich plötzlich fest auf die Matratze.
    »Ich habe uns heute eine Creme gekauft«, sagte er.
    »Cold Cream. Ich möchte dir keinen Schaden zufügen. Ich möchte dir bloß weh tun.«

    11. KAPITEL
    »Bewegdich nicht. Bleib genauso, wie du bist.« Adam stand am Fußende des Bettes und starrte durch den Sucher einer Polaroidkamera auf mich herunter. Ich lag nackt auf dem Bett. Nur meine Füße waren zugedeckt. Die Wintersonne schien schwach durch die dünnen, zugezogenen Vorhänge.
    »Bin ich wieder eingeschlafen? Wie lang stehst du schon da?«
    »Beweg dich nicht, Alice!« Einen Moment lang blendete mich das Blitzlicht, dann war ein Surren zu hören, und die Plastikkarte schob sich heraus, als würde mir die Kamera die Zunge herausstrecken.
    »Wenigstens gehst du damit nicht zu Boot’s, um den Film entwickeln zu lassen.«
    »Nimm die Arme über den Kopf. Ja, genau so!« Er trat neben das Bett und strich mir das Haar aus dem Gesicht.
    Dann bezog er wieder am Fußende Stellung. In voller Montur stand er da, die Kamera in der Hand, einen Ausdruck leidenschaftsloser Konzentration auf dem Gesicht. »Spreiz die Beine ein bißchen weiter.«
    »Mir ist kalt.«
    »Ich werde dich gleich wärmen. Warte noch einen Augenblick.«
    Wieder blitzte die Kamera.
    »Warum tust du das?«
    »Warum?« Er legte die Kamera weg und setzte sich auf die Bettkante. Die beiden Fotos warf er neben mich aufs Laken. Ich sah zu, wie ich darauf langsam Gestalt annahm.
    Die Aufnahmen erschienen mir häßlich; meine Haut wirkte zum Teil fahl, zum Teil gerötet und fleckig. Sie erinnerten mich an Polizeifotos von Tatorten. Schnell schob ich den Gedanken wieder beiseite. Adam griff nach meiner Hand, die ich immer noch gehorsam über dem Kopf hielt, und preßte sie gegen seine Wange. »Weil ich es will.« Er drehte den Kopf ein wenig zur Seite und ließ seine Lippen über meine Handfläche gleiten.
    Das Telefon klingelte, und wir sahen uns an.
    »Geh nicht ran«, sagte ich. »Bestimmt ist es wieder er.«
    »Er?«
    »Oder sie.«
    Wir warteten, bis das Telefon zu klingeln aufgehört hatte.
    »Was, wenn es Jake ist?« fragte ich. »Der Anrufer, meine ich?«
    »Jake?«
    »Wer sollte es sonst sein? Früher hast du keine solchen Anrufe bekommen. Erst seit ich bei dir eingezogen bin.
    Das hast du selbst gesagt.« Ich sah ihn an. »Vielleicht ist es ja deine Ex.«
    Adam zuckte mit den Achseln.
    »Vielleicht«, antwortete er und griff wieder nach der Kamera, aber ich kämpfte mich in eine sitzende Position.
    »Ich muß aufstehen, Adam. Kannst du ein bißchen für mich einheizen?«
    Die Wohnung, die im obersten Stockwerk eines großen viktorianischen Hauses lag, war spartanisch ausgestattet.
    Es gab keine Zentralheizung und nur einige wenige Möbel. Meine Sachen beanspruchten eine Ecke des großen dunklen Schrankes, und Adams Habseligkeiten stapelten sich in der Ecke des Schlafzimmers. Er hatte sie noch nicht ausgepackt. Die Teppiche waren alt, die Vorhänge dünn, und in der Küche hing eine nackte Glühbirne über dem kleinen Herd. Wir kochten nur ganz selten. Statt dessen aßen wir fast jeden Abend in irgendeinem kleinen, schummrigen Restaurant, ehe wir in unser hohes Bett zurückkehrten und uns leidenschaftlich liebten. Ich fühlte mich vor Leidenschaft halb blind. Alles kam mir

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