Höhepunkte
Verwirrung, und sie senkte den Kopf wie ein schmollendes Kind. Die andere legte ihr die Hand unter das Kinn und hob es hoch.
»Du«, murmelte sie mit ernster, fast erstickter Stimme, so wie Emmanuelle es noch nie bei ihr erlebt hatte, »haben das andere Frauen auch schon mit dir getan?«
Äußerlich bewahrte Emmanuelle ihren Gleichmut, aber in Wirklichkeit hatte sich ihrer eine Bestürzung bemächtigt, die ihr unerklärlich war. Sie beschloß, sich taub zu stellen. Ariane insistierte gebieterisch und schmeichlerisch zugleich. »Antworte! Hast du es noch nie mit Frauen getan?«
Emmanuelle, ganz Würde und Ablehnung, hüllte sich in beharrliches Schweigen. Ariane kam näher, und ihre Lippen bewegten sich dicht an Emmanuelles Mund.
»Komm zu mir«, hauchte sie. »Möchtest du?«
Aber Emmanuelle schüttelte verneinend den Kopf.
Noch immer hielt Ariane das widerspenstige Kinn in ihrer Hand, sagte aber nichts mehr. Als sie schließlich zurücktrat, ließen ihr heiterer Blick und ihr lausbübisches Lächeln nicht erkennen, ob sie enttäuscht und Emmanuelle deshalb gram war.
»Klettere hinauf«, sagte sie, nachdem sie sie ein bißchen an der Nasenspitze gekitzelt hatte.
Emmanuelle wandte sich ab und kletterte die Sprossen hinauf. Ariane folgte ihr. Emmanuelle zog ihr immer noch durchnäßtes Trikot wieder bis zur Taille herunter.
»O Ariane, du hast deinen Pullover unten gelassen!« bemerkte sie, und sogleich bot sie an: »Soll ich ihn dir holen?«
(Erst nachträglich merkte sie, daß sie Ariane zum erstenmal geduzt hatte.)
Ariane aber winkte ab: »Laß nur! Ist nicht der Mühe wert, er ist sowieso hin.«
Sie warf ein Handtuch über ihre Schultern, ohne darauf zu achten, daß es auch ihre Brust bedeckte. Während sie beide zur Garage gingen, schwang sie mit der einen Hand den bunten Leinensack mit den Schlägern hin und her, mit der anderen hielt sie Emmanuelle bei der Hand. Vorbeigehende winkten ihnen zu, Ariane grüßte fröhlich zurück, wobei sich die Nacktheit ihrer Brüste noch deutlicher zeigte. Emmanuelle hatte plötzlich den Eindruck, als starre alle Welt sie beide an; Scham und Bestürzung überkamen sie. Rasch wollte sie sich von Ariane trennen, wieder einmal entschlossen, sie nie wiederzusehen.
Auf dem Parkplatz ließ Ariane die Hand ihrer Begleiterin los und wandte sich ihr zu, während sie zugleich die Enden ihres Handtuchs vom zusammenknotete. Der fragende und abwartende Ausdruck, mit dem sie Emmanuelle ansah, war so vielsagend, daß es keiner Worte bedurfte. Wieder senkte Emmanuelle den Kopf, ihre Verlegenheit, die Verwirrung ihrer Gedanken war nicht geheuchelt. Ariane beugte sich nur vor und küßte ihre Freundin leicht auf die Wange.
»Bis bald, mein Lämmchen«, sagte sie ungezwungen.
Sie sprang ins Auto und winkte Emmanuelle, als sie losfuhr, noch einmal zu.
Emmanuelle bedauerte, daß sie nichts unternommen hatte, sie zurückzuhalten. Sie hätte ihre Brüste gern noch einmal gesehen. Vor allem hätte sie gern wieder gespürt, wie sie sich an sie preßten. Plötzlich sehnte sie sich danach, nackt zu sein, und Ariane sollte nackt sein und auf ihr liegen, beide ganz nackt, nackter, als sie je gewesen waren. Sie sehnte sich danach, Arianes Brüste an ihren Brüsten, ihr Geschlecht an ihrem Geschlecht zu fühlen. Und sie sehnte sich danach, von Frauenhänden liebkost zu werden, von Frauenbeinen, Frauenlippen, einem Frauenleib... Wenn Ariane jetzt zurückgekehrt wäre, wie hätte sich Emmanuelle ihr hingegeben!
Am gleichen Tag kam Christopher an. Er sah viel besser aus als auf den Fotos und hatte den Gang und das offene Lächeln eines angelsächsischen Rugby-Spielers; seine straff nach hinten gekämmten blonden Haare schienen mit einem ständigen Sturm zu kämpfen. Emmanuelle hatte sofort Vertrauen zu ihm wie zu jemandem, den sie schon lange kannte. Während sie ihrem Gast den Garten zeigte, hakte sie sich bei ihrem Mann und bei Christopher ein. Gleich zu Anfang stritt sie mit Jean darum, wem von ihnen der Neuankömmling Gesellschaft leisten sollte. »Du wirst Christopher doch nicht etwa die ganze Zeit für dich mit Beschlag belegen! Ich will ihn auf die khlongs mitnehmen, ihm den Markt der Diebe zeigen...«
»Hören Sie, ich bin hier aber nicht nur auf Urlaub«, wehrte Christopher lächelnd ab.
Es bereitete ihm Vergnügen, Jean wiederzusehen und festzustellen, daß er so glücklich verheiratet war. Unverhohlen zeigte er die Bewunderung, die er für Emmanuelle empfand: »Jean, dieser Gauner,
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