Hoehepunkte der Antike
einschlugen, der Roms Grenzen nicht berührte, war der Konfliktfall beseitigt. Ein Casus Belli lag nun nicht mehr vor, Caesar
musste ihn finden. Er machte das Übliche: Wenn Rom nicht gefährdet war, dann waren eben die römischen Bundesgenossen gefährdet.
Zudem bildeten die Helvetier nach seiner Ansicht auch an ihrem Auswanderungsziel ein Risiko, da dies in der Nähe des reichen
Tolosa lag. Ein Präventivkrieg war erforderlich, der Feldherr musste handeln. Als Caesar im Mündungsgebiet von Saone und Rhone
die römischen Provinzgrenzen und seine Kompetenzen überschritt, um den Treck der Helvetier zu verfolgen, begann ein Krieg,
dessen Länge und Schwere er nicht ahnte und dessen Schlusspunkt erst Gefangennahme und Tod des Vercingetorix setzen sollten.
Caesar eroberte Gallien relativ rasch und unblutig. Er war offenkundig bestens vorbereitet und informiert. Da er dies nicht
sein durfte – er führte ja keinen Angriffskrieg –, vermitteln die
Commentarii
stets den Eindruck des Spontanen, der Improvisation, eines allein aus der Situation geborenen Handelns. Caesar forciert dies,
indem er sich in seinen Entschlüssen stets den Anstrich der Eile gibt.
Maturare
(„eilen“) gehört in den ersten beiden Büchern zu den bevorzugten Verben. Der berühmte Ausspruch
veni, vidi, vici
, der erst aus der Zeit des Bürgerkrieges überliefert ist (über die Schlacht bei Zela, 47 v. Chr.), findet seine Berechtigung
bereits in der Frühphase des Gallischen Krieges. In Blitzaktionen |157| wurden zuerst die Helvetier gestellt und besiegt, dann – noch im selben Sommer 58 v. Chr. – die Germanen des Suebenkönigs
Ariovist.
Die Erfolge trieben Caesar voran. Im Frühjahr 57 v. Chr. stießen seine Legionen bereits bis zu den Belgern vor, dem Volk,
von dem Caesar im Vorwort sagt, es wohne am weitesten von der Kultur und der Zivilisation (
cultus et humanitas
) der römischen Welt entfernt. Eine zureichende Begründung für diesen Feldzug konnte es nicht geben. So entwickelte Caesar
eine Verschwörungstheorie. Er fasst sich dabei kurz, in Rom fragten ohnehin die wenigsten nach der rechtliche Lage, solange
die Truppen erfolgreich waren. Caesar siegte ebenso rasch wie im Vorjahr. In den
Commentarii
schildert er exemplarisch die Nervierschlacht, die ihm Gelegenheit gab, sich seinen Soldaten und der Nachwelt als überragenden
Feldherrn zu präsentieren. Falls er dies nicht war, erwies er sich zumindest als glänzender Stilist: „Caesar hätte alles auf
einmal tun müssen: die Fahne als Zeichen des Alarms hissen, die Soldaten von der Schanzarbeit abrufen, diejenigen heranholen,
die sich entfernt hatten, um Schanzmaterial zu holen, die Truppen in Schlachtordnung aufstellen, sie anfeuern, das Angriffssignal
mit der Trompete blasen lassen“ (Caesar,
Gallischer Krieg
2,20,1).
Am Ende des Jahres 57 v. Chr. stand Caesar an der Atlantikküste, die Ostgrenze des neuen Einflussgebietes schien gesichert.
Caesar vermeinte bereits nach Rom melden zu können, Gallien sei erobert: „Als nach diesen Ereignissen ganz Gallien unterworfen
war, verbreitete sich bei den Barbaren ein derartiges Staunen über diesen Krieg, dass die rechtsrheinischen Staaten Gesandte
zu Caesar schickten und die Stellung von Geiseln und Unterwerfung unter seine Befehle zusicherten“ (Caesar,
Gallischer Krieg
2,35,1). Folgerichtig betrachtete er die Kämpfe gegen das Seevolk der Veneter im Jahr 56 v. Chr. bereits als Niederschlagung
eines Aufstandsversuches. Wie auch immer die Begriffe lauteten, spätestens als im selben Sommer römische Legaten Aquitanien
im Südwesten des Landes eroberten, war eingetreten, was Caesar schon ein Jahr früher reklamiert hatte: Gallien war, wenn nicht
römisch, so doch zumindest römisch besetzt.
Der Historiker Florus musste im 2. Jahrhundert n. Chr. feststellen, dass es leichter sei, Provinzen zu erobern als dauerhaft
zu halten (2,30,29). Dies betraf Germanien. Caesar machte die Erfahrung bereits mit Gallien. Das Land war 57 v. Chr. gar nicht
und 56 v. Chr. nur scheinbar |158| befriedet. Die trügerische Ruhe hielt zwei Jahre. Dann begann mit der Erhebung des Germanenkönigs Ambiorix die dritte Phase
des
bellum Gallicum
. Vereinzelte Rebellionen mündeten schließlich 52 v. Chr. in den Aufstand des Vercingetorix, der in wenigen Monaten alles
in Frage stellte, was Caesar in Jahren aufgebaut zu haben glaubte.
Dieser ahnte am Beginn des Jahres 54 v. Chr. noch nichts von dem Widerstand, der
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