Hoehepunkte der Antike
nur einen kleinen Grenzfluss zu überschreiten, den Rubikon.
Im Norden war die Grenze einschüchternder. Die Alpen trennten seine Provinz vom freien Gallien. Sie galten als die Mauern
Italiens. Wie sie aber schon für Hannibal und seine Elefanten nicht hoch genug gewesen waren, so schützten sie umgekehrt auch
nicht vor Caesar und seinen Legionen. Eingeweihte in Rom wussten, dass die Wahl der Gallia Cisalpina als Provinz für das Prokonsulat
Krieg bedeutete. Schon Caesars |153| Vorgänger, der Konsul des Jahres 60 v. Chr., Caecilius Metellus, hatte sich Hoffnungen auf eine Bewährung als Feldherr in
Gallien gemacht. „Er will einen Triumphzug“, schrieb Cicero (
Atticusbriefe
1,20,5) und nahm damit auch eines der Motive Caesars vorweg. Der Weg, erster Mann Roms zu werden, eine inoffzielle Stelle,
die 59 v. Chr. noch Pompeius bekleidete, führte nur über gewonnene Kriege.
Wer einen Feldzug führen wollte, besaß zwei Alternativen: Gegen die Parther im Osten oder die Gallier im Westen. Caesar hatte
sich für die zweite entschieden. Die Wahl lag nicht nur in der Nähe zu Rom begründet. Gallien war ein reiches Land. Seit der
Süden des Landes als römische Provinz organisiert war, hatte sich der Handel intensiviert. Gallien besaß ein ausgebautes Verkehrsnetz.
Auf der Rhone und ihren Nebenflüssen konnten selbst schwer beladene Schiffe bis ins Landesinnere fahren. Von Britannien führte
ein Handelsweg nach Massilia und über die Schweiz nach Norditalien. An Brücken, Furten und Fähren waren hohe Zölle zu entrichten.
Auch Bodenschätze waren reichlich vorhanden. Gold wurde in den Minen der Cevennen und Pyrenäen gefördert, Zinn, Kupfer und
Silber in den Bergwerken Aquitaniens, Eisenerz im ganzen Land verhüttet. Produkte des Textilgewerbes, der Fleischerzeugung
und der Lederverarbeitung wurden exportiert. Vor allem aber besaß Gallien einen Rohstoff, der im Mittelmeerraum knapp geworden
war: Holz. Caesar selbst liefert in seinen
Commentarii
die Belege für den Waldreichtum des Landes. Der Wagenbau in Gallien war berühmt, die Römer importierten nicht nur die Fahrzeuge,
sondern auch die Namen dafür (Das römische Wort
carrus
ist z. B. ein keltischer Begriff).
Die Provinzen im Osten, so im einstmals reichen Kleinasien, waren nach langen Jahren der Besatzung ausgeplündert. Das freie
Gallien hatten dagegen nur römische Händler besucht. Als Caesar seine Invasion begann, fiel der Goldpreis in Rom um ein Viertel.
Der Krieg lieferte zudem ein anderes Beutegut: Sklaven waren begehrte Handelsware, seitdem die Zeit der Massendeportationen
vorbei war.
Caesar wirtschaftete in seine Tasche, aber die Kriegszüge brachten ebenso der Staatskasse, dem
aerarium
, Gewinne. Auch für die
publicani
, die privaten Unternehmer der Republik, taten sich neue Möglichkeiten auf. Sie verdienten nicht allein an den Heereslieferungen
und Sklavenverkäufen. Senkung der Zölle und Sicherung der Handelswege versprachen billigere Importe und neue Absatzmärkte.
Ein Krieg lag im Interesse |154| Roms und im Interesse Caesars. Für ihn gab es im Falle des Erfolgs zusätzlich Dankfeste, Triumphzüge und Feldherrnruhm.
Der Motive waren genug, was fehlte, war ein Grund, der Roms Anspruch gerecht wurde, nur gerechte Kriege zu führen. Noch während
die Kämpfe in Gallien im Gange waren, formulierte Cicero in seinem Buch
De re publica
(3,35) die hehren Grundsätze römischer Außenpolitik: „Durch Verteidigung der Bundesgenossen hat sich unser Volk schon aller
Länder bemächtigt.“
Rom besaß in Gallien Bundesgenossen, das Volk der Häduer. Ein Hilferuf war leicht zu organisieren. Auch der zweite Casus,
den Cicero für ein
bellum iustum
, einen gerechten Krieg, vorsah, konnte leicht eintreten: Die Verteidigung gegen einen Angriff der Feinde. Aus dem Norden
drohte ständig Gefahr. Erst vor kurzem hatten Kimbern und Teutonen Rom an den Rand einer Niederlage gebracht. Der
furor Teutonicus
war noch in Erinnerung. Kelten hatten Rom eingeäschert, lediglich das Kapitol war von den heiligen Gänsen gerettet worden.
So entwarf Caesar ein Angriffsszenario, das die alten Schrecken beschwor. Da die Römer seit der Einrichtung der Provinzen
Narbonensis und Gallia Citerior die Kelten weniger fürchteten, mussten nun die „wilden und barbarischen“ Germanen als Popanz
dienen. Der Prokonsul sah bereits den Untergang der Republik voraus. Zunächst gehöre den Germanen Gallien, dann die römische
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