Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Drachen fassen zu wollen, wenn er ihm nahe genug kam. Aber Benni war Ulfa gegenüber vollkommen friedlich eingestellt. Alles andere wäre ihm wahrscheinlich auch schlecht bekommen.
Sie waren durch den Wald marschiert, hatten jedes noch so kleine Gehöft aufgesucht und aus verschiedenen Blickwinkeln Ausschau gehalten. Endlich hatten sie Erfolg.
Aufgeregt deutete Hellami auf eine Stelle oberhalb eines Wäldchens, das sich an den Monolithen schmiegte. Unweit lag ein Bauernhof auf dem freien Land, und der schwach ausgeprägte, hakenförmige Felseinschnitt in einer Höhe von etwa dreihundert Ellen wies eine winzige Verdunklung auf, wo man sich den verborgenen Zugang zu dem geheimen Gang vorstellen konnte. Darunter war ein weiterer Fleck auszumachen - das kleine Bäumchen, das unterhalb des Zugangs aus der Felswand spross.
»Das ist es!«, rief Leandra aufgeregt. »Ja, ich bin ganz sicher!« Sie hob den Kopf, um nach dem Sonnenfenster zu sehen. »Bei Einbruch der Dämmerung machen wir uns an den Aufstieg!«, erklärte sie entschlossen.
Leider jedoch wurde nichts aus ihrem Versuch, den Monolithen zu erklimmen.
Ulfa flog plötzlich davon, und kurz darauf erschien auf dem freien Stück Grasland zwischen dem Wald und der Felswand ein Wachtrupp. Er war ungefähr zwanzig Mann stark und zockelte langsam und desinteressiert in der Nähe des Monolithen entlang. Zu allem Unglück schlugen die Soldaten dann auch noch ihr Nachtlager auf - nicht weit von der Stelle entfernt, an der Leandra und Hellami ihren Aufstieg beginnen mussten. Es war viel zu früh, ein Nachtlager zu errichten, und diese Maßnahme deutete klar auf den Zustand der Truppe hin. Es handelte sich offenbar um einen Haufen unlustiger und gelangweilter Soldaten.
Für einige Minuten schien sich der Hund zum Problem entwickeln zu wollen, denn er beabsichtigte, die Neuankömmlinge schwanzwedelnd zu begrüßen. Hellami machte ihm leise, aber mit aller Schärfe klar, dass er hier zu bleiben hatte. Der Hund fügte sich - mit gesenktem Kopf und eingezogener Rute.
Dann überlegte Hellami, ob man vielleicht im Schutz der Dunkelheit klettern könne, aber das beantwortete sich von selbst. Keine von ihnen kannte den Weg dort hinauf, und selbst in der Helligkeit des Tages dürfte die Kletterei schon eine gefährliche Sache sein.
Leandra erwog, die Soldaten mittels Magie anzugreifen. Aber das war wohl ein dummer Gedanke. Selbst wenn sie gewinnen sollte, würde das nichts als ein widerliches Gemetzel bedeuten: Kein Einziger dürfte überleben, oder sie liefen Gefahr, verraten zu werden. Das war beileibe nicht ihre Art. So mussten Leandra und Hellami in Kauf nehmen, noch eine weitere Nacht hier auszuharren; am nächsten Morgen würden die Leute sicher weiterziehen.
Sie entfernten sich wieder eine halbe Meile, um vor unliebsamen Überraschungen sicher zu sein, und schlugen am Abend irgendwo im Wald ihr Nachtlager auf. Nach diesen Tagen langen Umherwanderns tat ihnen die ausgiebige Rast sogar ganz gut. Ulfa kehrte jedoch nicht zurück. Sie entschlossen sich zum Wachehalten. Leandra übernahm die erste Wache - und dann auch noch die zweite, da Hellami nicht wach zu kriegen war. Als die Nacht immer weiter fortschritt, nickte sie irgendwann ein. Sie hatten sich gut versteckt und immerhin war da ja auch noch der Hund. Wie sehr er sich jedoch dazu berufen fühlte, über sie beide zu wachen, damit sie die Welt von der Geißel der Bruderschaft befreien konnten, war ungeklärt. Sie hatten Glück, niemand behelligte sie.
Beim Aufstehen ersparte sich Leandra, ihre Freundin zu tadeln. Hellami trudelte nach wie vor zwischen Zuständen der Abwesenheit, der Verträumtheit und des vollkommenen Eigensinns hin und her. Leandra hingegen empfand einen inneren Schmerz. Sie fragte sich, ob sie und Ulfa Hellami etwas angetan hatten, indem sie sich bemüht hatten, sie ins Leben zurückzuholen. Je mehr sich Hellami zurückzog, desto mehr sehnte Leandra sich nach ihrer Zuneigung. Das ständige Übergehen ihrer Person tat immer mehr weh. Aber sie spürte auch, dass es keinen Sinn hatte, darüber reden zu wollen. Sie konnte nur hoffen, dass Hellami diesen Zustand irgendwann überwand.
Schließlich hatten sie ihre Sachen wieder gepackt und näherten sich abermals der Felswand. Leandra behielt Recht - die Soldaten waren bereits weitergezogen. Sie wechselten über das Grasland hinüber in das kleine Wäldchen, das unterhalb des Einstiegs lag. Nun wartete eine Geduldsprobe auf sie. Eigentlich konnten sie im
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